Dirigent Michael Gielen verstorben

Der deutsch-österreichische Dirigent und Komponist Michael Gielen ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Wie seine Familie dem Südwestrundfunk (SWR), dessen Sinfonieorchester er bis 1999 geleitet hatte, gestern mitteilte, starb Gielen in seinem Haus in Mondsee (Oberösterreich).

Der Dirigent Michael Gielen
APA/dpa/Hermann Woestmann

Der Künstler musste sich bereits 2014 aus gesundheitlichen Gründen vom Dirigentenpult zurückziehen. Davor hatte der Spezialist für Neue Musik für Jahrzehnte die Etablierung der Avantgarde im Konzertbetrieb betrieben und schon als 22-Jähriger mit der Aufführung des gesamten Klavierwerks von Arnold Schönberg für Aufsehen gesorgt.

Emigration nach Argentinien

Geboren wurde Michael Gielen am 20. Juli 1927 in Dresden. Seine Karriere als Dirigent startete er als Autodidakt allerdings in Argentinien, wo seine Familie auf der Flucht vor den Nazis 1940 eine neue Heimat gefunden hatte. Sein österreichischer Vater Josef, Ex-Direktor des Wiener Burgtheaters, wurde in Buenos Aires Oberspielleiter am Teatro Colon. Gielen, der von deutschen Emigranten in Klavier und Komposition unterrichtet wurde, arbeitete von 1947 bis 1950 ebenfalls an dieser Bühne als Korrepetitor, bevor er nach Europa rückübersiedelte.

Spezialist für Neue Musik

Dort begann er 1950 an der Wiener Staatsoper zu arbeiten. Auf rund 420 Einsätze im Haus am Ring kam Gielen in nur wenigen Jahren als musikalischer Leiter und Dirigent. Es folgten Engagements als Chefdirigent der Königlichen Oper Stockholm (1960–1965), des Belgischen Nationalorchesters (1969) und der Niederländischen Oper (1973–1975). Er erspielte sich mit zahlreichen Uraufführungen von Mauricio Kagel, Karlheinz Stockhausen und György Ligeti schnell den Ruf eines Spezialisten für Neue Musik, ließ jedoch auch das übrige Repertoire nicht aus den Augen.

1977 trat Gielen die Position des Chefdirigenten der Frankfurter Oper an, den er bis 1987 innehaben sollte. Nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit innovativen Regisseuren wie Hans Neuenfels, Ruth Berghaus und Volker Schlöndorff verwandelte er dabei die Bühne in Frankfurt zu einer der experimentierfreudigsten Institutionen des modernen Musiktheaters. Parallel dazu war er von 1978 bis 1981 Erster Gastdirigent des Londoner BBC Symphony Orchestra, dessen Ehrendirigent er seither war, und auch die Berliner Staatsoper Unter den Linden machte Gielen als Zeichen der Verbundenheit zum Ehrenmitglied.