Der Kabarettist, Autor und Schauspieler Werner Schneyder
ORF/Thomas Jantzen
Werner Schneyder

Tiefe Trauer um den „Universaldilettanten“

Mit Trauer und Betroffenheit haben Politiker und Kunstschaffende auf den überraschenden Tod von Werner Schneyder reagiert. Das künstlerische Multitalent – er selbst bezeichnete sich als „Universaldilettanten“ – starb nach Angaben seines Managements am Samstagnachmittag im Alter von 82 Jahren in Wien.

Schneyder war laut seinem Management am Samstag nach dem Mittagessen in seine Wohnung gefahren, wo er am Sonntag tot aufgefunden wurde. Der umtriebige Künstler, der überdies als Sänger, Boxkommentator, Werbetexter, Dramaturg und Essayist arbeitete, war einer der pointiertesten politischen Kommentatoren und bekanntesten österreichischen Kabarettisten.

In der Politik wurde die Nachricht über den Tod Schneyders mit Bestürzung aufgenommen: „Mit Werner Schneyder verliert Österreich einen seiner vielfältigsten und beliebtesten Künstler“, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

„Spöttisch, zornig, polemisch, politisch – aber nie banal“

„Auf großen Bühnen wie auf Kleinbühnen unterhielt er sein treues und zahlreiches Publikum", so Van der Bellen. „Oft spöttisch, zornig, polemisch, politisch – aber nie banal. Auch als Literat war Werner Schneyder höchst erfolgreich und über Jahrzehnte hindurch ein Begriff. Sein Tod reißt eine schmerzliche Lücke in das heimische Kulturschaffen.“ Mit dem in vielen Genres prägenden Künstler sei „auch ein scharfzüngiger politischer Kommentator gestorben“.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Werner Schneyder und Erika Pluhar
www.picturedesk.com/Karl Schöndorfer
Vergangene Woche war Schneyder noch zu Gast bei Erika Pluhars Geburtstagskonzert im Wiener Stadtsaal
Der Kabarettist, Autor und Schauspieler Werner Schneyder
www.picturedesk.com/Eventpress Hoensch
Schneyder auf der Bühne; hier mit dem Pianisten Christoph Pauli bei einem Konzert im Wintergarten in Berlin
CLUB2 mit Werner Schneyder
ORF/Ali Schafler
Nicht nur auf der Bühne, auch im Fernsehen war Schneyder zu Hause – hier als Moderator eines „Club 2“ über das Erbe Jörg Haiders
Werner Schneyder und Marion Mitterhammer
APA/Ingo Pertramer
Schneyder und Schauspielerin Marion Mitterhammer 2007 bei der Österreichpremiere von „Galanacht“ im Wiener Rabenhoftheater
Der Kabarettist, Autor und Schauspieler Werner Schneyder
APA/dpa/Ursula Düren
Schneyder und Ottfried Fischer 2008 bei der Verleihung des Bayrischen Kabarettpreises
Dieter Hildebrandt und Werner Schneyder
www.picturedesk.com/Hubert Link
Als Duo begeisterten Hildebrandt und Schneyder in den 1970ern auf den deutschsprachigen Kabarettbühnen
Werner Schneyder als
Ringrichter bei der Staatsmeisterschaft im Boxen in Köflach 1981
www.picturedesk.com/Imagno/Didi Sattmann
Die Liebe zum Sport – vor allem zum Boxen – begleitete Schneyder ein Leben lang. Unter anderem war er als Ringrichter tätig.

Auch Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) würdigte Schneyder als „einen außergewöhnlichen und sehr vielfältigen und vielseitigen Künstler“, der „das Leben der Menschen auf vielfältige Art und Weise“ kommentiert „und die Zuschauerinnen und Zuschauer auch immer wieder herausgefordert und zum Nachdenken angeregt“ hat. „Mit seiner Wortkunst und seinem Talent wird er in unserer Erinnerung bleiben“, so der Minister.

Bundespräsident  Alexander Van der Bellen
AP/Michael Gruber
Van der Bellen über Schneyder: „Sein Tod reißt eine schmerzliche Lücke in das heimische Kulturschaffen“

Für den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sei die Nachricht des Ablebens des in Klagenfurt aufgewachsenen Kabarettisten, Autors und Schauspielers „ein großer Schock“ gewesen. Schneyder sei „ein wahrer Freund und wichtiger Wegbegleiter – politisch, kulturell und nicht zuletzt menschlich“ gewesen, so Kaiser. „Sein scharfer Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen und seine kritische Stimme werden sehr fehlen. Mit dem heutigen Tag hat Österreich ein wichtiges Vorbild und einen großen Sohn verloren.“

Kindheit in Klagenfurt

Am 25. Jänner 1937 in Graz geboren, wuchs Schneyder in Klagenfurt auf und besuchte dort das Realgymnasium. Schon mit 15 Jahren schrieb er über Fußballspiele, und während seines Studiums – er studierte ab 1954 an der Universität Wien Publizistik und Kunstgeschichte – war er als freier Lokal- und Sportreporter unterwegs. Nach der Uni arbeitete er als Werbetexter, bis er 1962 als Dramaturg für die Landestheater Salzburg und Linz tätig war, daneben versuchte er sich auch als Stückeschreiber.

Von 1965 an arbeitete Schneyder als freier Autor, bis ihn Kurt Weinzierl mit dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt zusammenführte und 1974 mit dem Programm „Talk täglich“ eine achtjährige Erfolgspartnerschaft des Duos begann, das im gesamten deutschen Sprachraum Furore machte. Nach zahlreichen Erfolgen zog das Programm „Ende der Spielzeit“ 1982 einen Schlussstrich unter die gemeinsame kabarettistische Biografie.

Schriftsteller und Sportkommentator

Nach den eigenen Fernsehshows „Salon“ und „Stichwort“, einigen Drehbüchern – darunter etwa jenes zur Verfilmung von Peter Roseggers „Jakob der Letzte“ – schrieb Schneyder seinen ersten Roman und fungierte als Gastmoderator des ZDF-„Sportstudios“. Daneben agierte der Sportbegeisterte auch als Boxkampfrichter, für das ZDF berichtete er etwa von den Olympischen Spielen aus Los Angeles, Seoul und Barcelona. Für den ORF moderierte er unter anderem den „Club 2“.

Die beiden Kabarettisten Dieter Hildebrandt und Werner Schneyder
picturedesk.com/United Archives/Impress
Legendäres Bühnenduo: Hildebrandt (l.) und Schneyder

Sein erstes kabarettistisches Soloprogramm stellte er 1981 unter dem Titel „Solo mit Trio“ vor. 1996 zog er sich von der Kabarettbühne für mehr als ein Jahrzehnt zurück und widmete sich verstärkt dem Schreiben. Als Regisseur war er unter anderem am Münchner Theater am Gärtnerplatz (Singspielfassung von „Weißes Rössel“, 1987), am Theater in der Josefstadt („Die letzten Tage der Menschheit“, 1995), im Stadttheater Walfischgasse (Uraufführung von Felix Mitterers „Patriot“, 2008) und am Salzburger Landestheater („Weites Land“, 2012).

Autor zahlreicher Bücher

Schneyder veröffentlichte einige Bücher, etwa „Gelächter vor dem Aus“ (1980), „Erich Kästner – ein brauchbarer Autor“ (1982), „Schlafen Sie gut, Herr Tucholsky!“ (1983), „Herz im Hirn“ (1988) und „Das Gefährliche an der Kunst“ (1991). Außerdem legte er den Gedichtband „Reimzeit“ (1995), das Selbstporträt „Ich, Werner Schneyder – meine zwölf Leben“ (2006) und drei Jahre nach dem Tod seiner Frau Ilse „Krebs – eine Nacherzählung“ (2008) vor.

Werner Schneyders Autobiografie – ein Selbstgespräch in Buchform

Im Jahr 2016 legte Werner Schneyder seine Autobiografie „Gespräch unter zwei Augen“ vor – ein Selbstgespräch in Buchform.

Als Autobiografie, Kabarettgeschichte und Bekenntnisbuch in einem liest sich sein 2014 erschienenes Buch „Von einem, der auszog, politisch zu werden“, das „Die Geschichte eines ‚Meinungsträgers‘“ erzählt, der sich weiterhin Gehör verschafft. Die Präsidentenwahl in Österreich, so meinte er kürzlich im dpa-Interview, zeige: „Es lohnt sich, weiter seine Meinung zu sagen und manchmal auch zu brüllen.“ Zuletzt erschien im Amalthea Verlag das Buch „Gespräch unter zwei Augen. Dialog eines Lebens“.

Claudia Schmied und Werner Schneyder
APA/Herbert Pfarrhofer
2012 wurde Schneyder von der damaligen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse ausgezeichnet

Vielfach ausgezeichnet

Schneyder war Mitglied des österreichischen Pen-Clubs und Träger zahlreicher Auszeichnungen, so des Theodor-Körner- und des Karl-Renner-Förderpreises. Er wurde zudem mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, dem Nestroy-Ring der Stadt Wien, dem Deutschen Kleinkunstpreis, dem Goldenen Verdienstzeichen der Stadt Wien, dem Bayrischen Ehren-Kabarettpreis und dem Salzburger Stier ausgezeichnet. In der Mainzer Innenstadt ist er mit einem „Stern der Satire“ verewigt.