Olivenhain
Getty Images/Westend61
Experte

Italien geht das Olivenöl aus

Italien wird in Sachen Olivenöl bald von Importen abhängig sein. Italien gehe bereits im April das Olivenöl aus, so der italienische Klimaforscher Riccardo Valentini, Chef des Europa-Mittelmeer-Zentrums für Klimawandel in Italien. Der Ernteertrag ist um 57 Prozent gefallen, die Saison 2018/19 gilt in Italien bereits jetzt als schlechteste Saison seit 25 Jahren.

Die italienische Bauernvertretung Coldiretti schätzt, dass der „Olivenölkollaps“ bisher bereits rund eine Milliarde Euro gekostet hat – mit Tendenz nach oben. Italiens Agrarmarktinstitut ISMEA hatte bereits im Oktober vor einer sehr schlechten Olivenernte und daher vor einer bevorstehenden Olivenölknappheit gewarnt. Das Institut schätzte damals bereits, dass die Produktion von Olivenöl 2018 um bis zu 45 Prozent schlechter ausfallen könnte als im vergangenen Jahr.

Die EU-Kommission prognostiziert, dass in Portugal die Olivenölproduktion um rund 20 Prozent und in Griechenland um 42 Prozent einknicken wird. Die Einbußen könnten allerdings noch erheblich größer werden, heißt es. Als Hauptverusacher der Olivenölkrise nannte Valentini am Dienstag im britischen „Guardian“ die extremen Wetterphänomene.

Olivenbäume in Oliete, Spanien
APA/AFP/Jose Jordan
Ein traditioneller Olivenhain mit jahrhundertealten Bäumen

Entwicklung der Pflanzen wird behindert

Die Olivenbäume waren im gesamten Mittelmeer-Raum den Wetterkapriolen ausgesetzt. Von frühem Frühlingsfrost über unberechenbare Regenfälle, starken Wind bis hin zu Stürmen und extremer Trockenheit im Sommer seien die letzten 18 Monate in Italien geprägt gewesen, so Valentini.

Olivenbäume in Italien
AP/Domenico Stinellis
Ein Netz wird um den Baum aufgelegt, dann beginnt die Ernte

All das habe sich negativ auf die landwirtschaftliche Produktion ausgewirkt. „Temperaturen unter dem Nullpunkt sind im Mittelmeer-Raum nicht gerade normal. Wir wissen, dass auch in Zukunft die Wetterextreme nicht weniger werden“, so Valentini. Die plötzlich auftretenden Wetterextreme – zu heiß, zu kalt, zu feucht, zu trocken – würden die Entwicklung der Pflanzen behindern, wenn nicht gar die Olivenbäume nachhaltig schädigen.

Von der Politik ignoriert

In Griechenland hätten indes die extreme Trockenheit und danach die heftigen Regenfälle die Bäume für die Olivenfliege anfällig gemacht, so Valentini weiter. Auch macht man sich Sorgen über die Qualität. Die Olivenbäume folgen dem Muster der Alternanz: Das bedeutet, dass auf ein schlechtes Ertragsjahr ein gutes folgt. Doch der Klimawandel könnte dem einen Strich durch die Rechnung machen.

Olivenernte
Getty Images/Nico De Pasquale Photography
Die Oliven werden in Handarbeit geerntet

Der Ausfall bei der Olivenernte wird in Italien auch zum Politikum. Erste Demonstrationen, um auf das Problem aufmerksam zu machen, gab es bereits. Denn die Olivenbauern und -bäuerinnen fühlen sich von den zuständigen Behörden und Politikern alleingelassen. „Die Regierung hat uns eine Lösung versprechen, doch bekommen haben wird nichts“, sagte ein Coldiretti-Sprecher: Es gebe auch keinen langfristigen Plan, wie es mit der Olivenölproduktion im fortschreitenden Klimawandel weitergehen soll. Man habe bereits vor dem Parlament in Rom demonstriert, doch geschehen sei nichts.

Spanien als Vorzeigeland – mit Wermutstropfen

Eine Umwandlung des traditionellen, meist extensiven, also auch mit anderen Nutzpflanzen gemischten, Anbaus in superintensiven, monokulturellen Anbau könnte eine – allerdings kritisch beäugte – Lösung bringen. Hier gilt Spanien als zwiespältiges Vorbild. Das Land habe dank der neuen Methode keine Einbußen zu verzeichnen, wie der „Guardian“ schreibt.

Das gehe allerdings auf Kosten der traditionellen Anbaumethoden und der Biodiversität, wie Valentini sagte. Auch würde die Landschaft dadurch verändert. Es gebe keine Olivenhaine mit teils jahrhundertealten Pflanzen mehr zu sehen, sondern nur noch Plantagen.

Schädlinge nutzen Schwäche gnadenlos aus

Derzeit sehe es düster aus. Die Olivenbäume seien, selbst wenn sie sich von den Klimaschäden erholten, anfälliger für Befall von Schädlingen, etwa Bakterien und Olivenfliege, so Valentini. In den letzten Jahren setzt Xylella fastidiosa den geschwächten Bäumen zu. Das Feuerbakterium, das ursprünglich aus Amerika stammt, ist der Erreger von Krankheiten bei mehr als 100 Pflanzenarten, darunter Nutzpflanzen wie Wein, Oliven und Zitronen, aber auch größeren Baumarten wie Eiche und Ahorn. Es wird durch saugende und stechende Insekten, vor allem Zikaden, übertragen.

Die Insekten tragen es in die Krone von Bäumen oder auf kleinere Pflanzen, das Bakterium dringt in die Flüssigkeitsbahnen ein und verstopft diese. Die Wasserzufuhr durch die Äste und den Stamm zu den Blättern kommt nach und nach zum Erliegen, die Blätter verfärben sich braun, und es werden nur noch kleine, harte Früchte gebildet. Letztlich sterben die Pflanzen ab, die Ansteckungsgefahr ist immens.

Kein Gegenmittel in Sicht

Ein wirksames Gegenmittel ist bisher nicht bekannt, eine schnelle Ausbreitung lässt sich nur verhindern, indem bereits betroffene Pflanzen verbrannt oder gefällt werden. Nachdem befallene Pflanzen über Monate keine Symptome zeigen, kommt auch diese Maßnahme oft zu spät. Die EU hat ihre Mitgliedsländer bereits vor Jahren verpflichtet, neue Ausbrüche zu melden, Daten zu sammeln und die betroffenen Regionen abzugrenzen. Innerhalb der EU wurde das Bakterium erstmals im Oktober 2013 in Apulien nachgewiesen.