„Es geht um das Miteinander von Almwirtschaft und Tourismus“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Das Problem sei größer als der derzeit diskutierte Fall. Die Almen sollen jedenfalls weiterhin für den Tourismus offen bleiben – allerdings gebe es sehr viel Unsicherheit, was auf Almen und Weiden erlaubt und was verboten ist.
Zunächst soll ein Verhaltenskodex für jene Besucherinnen und Besucher, die auf Almen unterwegs sind, ausgearbeitet werden, sagte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Dieser soll das richtige Verhalten auf Almen und Weiden übersichtlich und leicht verständlich erklären ähnlich wie die „10 FIS-Regeln“ für das Verhalten im alpinen Gelände. „Jeder, der auf Almen unterwegs ist, muss sich bewusst sein, dass er Verantwortung trägt“, sagte die Ministerin.
Generelles Hundeverbot nicht vorgesehen
Ein generelles Hundeverbot, wie es in den vergangenen Wochen kontrovers diskutiert wurde, ist nicht vorgesehen. Es sei allerdings „klar festzuhalten, wie man sich auf Almen mit Hunden verhält“, so Köstinger. Gesundheits- und Tierschutzministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ergänzte, dass man schon jetzt mit Broschüren versuche, in den Schulen den richtigen Umgang mit Wild- und Nutztieren zu vermitteln. Es gehe darum, auf den Almen freie Bewegung für Nutztiere und Touristen auch weiterhin zu gewährleisten.

Gesetzesentwurf kurz vor Fertigstellung
Ein Ratgeber für die Bäuerinnen und Bauern soll Empfehlungen liefern, wie Almbetreiber und Weideviehhalter am besten Vorkehrungen für vergleichbare Fälle treffen können. Als dritten Punkt soll die Tierhalterhaftung im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (AGBG) präzisiert werden. Der Gesetzesentwurf soll bereits in den nächsten Wochen in Begutachtung gehen.
Zur Interessenabwägung und Bewertung zukünftiger Fälle soll der Verhaltenskodex für die Nutzung von Almen herangezogen werden, kündigte Köstinger an. Die „notwendige Gesetzesänderung“ sorge dafür, dass es „rechtlich Klarheit und Sicherheit gibt“, sagte Kurz.
Versicherungslösungen sollen evaluiert werden
Köstinger kündigte außerdem noch an, dass Versicherungslösungen evaluiert und vereinheitlicht werden sollen. Derzeit gebe es viele unterschiedliche Regeln. Gemeinsam mit den Bundesländern wird die Landwirtschaftskammer eine Evaluierung der Modelle und eine einheitliche Vorgehensweise erarbeiten, damit der Versicherungsschutz für die Landwirtschaft gewährleistet ist.
Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, gab sich überzeugt, dass mit dem Aktionsplan „eine Grundlage geschaffen wird, dass Rechtssicherheit für die Zukunft besteht“. Dadurch werde gewährleistet, dass Almen nicht zugesperrt werden, sondern weiterhin zugänglich sind, sagte Moosbrugger.
„Problem ist größer als der Fall“
Die Höhe des Urteils, das die Debatte ausgelöst hatte, wollte Kurz nicht kommentieren – das sei auch nicht die Aufgabe der Regierung, so der Bundeskanzler. „Das Problem ist größer als der Fall, der vor einigen Wochen bekanntwurde.“ Am 28. Juli 2014 war im Pinnistal, einem Seitental des Stubaitals, eine 45-jährige Deutsche, die mit ihren Hund unterwegs war, von Kühen plötzlich attackiert und zu Tode getrampelt worden.
Nach einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen den Hinterbliebenen und dem Landwirt erging im Februar das erstinstanzliche Urteil im Zivilprozess. Laut diesem muss der Bauer dem Witwer und dem Sohn rund 180.000 Euro sowie eine monatliche Rente an die beiden in der Höhe von insgesamt rund 1.500 Euro zahlen. Der gesamte Streitwert des Prozesses lag bei rund 490.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte noch im Jahr 2014 die Ermittlungen gegen den Landwirt eingestellt.
Lob von Bauernbund und Wirtschaftskammer
Lob für den „Aktionsplan“ kam noch am Montag von Bauernbund und Wirtschaftskammer. „Eigenverantwortung und Hausverstand sollten wieder mehr Einzug halten. Wir brauchen klare Spielregeln, die ein Miteinander auf den Almen gewährleisten. Das von der Bundesregierung heute präsentierte Maßnahmenpaket entspricht diesen Forderungen“, so Bauernbund-Präsident Georg Strasser.
Für Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ist das Maßnahmenpaket ein „wichtiger Schritt, um eine unklare Rechtssituation zu bereinigen“. „Wir sind sehr froh, dass damit auch zukünftig die Bewegungsfreiheit in der Natur, die den Tourismusstandort Österreich weltweit für Touristen so attraktiv macht sowie ein positives und faires Miteinander von Landwirtschaft und Tourismus sichergestellt sind“, so Nocker-Schwarzenbacher.