Jean-Claude Juncker und Theresa May
APA/AFP/Frederick Florin
Brexit

May erhält „rechtliche Garantien“ von EU

Großbritanniens Premierministerin Theresa May erhält von der EU neue Zusicherungen für den Brexit. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte am Montagabend in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Straßburg „rechtliche Garantien“ an, die May helfen könnten, dass der von ihr ausgehandelte Deal doch noch am Dienstag das Abgeordnetenhaus passiert.

Konkret geht es bei den Änderungen um den „Backstop“, jene Notlösung, die eine offene Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland sicherstellen soll. Die nun ausgehandelte Lösung stelle eine „zweite Chance“ dar, so Juncker. Gleichzeitig warnte er, dass es „keine dritte Chance“ geben werde.

Die dem Brexit-Deal rechtlich gleichgestellte Ergänzung enthalte drei Kernpunkte, so May. Erstens soll die Regelung garantieren, dass die EU den „Backstop“ nicht unbeschränkt verlängern kann. Sollte sie das tun, kann die Entscheidung durch ein Schiedsgericht angefochten und bei einem entsprechenden Urteil von Großbritannien suspendiert werden.

Verpflichtung zu Ersatz für „Backstop“ bis 2020

Weiters würden sich Großbritannien und die EU durch das Dokument verpflichten, sofort Verhandlungen über einen Ersatz für den „Backstop“ zu starten und diesen bis 2020 zu entwickeln. Drittens räumt die Ergänzung den Briten das Recht auf eine „unilaterale Erklärung“ ein. Diese stecke die „britische Position unter gewissen Umständen ab“.

Sollte der „Backstop“ zur Anwendung kommen und die diplomatischen Beziehungen zwischen London und Brüssel sich so schlecht entwickeln, dass keine Einigung zu erwarten ist, könne Großbritannien eine einseitige Erklärung abgeben. Welche Konsequenzen diese hätte, ist vorerst offen.

Irland offenbar bereit zu Zustimmung

Es gehe um „rechtliche Garantien“ und „Klarstellungen“, so Juncker. Der „Backstop“ sei eine „Versicherung“ – „nicht mehr und nicht weniger“. „Die Wahl ist klar: Es ist diese Vereinbarung, oder der Brexit könnte gar nicht stattfinden“, so Juncker. Laut einem Schreiben des EU-Kommissionschefs stimmte die irische Regierung den Brexit-Garantien bereits zu. Er habe diesbezüglich mit dem irischen Regierungschef Leo Varadkar gesprochen, so Juncker. Dieser sei bereit, die Lösung mitzutragen.

May war am Montag überraschend nach Straßburg gereist. Noch zu Mittag hieß es, dass keine weiteren Treffen auf hochrangiger Ebene geplant seien. Erst am Nachmittag verdichteten sich die Gerüchte, dass May doch noch einen letzten Versuch für Zugeständnisse in Straßburg starten könnte.

Corbyn ruft zu Ablehnung von Brexit-Deal auf

Schon am Dienstag soll der Vertrag im britischen Abgeordnetenhaus zur Abstimmung gelangen. Labour-Chef Jeremy Corbyn rief unmittelbar nach Mays Ankündigung dazu auf, gegen den Austrittsvertrag zu stimmen. Die zwischen der britischen Regierung und der EU-Kommission erzielte Vereinbarung enthalte nichts von dem, was May dem britischen Parlament versprochen habe, sagte Corbyn: „Deswegen müssen die Abgeordneten dieses Abkommen zurückweisen.“

DUP will Dokumente prüfen

Die nordirische DUP, die Mays Minderheitsregierung stützt, gab sich zurückhaltend nach der Ankündigung. „Diese Dokumente müssen sorgfältig analysiert werden.“ Man werde „Zeile für Zeile“ durchgehen, so ein Sprecher der DUP. Ob May mit den neuen Zusicherungen der EU die Kritiker in den eigenen Reihen überzeugen kann, ist unklar. Unmittelbar nach dem gemeinsamen Statement von May und Juncker sagte der Tory-Abgeordnete Mike Penning, dass er nun für den Deal stimmen werde. Ein weiterer „Brexiteer“, Steve Baker, sagte, er wolle erst das Ergebnis der European Research Group um den „Hard Brexit“-Verfechter Jacob Rees-Mogg abwarten.