An der Onlinebefragung hatten von Mitte Oktober bis Ende Dezember 2018 mehr als 14.000 Angehörige aller Gesundheitsberufe mit Ausnahme von Ärztinnen und Ärzten teilgenommen. Das ist rund jeder bzw. jede Zehnte aus diesem Berufsspektrum. Rund drei Viertel der Befragten waren Frauen, 60 Prozent jünger als 40 Jahre, 55 Prozent aus dem Gesundheitswesen (der Rest großteils aus der Pflege) und zehn Prozent zumindest teilweise selbstständig.
Für Anderl bedeuten die Ergebnisse: „Es ist bereits Gefahr in Verzug.“ Die Personalknappheit sowie die schwierigen Arbeitsbedingungen und der hohe Arbeits- und Zeitdruck führten zu Einbußen bei der Versorgungsqualität. Die Angehörigen der Gesundheitsberufe seien mit ihrem Beruf grundsätzlich zufrieden.
Rahmenbedingungen als „Knackpunkt“
„Der Knackpunkt sind eindeutig die Rahmenbedingungen. Die Schwierigkeiten sind vom einzelnen Wermutstropfen zum bitteren Wermut-Cocktail angewachsen.“ Die größte Unzufriedenheit herrscht bei den Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Am zufriedensten sind die Beschäftigten in Ambulanzen, Arztpraxen und Einrichtungen der Behindertenarbeit.

Mehr als die Hälfe arbeitet länger
Zentraler Faktor für die Zufriedenheit ist die Einhaltung der vereinbarten Arbeitszeit. Am wenigsten zufrieden sind jene, die regelmäßig länger als vereinbart arbeiten. Nur bei vier von zehn Befragten wird das vereinbarte Arbeitsausmaß regelmäßig eingehalten. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) sagt, dass sie regelmäßig mehr arbeiten müssen. Anderl betonte dazu, dass die permanente Überanstrengung die Gesundheit der Beschäftigten gefährde und ein Sicherheitsrisiko für die Patientinnen und Patienten darstelle.
Jüngere sind im Schnitt unzufriedener als Ältere. „Junge Menschen brauchen planbare Arbeitszeiten, gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, attraktive Einstiegsgehälter und interessante berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Ältere Berufstätige brauchen Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen, länger und gesund im Beruf zu bleiben. Imagekampagnen allein werden da nicht weiterhelfen“, richtete Anderl der Regierung aus.
Sofortmaßnahmen in drei Bereichen gefordert
Ein Viertel aller Befragten denkt laut Umfrage mindestens einmal im Monat ans Aufhören. Etwa fünf Prozent tun das täglich. Beim unzufriedensten Viertel sagt mehr als die Hälfte (58,4 Prozent), dass sie zumindest monatlich an Berufsausstieg denkt, bei den Zufriedensten liegt dieser Anteil bei lediglich 6,1 Prozent. Jüngere Angehörige der Gesundheitsberufe und alle, die regelmäßig Mehr- und Überstunden leisten müssen, denken häufiger daran, ihren Beruf zu wechseln.
Als Konsequenz forderte die AK Sofortmaßnahmen in drei Bereichen. Verlangt werden bessere Einkommen. Konkret forderte die AK das Angleichen der Löhne in der Langzeitpflege an jene in den Krankenhäusern. Als Vorbild nannte Anderl den Wiener Krankenanstaltenverbund. Für die AK-Präsidentin ist nicht einzusehen, warum Beschäftigte in der Langzeitpflege schlechter bezahlt werden als Beschäftigte in Spitälern.
Kritik an Regierung
Im Bereich Personal forderte die AK österreichweit 20 Prozent mehr Beschäftigte in den Krankenanstalten und in der Langzeitpflege. Der Regierung warf Anderl in diesem Zusammenhang vor, die Belastungen für die Beschäftigten weiter zu erhöhen. Grund dafür sind die Pläne, die Ruhezeiten in der Rufbereitschaft von elf auf fünf Stunden zu verkürzen.
Zur Sicherstellung der Finanzierung forderte die AK den Bund auf, die Budgets stark aufzustocken und jährlich die Inflation abzugelten. Dazu müsse auch eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Zur Finanzierung verwies Anderl auf den Vorschlag der EU-Kommission zur Erhöhung der Grund- oder der Erbschaftssteuer.
Regierung plant neues Konzept bis Jahresende
Die für Pflege zuständige Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) kündigte ein Konzept bis Jahresende an. Dabei will man sich auch Modelle einer Pflegeversicherung anschauen, wobei Hartinger-Klein darauf verwies, dass Deutschland damit keine guten Erfahrungen gemacht habe. Außerdem sind eine Imagekampagne für den Pflegeberuf und Gespräche mit Hilfsorganisationen, Interessenvertretungen und Ländern geplant.