US-Präsident Donald Trump
Reuters/Leah Millis
Nach Nordkorea-Gipfel

Unruhe in Washington holt Trump ein

Nach dem gescheiterten Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un kehrt US-Präsident Donald Trump in ein aufgewühltes Washington zurück. Ob der Aussagen seines Ex-Anwalts Michael Cohen will der Kongress nun weitere Schlüsselpersonen zu potenziell betrügerischen Aktivitäten rund um den Präsidenten befragen. Auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner rückt erneut ins Licht der Ermittlungen.

Trump soll nämlich, berichtete die „New York Times“ („NYT“), trotz Bedenken von Geheimdienstmitarbeitern seinem Berater Kushner, der außerdem der Mann seiner Tochter Ivanka ist, Zugang zu streng geheimen Informationen verschafft haben. Trump habe eine entsprechende Freigabe für Kushner im Mai 2018 angeordnet, berichtete die Zeitung unter Berufung auf vier von dem Vorgang unterrichtete Personen. Ohne Widerrede sei das jedoch nicht geschehen.

Denn Trumps damaliger Stabschef John F. Kelly habe in einem internen Schreiben dagegen protestiert, da die CIA offenbar Bedenken hinsichtlich Kushners Kontakten zu ausländischen Regierungen und Unternehmen hatte. Das stehe wiederum in Widerspruch zu Erklärungen Trumps, hieß es weiter: Er habe im Jänner dieses Jahres in einem Interview gesagt, keine Rolle bei der Informationsfreigabe für seinen Schwiegersohn gespielt zu haben.

Ivanka Trump und  Jared Kushner
AP/Kerstin Joensson
Kushner (r.), Ehemann von Trumps Tochter Ivanka (l.), dürfte Medienberichten zufolge mehr wissen, als er zugibt

„Rassist, Hochstapler, Betrüger“

Abgesehen davon geriet Trump wegen Cohens Aussage vor dem Repräsentantenhaus am Mittwoch während seines Aufenthalts auf dem Nordkorea-Gipfel in Vietnam unter Druck. Stundenlang führte Trumps Ex-Anwalt aus: Trump sei „ein Rassist. Er ist ein Hochstapler. Und er ist ein Betrüger.“ Er, Cohen, bereue heute die Arbeit, die er für Trump verrichtet habe.

Zudem erhob er politisch schwere Vorwürfe gegen den heutigen Präsidenten. Trump stritt erwartungsgemäß alle Vorwürfe ab. Cohen sagte, er schäme sich, „dass ich dazu beigetragen habe, Herrn Trumps unerlaubte Handlungen zu verschleiern, statt auf mein eigenes Gewissen zu hören“.

Cohen war mehr als ein Jahrzehnt lang einer der Anwälte Trumps. Im August hatte er sich vor Gericht wegen Verstößen gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung und anderer Anklagepunkte schuldig bekannt. Zudem habe er Schweigegeld an die Pornodarstellerin und -regisseurin Stephanie Clifford (Stormy Daniels) sowie an das ehemalige Playmate Karen McDougal gezahlt, um im Wahlkampf Schaden von Trump abzuwenden. Cohen selbst muss ab Mai für drei Jahre in Haft, da er zuvor vor dem Kongress gelogen hatte. Er bekannte sich schuldig.

Michael Cohen
Reuters/Joshua Roberts
Cohen, einst Trumps enger Vertrauter, wendet sich heute gegen ihn – weil er seine eigene Haftzeit verkürzen wolle, wie der US-Präsident mutmaßt

Weitere Befragungen schon auf Schiene

Cohens Aussage dürfte jedenfalls ein Nachspiel haben, der Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses plant schon die nächste Anhörung. Die Abgeordneten wollen auf Cohens Anraten hin Allen Weisselberg, Finanzvorstand der Trump Organization, befragen. Weisselberg soll nämlich detaillierte Informationen zur Schweigegeldaffäre und zu weiteren Verstrickungen Trumps haben. Die Pläne des Komitees wurden gegenüber dem Onlinemagazin Daily Beast bereits bestätigt. Dem Medium zufolge soll Weisselberg wiederum Immunität von der Generalbundesanwaltschaft in der Causa Cohen garantiert worden sein.

Hanoi-Gipfel geplatzt: Aufatmen in Washington

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Kaliforniens Vertreter im Repräsentantenhaus, der Demokrat Eric Swalwell, hatte am Donnerstag schon einige Fragen für den Finanzvorstand im Sinn, wie er gegenüber US-amerikanischen Medien sagte. So etwa: „Gibt es Gelder aus Russland in der Trump Organization oder in Trumps persönlichen Finanzen? Hat er (Weisselberg, Anm.) die Zahlen verändert, sodass Trump leichter zu Anleihen kam?“ Die Kernfrage sei, so Swalwell, ob Trump finanziell motiviert gewesen sein könnte, mit Russland zusammenzuarbeiten.

US Präsident Donald Trump mit Sohn Donald und  Allen Weisselberg im Hintergrund
APA/AFP/Timothy A. Clary
Nach seiner Wahl zum Präsidenten übergab Trump die Leitung der Trump Organization an seine Kinder Donald Jr. (r.), Ivanka und Eric sowie an Allen Weisselberg (M.). Trump blieb aber Eigentümer.

Ist Trump Jr. der Nächste?

Cohen gab zuvor zu, er habe zwar keine direkten Beweise dafür, dass Trump oder sein Wahlkampfteam 2016 Geheimabsprachen mit Russland getroffen hätten. Er habe aber den Verdacht, dass der heutige Präsident von einem Treffen von Vertretern des Wahlkampfteams mit Russen im Juni 2016 gewusst habe. FBI-Sonderermittler Robert Mueller untersucht, ob es solche Geheimabsprachen gegeben hat, Cohen kooperiert mit Mueller.

Auch Donald Trump Junior könnte im Kongress vorgeladen werden, wie „BuzzFeed News“ am Donnerstag berichtete. Das Portal berief sich auf auf Marylands Abgeordneten Elijah Cummings. „Wir werden das wahrscheinlich tun“, sagte er. Trumps Sohn ist CEO der Trump Organziation. Der Aufsichtsausschuss erwartet sich dadurch noch mehr Insiderinformationen. Cummings sagte, dass jede Person, die Cohen im Hearing am Mittwoch genannt hatte, potenziell auch im Kongress vorgeladen werden könnte.

Amtsenthebungsverfahren wohl nicht in nächster Zeit

Die bisherigen Erkenntnisse und geplanten Befragungen ließen vermuten, dass die Demokraten an einer Amtsenthebung („Impeachment“) Trumps arbeiten. Jedoch dürften sie sich damit noch ein bisschen Zeit lassen, wie die „NYT“ berichtete: Die Indizien gegen Trump seien noch nicht stark genug. Vielmehr würden die Demokraten zurzeit davon ausgehen, dass ein Amtsenthebungsverfahren Trump eher zu seiner geplanten Wiederwahl 2020 verhelfen könnte, als es ihm schaden würde.

Nancy Pelosi
Reuters/Joshua Roberts
Nancy Pelosi hält Trumps Notstandserklärung für unrechtmäßig

„Ja, wir haben an diesem Punkt, so glaube ich, eindeutige Beweise, dass der Präsident ein Verbrechen begangen hat“, gab sich der New Yorker Abgeordnete Jerrold Nadler in einem Interview mit der „Times“ noch vage, doch fügte er hinzu: „Wir haben noch einiges zu tun.“ Nancy Pelosi, die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses und vehemente Gegnerin Trumps, schloss auf lange Frist ein Amtsenthebungsverfahren nicht aus, wie sie auch offen sagte. Man verlasse sich zurzeit aber voll und ganz auf die Ermittlungen von Sonderermittler Robert Mueller.

Denn der von Trump am 15. Februar ausgerufene Notstand, nachdem ihm der Kongress die von ihm verlangte Summe von 5,7 Milliarden Dollar (rund fünf Mrd. Euro) für seinen Plan zum Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko verweigert hatte, sei derzeit die größere Baustelle. Das Abgeordnetenhaus stimmte zwar dagegen, doch offiziell aufgehoben ist der Notstand damit noch lange nicht. Dafür muss zunächst auch der Senat sowie schließlich der Präsident selbst dafür stimmen. Und das gilt derzeit als sehr unwahrscheinlich.