Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
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BVT-U-Ausschuss

VGT-Anwalt sieht „politische Motivation“

Als letzter Zeuge ist am vergangenen Mittwoch der Anwalt der Tierschützer des Vereins Gegen Tierfabriken (VGT) in den BVT-U-Ausschuss geladen gewesen. Stefan Traxler vertrat fünf Beschuldigte beim Tierschützerprozess. Hinter der Gründung der SoKo zum Vorgehen gegen die VGT-Aktivisten sah er jedenfalls „politische Motivation“ und auch entsprechende „Einflussnahme“.

Traxler las gleich eingangs aus Gerichtsbeschlüssen vor, aus denen hervorgeht, dass die Beschuldigten in ihrem Recht auf Akteneinsicht verletzt wurden. Darin ist von mehrjährigem „pauschalem Verweigern der Akteneinsicht ohne Begründung“ die Rede. Die Akteneinsicht wurde danach weiter verweigert. Er habe schon viel mit Behörden und Polizei zu tun gehabt, so Traxler – was er hier erlebt habe, war anders als zuvor.

Traxler nannte ein Beispiel für verweigerte Einsicht: Während einer der Angeklagten an der Uni war, seien Polizisten in seine Wohnung eingedrungen und hätten dort Kameras installiert und monatelang gefilmt. Die Aufzeichnungen habe man nie sehen dürfen, die Polizei habe das verweigert. Hingegen hätte sich die – rechtswidrige – Aufzeichnung eines Anwaltsgesprächs mit seinem Mandanten sehr wohl im Akt befunden.

Seltsame Vorgänge im Prozess

Auch schilderte er seltsame Vorgänge im Prozess: „Polizisten wurden im Gericht als Zeugen befragt. Jeder Polizist wurde von acht Polizisten begleitet“, damit ihm niemand zu nahe kommen könne. Ein anderer Vorfall: Obwohl für die Prozessbeobachter immer zu wenig Platz im Verhandlungssaal war, habe die Polizei in Bussen Polizeischüler herangekarrt, damit sie Plätze im Saal belegen und Zuschauer nicht hereinkommen. „Es ist regelmäßig das Bild entstanden: Die Obrigkeit macht, was sie will.“

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VGT-Anwalt Traxler im Ausschuss: „Große Motivation“ dahinter, die Aktivisten „einzutunken“

Dass ein Staatsanwalt bei der Hausdurchsuchung zuschaut, „wie der Mandant nackt abgeführt wird“, habe er noch nie erlebt, noch weniger, dass mitgefilmt wird, so Anwalt Traxler. Der Staatsanwalt Wolfgang Handler sei bis zum Schluss äußerst motiviert gewesen, „obwohl klar war, dass es ein Freispruch sein wird“, sagte Traxler. Der Staatsanwalt „hat noch in seinem Schlussplädoyer gesagt, der Martin Balluch ist der Messias und die anderen Angeklagten seine zwölf Apostel“.

„Mit Kanonen auf Spatzen geschossen“

Die „SoKo Kleidung“ sei „politisch motiviert“ gewesen, das Verfahren sei ganz anders geführt worden. „Da wurde mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“ Ich weiß, dass die anecken, so Traxler – aber es müsse doch so sein, „dass da viel mehr dahintersteht“, sagte der Anwalt. „Da war eine große Motivation dahinter, die einzutunken“, so Traxler. Auch innerhalb der Justiz habe es „großes Kopfschütteln“ gegeben. Klar sei: Angeeckt habe der VGT auch immer wieder bei der ÖVP.

„Da gibt’s lästige Tierschützer, und denen wollte man draufsteigen.“ Nachdem der damalige Innenminister Günther Platter (ÖVP) von den Kleiderbauer-Chefs kontaktiert wurde, sei es „ruckzuck gegangen – einen Tag später waren dort die Spitzenkräfte der Polizei versammelt, und fünf Tage später war die SoKo gegründet. Was soll das sonst sein als politische Einflussnahme?“ Wenn er jetzt aber höre, wie trotz Freisprüchen jetzt noch Vorwürfe an die Aktivisten kommen (Traxler schaute dabei in Richtung der ÖVP-Fraktion), könne er das einfach nicht verstehen.

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Traxler vertrat beim Wiener Neustädter Tierschützerprozess fünf VGT-Aktivisten

Entlastungszeugen „weggenickt“

Im Prozess seien Entlastungszeugen weggenickt worden. Ein Entlastungszeuge sei vor seiner Einvernahme vom Staatsanwalt „gebrieft“ worden. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass er mit der in der StPO (Strafprozessordnung, Anm.) vorgesehenen Objektivität an die Sache herangegangen ist“, so Traxler. Er könne politische Einflussnahme auf den Staatsanwalt nur vermuten, sagte der Anwalt. „Aber ich vermute es, weil ich sonst keine Erklärung hätte.“

ÖVP-Mandatar Friedrich Ofenauer interessierte sich für die Anwaltstätigkeit Traxlers und dessen Verbindung zur Tierrechtsszene. Ofenauer fragte, ob Traxler vor Tierschützern auch über „das Verhalten im Graubereich“ referiert habe. „Sie werden jetzt nicht von mir erwarten, dass ich den Leuten sage: ‚Begehts Straftaten‘, oder?“, so Traxler.

„Kann mit Drohungen nichts anfangen“

Jedenfalls habe er den Aktivisten vor der Besetzung der ÖVP-Zentrale abgeraten – weil er eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruch befürchtet habe, „es war dann aber eh keiner“. Auch zitierte Ofenauer aus Drohmails und wollte wissen, ob Traxler Straftaten als legitimes Mittel im Tierschutz sieht. „Das ist überhaupt nicht zu rechtfertigen. Ich kann mit Drohungen überhaupt nichts anfangen. Dass passiert dem VGT auch, Martin Balluch kriegt immer wieder Todesdrohungen“, so Traxler dazu.

Vonseiten der Haftrichter sei „unglaublich übertrieben“ worden. Ein Haftrichter habe ihm im Nachhinein gesagt, wenn er noch einmal entscheiden müsse, würde er alle freilassen. Das Schlimmste für die Angeklagten sei die U-Haft gewesen, so Traxler. „Das waren ja nicht nur zwei Wochen – das war den ganzen Sommer, und das Schlimme war die Ungewissheit: Die Leute wussten ja am 99. Tag nicht, dass sie am 100. Tag rauskommen.“

„Die wollten den Handler als Staatsanwalt“

Die U-Haft sei auf Basis falscher Polizeiinformationen verlängert worden. Und auch auf Basis der überhöhten Schadenssummen, die von den Kleiderbauer-Chefs genannt wurden. Den Ermittlern sei „völlig klar“ gewesen, dass die einzelnen Angeklagten nichts miteinander zu tun haben und daher keine kriminelle Organisation bilden könnten, so Traxler.

Doch die Motivation sei klar gewesen: „Die Kleiderbauer-Brüder haben angerufen und bekommen am nächsten Tag einen Termin.“ Und: „Die gehen in Legebatterien, die stören Jagden, also machma was.“ Nach Wiener Neustadt sei der Prozess dann gekommen, weil „die den Handler als Staatsanwalt wollten“. „Weil der Handler das so gemacht hat, weil die Leute, die das ins Rollen gebracht haben, das gern gesehen haben.“ Er merke ja, wie er und die beiden vorher befragten VGT-Aktivisten von der ÖVP im Ausschuss befragt werde: „Da gibt’s eine Aversion“, so Traxler.

Jagd „ein großes Sakrileg“

Die Jagd sei „ein großes Sakrileg“, das Anecken dagegen habe man den Tierschützern übel genommen, so Traxler. Und nicht zuletzt habe der VGT mehrere Beschwerden gegen den nunmehrigen Landesjagdmeister und ehemaligen Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) erhoben wegen seiner Jagdaktivitäten. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper konfrontierte Traxler mit den Kinderpornobeamten im Einsatz gegen Tierschützer. Das sei für ihn auch neu gewesen – er werte das als Versuch der Polizei, die Tierschützer mit allen Mitteln zu bekämpfen.