Albano Carrisi, Al Bano
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Schwarze Liste

Ukraine nimmt Prominente ins Visier

Kurz vor der Parlamentswahl hat die Ukraine am Montag eine schwarze Liste mit 147 Namen veröffentlicht, die wegen ihrer angeblichen Nähe zu Russland eine Gefahr für das Land darstellen sollen. Unter den Genannten befinden sich international bekannte Persönlichkeiten – etwa Italopopstar Al Bano.

Der Italiener („Sempre sempre“) erhielt wegen russlandfreundlicher Äußerungen Einreiseverbot in der Ukraine. Der 75-Jährige, der bürgerlich Albano Carrisi heißt, stelle eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar, teilte das Kulturministerium in Kiew mit. Hintergrund sind Interviews, in denen er die russische Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim begrüßt und sich begeistert über Kreml-Chef Wladimir Putin geäußert haben soll.

Die Äußerungen fielen vor zwei Jahren am Rande der Judo-Weltmeisterschaft in Budapest. „Italien würde so einen Politiker brauchen“, sagte der Sänger über Putin. Er erklärte, Putin bereits seit 1986 zu kennen. Der heutige Präsident war damals Agent des KGB. Der Eintrag auf der schwarzen Liste bedeutet auch, dass Musikvideos und Filme mit Al Bano in der Ukraine nicht mehr gezeigt werden dürfen.

Al Bano: Entscheidung „unannehmbar“

Al Bano reagierte verbittert auf die Ankündigung. „Ich habe nie ein Wort gegen die Ukraine gesagt. Es ist unannehmbar, dass ich, der seit jeher für den Frieden singe, jetzt wie ein Terrorist behandelt werde“, sagte Carrisi. In der Ukraine sei er zuletzt vor vier Jahren aufgetreten und habe sich dort wohlgefühlt.

Sänger Al Bano
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„Ich habe nie ein Wort gegen die Ukraine gesagt“, erklärte Al Bano

Der Popstar kündigte an, dass er den ukrainischen Botschafter in Rom kontaktieren werde, um mit dem Kulturminister des Landes sprechen zu können. „Ich will begreifen, warum mein Name auf dieser Liste gelandet ist. Als ich heute davon erfahren habe, dachte ich an eine Personenverwechslung, oder an einen Scherz“, erklärte Carrisi.

Vladimir Putin und Steven Seagal
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Kampfsportstar Steven Seagal (mit Russlands Präsident Putin) ist Sonderbeauftragter für das russische Außenministerium

Der Sänger sagte, er sei kein guter Freund Putins, sondern lediglich ein Bekannter. „Ich habe für Putin, aber auch für viele andere Staatschefs und sogar für Papst Johannes Paul II. gesungen. Ich bin ein Mann des Friedens und nicht des Krieges“, sagte der aus dem süditalienischen Apulien stammende Carrisi.

Depardieu, Durst, Seagal

Al Bano befindet sich in prominenter Gesellschaft. Auf der Liste mit 147 Namen scheinen auch der Schauspieler und Wahlrusse Gerard Depardieu, der serbische Regisseur Emir Kusturica, Martial-Arts-Star und Schauspieler Steven Seagal, Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst, der italienische Regisseur und Schauspieler Michele Placido sowie der US-Boxer Roy Jones junior auf.

Gerard Depardieu und Vladimir Putin
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Auch Frankreichs Schauspielstar Depardieu pflegt ein gutes Verhältnis zu Putin

Depardieu hatte Russlands Präsidenten in der Vergangenheit mehrfach gelobt und auch zu Weißrusslands autokratischem Regierungschef Alexander Lukaschenko ein gutes Verhältnis unterhalten. Eine Eigenschaft, die er mit Kampfsport- und B-Movie-Star Seagal teilt. Seagal ist seit 2018 Sonderbeauftragter der russischen Außenministeriums für die Beziehungen zu den USA. Durst hatte vor drei Jahren erklärt, auf die von Russland annektierte Krim auswandern zu wollen – was ihm ein Einreiseverbot in die Ukraine einbrachte.

Sänger Fred Durst
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Limp-Bizkit-Sänger Durst wollte sich auf der Krim niederlassen

Den Großteil der Eintragungen auf der schwarzen Liste machen russische Persönlichkeiten aus. Zu finden sind unter anderen die Milliardärin Jelena Nikolajewna Baturina, Ex-Frau des früheren Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow, die russische Schauspielerin Evelina Bledans und der Popstar Denis Maidanow. Auch der russische Neofaschist und Putin-Berater Alexander Dugin taucht auf.

Netrebko und Holender auf „Staatsfeindeliste“

Wiederholt für internationale Aufregung sorgte auch die Liste der ukrainischen Website Mirotworez (Friedenstifter), auf der angebliche „Staatsfeinde“ des Landes verzeichnet sind. Ende des Vorjahres standen auf ihr laut APA-Recherchen 19 Persönlichkeiten aus Österreich oder mit Österreich-Bezug – darunter Opernstar Anna Netrebko, Ex-Staatsoperndirektor Ioan Holender, die FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein, Johann Hübner und Detlef Wimmer sowie der Sänger Louie Austen.

Begründet wird die Nennung von den anonymen Betreibern der Internetseite in den meisten Fällen mit unautorisierten Besuchen auf der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim sowie in den selbst ernannten Volksrepubliken im Osten der Ukraine. Deren Territorium wird nicht von der Regierung in Kiew kontrolliert.

Anna Netrebko
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Opernstar Netrebko wird auf der umstrittenen „Staatsfeinde“-Liste der ukrainischen Website Mirotworez geführt

Die vom nunmehrigen ukrainischen Parlamentsabgeordneten Anton Heraschtschenko initiierte Internetseite ist insbesondere im Zusammenhang mit der Ermordung von zwei prominenten prorussischen Aktivisten in der Ukraine umstritten. Haratschenko gilt als enger Vertrauter des ukrainischen Innenministers Arsen Awakow.

Kritik an Einreiseverbot für ORF-Korrespondenten

Im Februar dann listete Mirotworez auch den ORF-Korrespondenten Christian Wehrschütz als angeblichen „Staatsfeind“ auf. Anfang März verhängte Kiew dann ein Einreiseverbot gegen den Journalisten. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl sowie der ORF verurteilten die Aktion. Kneissl kündigte an, den ukrainischen Botschafter in Wien vorzuladen. Am Montag forderte Außenamtsgeneralsekretär Johannes Peterlik bei einem Gespräch mit Botschafter Olexander Scherba eine Aufhebung des Einreiseverbots, sowie Wehrschütz’ Akkreditierung für das Konfliktgebiet auf ukrainischer Seite der Kontaktlinie.

Wehrschütz: „Dinge verbreitet, die völlig absurd sind“

„Der ukrainische Botschafter hat den Vorteil, unter diplomatischer Immunität Dinge verbreiten zu können, die völlig absurd sind“, sagte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz zum Einreiseverbot in die Ukraine.

Die ukrainischen Behörden warfen Wehrschütz eine „bewusste Verletzung der ukrainischen Staatsgrenze“, „Beteiligung an Rechtfertigungsversuchen der (russischen, Anm.) Annexion der Krim“ sowie „antiukrainische Propaganda“ vor. Der ukrainische Geheimdienst begründete die Maßnahme später mit dem Schutz von Wehrschütz’ persönlicher Sicherheit: „Wir erinnern daran, dass Christian Wehrschütz in seinem Interview von vorhandenen Bedrohungen für sein Leben in der Ukraine gesprochen hat. Um mögliche Provokationen während des Aufenthalts des österreichischen Journalisten in unserem Land zu verhindern, hat der SBU (Inlandsgeheimdienst, Anm.) im Einklang mit den Gesetzen beschlossen, ihm die Einreise zu verbieten“, hieß es.