Eine Frau gießt Milch in eine Cornflakesschüssel
Getty Images/Lightfieldstudios
Weniger Müll

Mehrwegtrend zeigt erste Wirkung

Als letztes Jahr die ersten Milchflaschen aus Glas in den Regalen großer Supermärkte zu finden waren, haben einige schon die Trendwende gegen den Plastikmüll kommen sehen. Doch dann die Ernüchterung: Die Flaschen waren Einwegflaschen – nicht besonders nachhaltig also. Einige Unternehmen versuchen jetzt erneut gegenzusteuern und wollen mit Mehrwegglasflaschen, Stoffsackerln und Mitnehmboxen punkten.

Dem aktuellen Trend, der nicht zuletzt auf einer im Dezember beschlossenen EU-Strategie gegen Plastikmüll beruht, geht auch in Österreich eine lange Geschichte der Wegwerfkultur voraus. Der Anteil der wiederbefüllbaren Pfandflaschen etwa ist in den letzten zwei Jahrzehnten eklatant gesunken. Lag der Anteil der wiederverwertbaren Getränkeverpackungen in den 1990ern noch bei über 70 Prozent, liegt er derzeit nur bei knapp 20 Prozent.

Dabei wünschen sich über drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher einer Greenpeace-Studie zufolge mehr Mehrweg in den heimischen Supermärkten – mehr dazu in help.ORF.at. Der Handel sieht die Nachfrage nicht ganz so eindeutig, wie unter anderen das Ö1-Journal am Mittwoch berichtete. Die Kunden würden nicht nach mehr Mehrweg fragen, hieß es. Aufgrund von Konsumgewohnheiten würden die Österreicherinnen und Österreicher zu sehr auf Bequemlichkeit setzen, beobachtet auch der Handelsverband – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Comeback der wiederbefüllbaren Milchflasche?

Aufhorchen ließ schließlich am Donnerstag die österreichische Großmolkerei Berglandmilch, die Einwegglasflaschen für Milch nun aus dem Sortiment verbannen will. Letztes Jahr hatten diese bei umweltbewussten Konsumentinnen und Konsumenten noch für Empörung gesorgt, da Wegwerfglas aufgrund der schlechten Ökobilanz die unökologischste Variante von Verpackungen ist. Zwar fülle Berglandmilch Joghurt nach wie vor ins Wegwerfglas, doch auch das wolle der Konzern in einem „zweiten Schritt“ ändern, wie es von Unternehmensseite gegenüber ORF.at heißt.

Müllberg
Greenpeace/Nandakumar S. Haridas
Zwölf Millionen Tonnen Plastik landen laut Greenpeace weltweit jedes Jahr in den Ozeanen

In Kooperation mit Greenpeace will die Molkerei bis Ende des Jahres bei Milch in der Einliterglasflasche auf ein Mehrwegsystem umstellen – als ökologischere Alternative zum Angebot im Getränkekarton. In der Praxis soll das bedeuten, dass man die Glasflaschen im Supermarkt zurückgeben kann.

„Supermärkte müssen mitziehen“

„Die Supermärkte müssen hier mitziehen und die neue wiederbefüllbare Flasche auch in ihre Regale stellen“, forderte Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace. Durch die Mehrwegglasflasche würden natürliche Ressourcen geschont und das Klima geschützt. „Die neue Mehrwegglasflasche ist klar die umweltfreundlichste Lösung und verursacht etwa viermal weniger schädliche Treibhausgase als eine Einwegglasflasche“, so Egit.

Berglandmilch will Mehrwegflasche anbieten

Nach der großen Aufregung um die Einwegmilchflasche im letzten Jahr soll nun die Mehrwegversion bis Ende des Jahres ein Comeback feiern.

Eine einzige Mehrwegflasche ersetze elf Einwegglasflaschen, ergänzte Josef Braunshofer, Geschäftsführer von Berglandmilch. Rund acht Millionen Euro wolle man dafür an den Standorten Aschbach in Niederösterreich und Wörgl in Tirol investieren – „um die Transportwege so kurz wie möglich zu halten“, so Braunshofer. Das Geld werde für eine zusätzliche Glasabfüllanlage, eine Waschanlage und für die Errichtung von Lagern für die Glasflaschen verwendet.

Ein Schritt in die richtige Richtung, so sieht das auch Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer, denn „Mehrweg vermeidet Abfall“, und davon gibt es in Österreich genug. Rund 1,5 Mrd. Plastikflaschen würden laut Greenpeace-Berechnungen jährlich weggeworfen – umgerechnet verursache das etwa 45.000 Tonnen Plastikmüll im Jahr. Insgesamt produzieren die Österreicherinnen und Österreicher etwa 900.000 Tonnen Plastikmüll jährlich, ungefähr 31 Prozent davon stammen von Verpackungen. Nicht zuletzt sind die zahllosen Plastiksackerln ein riesiges Problem.

900.000 Tonnen Plastikmüll pro Jahr in Österreich

Für Letztere bieten einige Supermärkte seit Kurzem Alternativen an. In den REWE-Supermärkten Billa und Merkur etwa können Kundinnen und Kunden bei Obst und Gemüse auf Stoffnetze aus Holz zurückgreifen, bei Spar auf eine wiederverwendbare Version aus Polyester. Die Ökosackerln sind allerdings zu erwerben und nicht – wie die Plastiksackerln – gratis. Sowohl REWE als auch Spar berichten ORF.at, dass die alternativen Sackerln dennoch „gut gehen“. Der Diskonter Hofer teilte ORF.at mit, dass die Einführung alternativer Obst- und Gemüsesackerln „laufend geprüft“ werde. Derzeit gebe es in ausgewählten Filialen biologisch abbaubare Beutel, wie Hofer auf seiner Website bekanntgibt.

   Schematische Darstellung: 1950-2015 hergestelltes Plastik in Verwendung, auf Deponien etc.
Grafik: APA/ORF.at, Quelle: APA/dpa/Science Advances, Roland Geyer

In einzelnen Supermärkten wird derzeit außerdem getestet, Kundinnen und Kunden Wurst und Käse an der Theke in von ihnen mitgebrachte Boxen zu verpacken. Das Gesetz erschwere das dem Handel jedoch, sagte Spar-Pressesprecherin Nicole Berkmann gegenüber ORF.at: „Wir dürfen mit den Boxen aus Hygienegründen nicht in Berührung kommen.“ Mittels eines Tabletts, auf das Kundinnen und Kunden ihre mitgebrachte Dose stellen können, soll das dennoch möglich werden – sowohl bei Spar als auch bei Billa und Merkur. Derzeit gebe es in einigen Filialen Testphasen, wie beide Konzerne mitteilten.

Regierung will 20 bis 25 Prozent Wegwerfplastik reduzieren

Eine Reduktion von Plastiksackerln will auch die heimische Regierung vorantreiben – mit einem generellen Verbot ab 2020. Das Vorhaben lautet, Wegwerfplastik um 20 bis 25 Prozent zu reduzieren. Am Freitag finden dazu Gespräche zur Fortsetzung des „Plastikgipfels“ mit diversen Teilnehmern „auf technischer Ebene“ statt, wie ORF.at vom Umweltministerium erfuhr.

Bei dem Treffen sollen die bisherigen politischen Ankündigungen besprochen werden. „Das heißt: Wie setzen wir das Verbot von Plastiksackerln ab 2020 um und wie können wir eine Reduktion der Verpackungen und des Plastikmülls erreichen?“, lautete die Stellungnahme an ORF.at.

Plastiksackerlverbot nicht ausreichend?

Laut Greenpeace-Berechnungen würde die Plastiksackerlmaßnahme der heimischen Regierung alleine allerdings höchstens eine Reduktion von rund 2,3 Prozent bringen. Um bis zu 25 Prozent der Plastikverpackungen einzusparen, so die NGO, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden. “Wenn die Regierung in Österreich die Plastikverpackungen um ein Viertel reduzieren will, muss sie dafür sorgen, dass der Handel wieder verstärkt Mehrwegflaschen anbietet", so Egit. Eine Umstellung auf Mehrwegpfandflaschen könne Greenpeace zufolge eine Plastikreduktion von weiteren 15 Prozent bringen, was dem Regierungsziel schon näher kommen würde.

Plastik im Meer mit Fischen
Greenpeace/Cherie Bridges
Plastik ist nachweislich für das Sterben unzähliger Tiere verantwortlich

Doch was ist so schlecht an Plastik? Solange man es wiederverwende – zum Beispiel PET-Flaschen –, spreche sogar wenig dagegen, sind sich Umweltexpertinnen und -experten weitgehend einig. Denn je öfter eine Verpackung verwendet wird, desto geringer ihre Umweltbelastung – ganz unabhängig vom Material. Das Problem sei nämlich weniger das Material, das produziert oder weggeworfen wird, vielmehr das Wegwerfen an sich.

Greenpeace zufolge liege der Schlüssel zur Plastikvermeidung jedenfalls in der Wiederverwendung, so können PET-Flaschen bis zu 20-mal wiederbefüllt werden, Mehrwegglasflaschen sogar bis zu 40-mal. Der Handelsverband spricht von nur ungefähr fünfmal, „da die Verunreinigungen und die Abnutzung in der Praxis zu groß“ seien, wie es in einer schriftlichen Stellungnahme an ORF.at heißt. Erneuert werden müssen bei Mehrwegflaschen jedenfalls nur Etikett und Verschluss, wohingegen Einwegflaschen, egal ob Plastik oder Glas, in der Regel nach dem einmaligen Benutzen ihren Weg in die Mülltonne finden – im besten Falle, denn alleine in Österreich landen laut Regierung pro Tag über 100 Kilo Plastik in der Donau und vieles davon vermutlich irgendwann im Meer.