Peter Graf im BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
BVT-U-Ausschuss

Kleider-Bauer-Chef spürte „Klima der Angst“

Am Dienstag steht der U-Ausschuss zu den Vorgängen um das BVT wieder ganz im Zeichen der Tierrechtsaktivisten vom Verein gegen Tierfabriken (VGT). Zentral geht es um die Frage, ob ÖVP-Netzwerke beim Verfahren gegen die Aktivisten eine ausschlaggebende Rolle spielten. Befragt wurde Peter Graf, Chef der Modefirma Kleider Bauer, zu seiner möglichen Rolle hinsichtlich der Einleitung von Ermittlungen.

Nachdem vergangene Woche VGT-Aktivisten zu Wort gekommen waren, werden nun jene angehört, die sich von den Tierschützern gestört bzw. bedroht gefühlt haben. Einer von ihnen ist Kleider-Bauer-Chef Graf. Vor den Filialen der Modekette hatten VGT-Aktivisten ihre Infostände aufgebaut – es gab Protestmaßnahmen gegen den Verkauf von Pelzprodukten.

Drauf reagierte das Unternehmen – ein Vorgang, für den sich der U-Ausschuss interessiert: Laut Opposition brachte Graf nämlich durch einen Anruf beim damaligen Innenminister Günther Platter (ÖVP) die Ermittlungen gegen die Tierschützer erst in Gang, weil er wegen der Tierschützerdemos einen Imageschaden befürchtete.

„Aktionen und Gewalttaten“

Erstmals mit Tierschützern in Kontakt gekommen sei er im Herbst 2006, so Graf. Da habe es bereits „Aktionen“ und „Gewalttaten“ gegen Mitbewerber (etwa Peek & Cloppenburg) durch Tierschützer gegeben. Der VGT habe Kleider Bauer damals Ultimaten gesetzt, das Unternehmen möge „dringend“ aus dem Pelzhandel aussteigen. Immer wieder seien Mails eingelangt: Wenn kein Ausstieg erfolge, „dann geht’s los“, habe es darin etwa geheißen. Dann seien Demos losgegangen.

Platz der Auskunftsperson beim BVT-Untersuchungsausschuss
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Graf wollte sich im Ausschusslokal nicht fotografieren lassen – der „Kameraschwenk“ fand ohne ihn statt

Im Dezember 2006 habe es „Anschläge“ auf Filialen gegeben, Graf zählte sie alle auf: Schaufenster seinen „eingeschlagen und zerschossen“ worden. Eingänge seien mit Säure verätzt worden, auch habe es ein „Schussattentat“ und „Buttersäureattentate“ gegeben. Auch das Haus seiner Mutter sei mit Kot beschmiert worden – der Schriftzug „Kleider Bauer mordet“ sei zu lesen gewesen. Mit welcher Waffe geschossen wurde, konnte Graf für keinen der genannten Fälle angeben. Täter seien jedenfalls nie ausgeforscht worden.

„Situation der Angst“

Er selbst und seine Angehörigen seien in einer „Situation der Angst“ gewesen, aufgrund dessen habe man sich an die Polizei gewandt – das sei aber zunächst folgenlos geblieben. Darum habe er sich entschlossen, sich an die Politik zu wenden. „Zwei- oder dreimal“ habe er im Innenministerium angerufen, um den Minister zu sprechen, so Graf auf Fragen von NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper. Anfänglich sei er mit dem Versprechen eines Rückrufs vertröstet worden – erhalten habe er keinen. Dann sei sein Auto zerstört worden, auch die Reifen seien aufgeschlitzt worden.

„Es war jener Punkt erreicht, an dem es so nicht weitergeht“, so Graf. Er habe nach dem Angriff wieder im Innenministerium angerufen und damit gedroht, das Auto auf den Ballhausplatz abschleppen zu lassen, „dann können sie sich das in der ZIB2 anschauen“. Dann sei der Rückruf gekommen – vom Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, wie er auf Fragen von SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer schilderte. Auch mit Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl habe er gesprochen, wer initiativ wurde, konnte Graf nicht sagen.

„Habe Platter nur aus Fernsehen gekannt“

Innenminister Platter habe er damals „nur aus dem Fernsehen gekannt, nicht persönlich“, so Graf. Jetzt-Fraktionschefin Alma Zadic wollte wissen, wie er dann auf die Idee gekommen sei, Platter anzurufen. „Weil er der Chef ist“, so Graf. Warum er nicht den ebenfalls zuständigen Polizeipräsidenten kontaktieren wollte, fragte Zadic. „Der ist in der Hierarchiekette unter dem Innenminister“, so Graf.

Kontakte und Verbindungen zur ÖVP habe er nicht – auch habe es keine Parteispenden gegeben, sagte Graf. Zadic schilderte, dass auch Autos der Tierschützer beschädigt worden seien, diese hätten den Innenminister auch kontaktiert, hätten aber keinen Rückruf erhalten – „im Gegensatz zu Ihnen“, so Zadic. „Tja“, entgegnete Graf.

Vom Exekutivaufgebot „sehr beeindruckt“

Zentral wurde bei der Befragung Grafs der Termin im Innenministerium abgehandelt, den es infolge der „Anschläge“ gegeben habe. Mitgenommen habe er damals ein Dossier mit Bildern der Zerstörungen durch die Tierschützer. Beim Treffen im Ministerium hätten sich die obersten Polizisten des Landes zusammengefunden. Auch jemand vom BVT sei dort gewesen. „Ich war sehr beeindruckt“, so Graf ob der hochrangigen Zusammenkunft.

Peter Graf im BVT-Untersuchungsausschuss
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Graf verwies immer wieder auf seinen Bruder – er verneinte eine politische Komponente der Einsetzung der SoKo

Doch sei er am Ende „erschrocken“ gewesen, weil Buxbaum gesagt habe, von den „Anschlägen“ der Tierschützer nichts gewusst zu haben. Ein Zusammenhang zwischen Demos und Sachbeschädigungen habe im Resümeeprotokoll nicht hergestellt werden können, so Krainer – darum sei es verwunderlich, dass es zur Einsetzung der „SoKo Bekleidung“ gekommen sei. Graf zitierte darauf die Juristen Theo Öhlinger und Bernhard Raschauer, die – kurz gesagt – im Sinne der tatsächlichen Entwicklungen argumentiert hätten.

„Fundamentalistische Standpunkte“

Man habe sich dem Druck der Tierrechtsaktivisten nicht beugen wollen, so Graf auf Fragen von FPÖ-Mandatar David Lasar. Mit den Absendern der Mails, also den Aktivisten, habe man seitens Kleider Bauer keinen Kontakt aufgenommen. Es habe dort „fundamentalistische Standpunkte“ gegeben – für eine Diskussion sah er also keine Grundlage. Eine „Hundert- oder Tausendschaft“ von Kunden und Mitarbeitern habe sich „bedroht gefühlt“. Dass die Einsetzung der Sonderkommission einen politischen Hintergrund gehabt habe, verneinte Graf.

NEOS-Fraktionschefin Krisper wollte wissen, ob Graf andere Hierarchieebenen zwischen den Meldungen bei der Polizei und dem Termin im Innenministerium kontaktiert habe. Gesprochen worden sei „mit einem Hofrat Müllebner und einem Oberrat Kittinger“ von der Versammlungsbehörde der Landespolizeidirektion. Krisper zitierte aus Unterlagen, wonach die Demos eine Zeit lang untersagt wurden – woran sich Graf nicht erinnern konnte: „Aber wenn ich das damals so gesagt habe, wird es so stimmen.“

„Papierschnipsel“ und umgeworfene Kleiderständer

Ziel des Gesprächs sei es nicht gewesen, „Demos zu untersagen“, so Graf zum Treffen im Innenministerium. Es sei lediglich darum gegangen, die Sachbeschädigungen zu unterbinden. In den darauffolgenden Monaten sei man von der Polizei immer wieder in die Ermittlungen eingebunden worden. Krisper zitierte aus einem Schreiben des SoKo-Leiters an alle involvierten Beamten. Darin wird über eine „mangelnde Kooperationsbereitschaft“ seitens Grafs und seines Bruders Werner (des Miteigentümers von Kleider Bauer) geklagt.

Nach der Darstellung Krispers dürfte Kontakt mit einem leitenden SoKo-Beamten und Grafs Bruder recht intensiv gewesen sein – sie zitierte aus einer Mail zwischen dem Beamten und Werner Graf, in dem sie sich über das Ausscheiden des Beamten Josef Böck aus der SoKo unterhalten. Graf fragte darin nach, „ob das aus politischen Gründen so entschieden wurde“ – ob er wisse, warum sein Bruder das gefragt habe? „Nein“, so Graf.

Thema waren immer wieder die von Graf beschriebenen „Anschläge“ der Tierrechtler. Darunter sei ein „Run-in“ gewesen, so Graf auf Nachfragen der SPÖ. Aktivisten seien in Filialen gelaufen und hätten Papierschnipsel gestreut. Krainer konnte in dem geschilderten Fall die Sachbeschädigungen nicht erkennen. Graf führte ins Treffen, dass das Geschäftslokal verwüstet worden sei: Seines Wissens seien Kleiderständer umgeworfen worden, mit eigenen Augen habe er das aber nicht gesehen.

Mit der U-Haft der Personen des BVT hätten diese „Anschläge“ aufgehört. „Das kann man jetzt als Zufall werden, wie auch immer.“ Er sei aber froh, dass die Personen freigesprochen wurden, so Graf. ÖVP-Fraktionschef Werner Amon fand es wiederum beschämend, dass die Täter nicht ausgeforscht wurden. Seine Befragung geriet erwartungsgemäß zu einer Abhandlung von „Anschlägen“ und „Terrorakten“ (diesen Begriff verwendete nur Amon, Graf ließ sich darauf nicht ein) auf Filialen. Graf beschrieb darauf, dass ein „Klima der Angst“ geherrscht habe.

„Tiermörder und Arschlöcher“

Zur Sprache kamen etwa „Run-ins“. Eine Frage Amons in diesem Zusammenhang: „Ist es richtig, dass Kunden als Tiermörder und Arschlöcher bezeichnet wurden?“ Graf bejahte. Kunden seien auch behindert worden: „Es gibt Mails, die sagen, wenn es Kleider Bauer nicht gelänge, das abzustellen, würden sie woanders einkaufen“, so Graf. Das Bedrohungsszenario sei auf Vehemenz ausgelegt gewesen: Demos seien von 2006 bis in Jahr 2020 angemeldet worden. Von verletzten Kunden wusste Graf nichts. Auch ob im Zuge der Demos Sachbeschädigungen entstanden, konnte Graf nicht sagen.