Citroen AmiOne
APA/AFP/Fabrice Coffrini
Genfer Autosalon

E-Zwerge sollen Stadt erobern

Üblicherweise werben Hersteller beim Genfer Autosalon mit zahlreichen Superlativen für ihre Neuvorstellungen – dieses Jahr ist aber auch ein Trend zu kleineren Autos erkennbar. Konzipiert für den Stadtverkehr verzichten sie auf große Extras – und große Reichweiten. Auch SUVs beginnen langsam zu schrumpfen.

Egal, ob Stadtauto oder Sportwagen: Der Trend zum E-Auto setzt sich auch dieses Jahr in Genf fort. Im Rahmen des bis 17. März dauernden Autosalons stellen zahllose Autohersteller ihre aktuellen Studien und künftigen Modelle aus – und mancher der großen Namen verzichtet gleich zur Gänze auf Autos mit herkömmlichem Antrieb. So stellt etwa Volvo seine Elektromarke Polestar in die Auslage, statt auf einen Auftritt für seine klassisch betriebenen Autos zu setzen. Auch die VW-Tochter Audi zeigt nur Modelle mit E-Antrieb.

Angesichts schärferer Vorgaben für den Klimaschutz stellen Autohersteller ihre Flotte zunehmend um. So will etwa Peugeot ab dem kommendem Herbst die gesamte Fahrzeugpalette elektrifizieren und künftig jedes Modell vollelektrisch oder als Steckdosenhybrid anbieten, dessen Akku entweder per Verbrennungsmotor oder über das Stromnetz geladen werden kann.

Citroen AmiOne
Reuters/Denis Balibouse
Die Citroen-Studie AMI One soll durch Verzicht auf Höchstwerte erschwinglicher sein als andere E-Autos

Während die jährlich ausgestellten Sportwagen unabhängig vom Antrieb für viele nicht nur unerschwinglich, sondern im Alltag vor allem unpraktisch sind, ist der Kleinwagen dieses Jahr deutlich prominenter auf der Messe vertreten. Klein und elektrisch – und fernab von Geschwindigkeitsrekorden – ist das Konzept vieler präsentierter Modelle.

„Hässliches Entlein“ mischt Messe auf

Als „hässliches Entlein“ bezeichnet das Technologieportal The Verge etwa den Citroen AMI One. Im Autoquartett würde man angesichts schwacher technischer Daten wohl nicht gewinnen: Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h und einer Reichweite von 100 Kilometern ist das Gefährt am unteren Ende des Leistungsspektrums anzusiedeln.

Stattdessen – so zumindest die Theorie – soll das Auto für den Stadtverkehr deutlich erschwinglicher sein. Und im Gegensatz zu stärker motorisierten Autos könnte ein seriengefertigter Wagen mit diesen Maßen keinen Führerschein benötigen.

Nicht nur Zukunftsmusik

Auch andere Hersteller mischen beim Stadtverkehr mit: So stellt etwa Honda seine Urban-E-Autostudie aus. Im Gegensatz zu anderen Herstellern soll der japanische Kleinwagen unmittelbar vor der Serienreife sein und schon nächstes Jahr auf den Markt kommen. Auffallend bei dem Modell ist, dass Seitenspiegel fehlen: Diese wurden für das vorgestellte Modell durch Videokameras ersetzt – unklar ist, ob diese sich auch in der fertigen Variante durchsetzen können.

Honda Urban EV Concept
AP/CTK/Josef Horazny
Hondas Konzeptfahrzeug soll bereits nächstes Jahr auf dem Markt erhältlich sein

Auch der italienische Hersteller Fiat setzt auf klein statt groß: Die vorgestellte Studie Centoventi ist als Fiat-Panda-Nachfolger gedacht. Das Design wurde als komplett modular vorgestellt: Vom Dach bis zur Größe der Batterie können unterschiedliche Varianten gewählt werden. Dennoch soll der Pkw günstig bleiben, heißt es.

Fiat Centoventi
Reuters/Denis Balibouse
Die Studie des Fiat-Panda-Nachfolgers Centoventi ist modular aufgebaut

Ein Auto nur für Carsharing

Abseits großer Namen gibt es auch Start-ups, die ganz auf den Stadtverkehr setzen. Das Aachener Unternehmen Share2Drive zeigt etwa Sven, ein Elektroauto, das von Haus aus für Carsharing konzipiert wurde. Der Wagen ist nur 2,5 Meter lang, die Reichweite liegt bei 140 Kilometern – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Share2drive Sven
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Sven kommt mit einer Schiebetüre, um im Stadtverkehr leichter ein- und aussteigen zu können

Seat stellte bereits bei der Mobilfunkmesse in Barcelona seine Studie Minimo vor. In Genf reiht sich der Minimo in die Zukunftsvision der Autohersteller für den Verkehr in der Stadt ein. Mehr als 100 Kilometer transportiert der Kleinstwagen seine Insassen nicht, ein Koffer kann außen mitgeführt werden.

Seat Minimo
APA/AFP/Josep Lago
Der Minimo von Seat ist noch eine Stufe kleiner als die anderen Kleinwagen der Messe

Umdenken im Zuge neuer Regeln nötig

Was die Verkaufserwartungen anbelangt, sind sich die Hersteller unterdessen nicht einig. „Die Reaktion der Händler und Kunden ist extrem positiv“, sagt etwa Audi-Chef Bram Schot. „Ich glaube, es ist auch bei den bisherigen Angeboten erkennbar, dass Elektromobilität im Grundsatz teurer ist als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren“, so Daimler-Chef Dieter Zetsche.

Elektroboom bei Genfer Autosalon

Das Elektroauto rückt in den Vordergrund – nicht unbedingt, weil die Autokonzerne das wollen, sondern weil sie das wegen der strengeren Abgasregeln der EU müssen.

Den Autoherstellern läuft jedenfalls die Zeit davon, ihre Kundinnen und Kunden von alternativen Antrieben zu überzeugen. Schon 2021 gelten strengere CO2-Vorgaben der EU: Neu zugelassene Autos müssen im Schnitt Abgasgrenzwerte von 95 Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer einhalten. Andernfalls drohen dem Hersteller Strafen.

Schnellstes italienisches Auto aller Zeiten

Das generelle Umdenken zeigt sich auch abseits der Klein-Pkws: So präsentiert Audi mit dem Q4 E-tron einen neuen E-SUV, der kompakter als der bisher einzige vollelektrische SUV von Audi und andere Autos dieser Klasse ist. Das heißt jedoch nicht, dass sich der SUV-Trend auf ein baldiges Ende zu bewegt: Noch immer werden zahlreiche SUVs in Genf präsentiert, ein baldiger Abschied aus dem Stadtbild ist daher nicht zu erwarten.

Bugatti La Voiture Noir
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„La Voiture Noire“ von Bugatti ist das teuerste Auto der Welt

Auch sonst ist in Genf trotz der neuen Gegebenheiten für die Autohersteller auf den ersten Blick vieles beim Alten geblieben. So wurde etwa das teuerste Auto der Welt vorgestellt: „La Voiture Noire“ („Das schwarze Auto“) von Bugatti hat 1.500 PS, ist ein Einzelstück – und wurde von einem Unbekannten gekauft. Mindestens 9,7 Millionen Euro soll das Auto gekostet haben, heißt es laut BBC.

Unverändert bleibt auch Geschwindigkeit immer noch an erster Stelle – die BBC berichtet gar vom möglicherweise schnellsten Auto aller Zeiten: Der Pininfarina Battista kostet rund 2,3 Mio. Euro, beschleunigt für den Preis von 0 auf 100 in unter zwei Sekunden und erreicht eine Geschwindigkeit von über 400 km/h. Es sei zumindest das schnellste Auto für den Straßenverkehr, das je in Italien gefertigt wurde, heißt es. Und: Es ist elektrisch – vielleicht doch ein Zeichen, dass sich der Markt im Umbruch befindet.