Bettina Bogner im BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
BVT-U-Ausschuss

Einblicke in Ermittlungen gegen Tierschützer

Am Mittwoch hat sich der BVT-U-Ausschuss den Ermittlern in der Causa Tierschützer gewidmet – diese „SoKo Bekleidung“ setzte ab 2007 Überwachungswerkzeuge gegen Aktivisten um den Verein gegen Tierfabriken (VGT) ein. Den Beginn machte Bettina Bogner, eine der leitenden Einsatzkräfte der Anti-Mafia-Ermittlungen gegen die Aktivisten.

Zur stärksten Zeit hätten über 30 Personen bei der „SoKo Bekleidung“ mitgearbeitet, gab Bogner an. Leiter war Erich Zwettler, operativer Leiter Josef Böck, sie selbst sei stellvertretende Leiterin gewesen, so Bogner. Von einer „Causa Tierschützer“ wollte sie nicht sprechen – Bogner griff auf ein anders Wording zurück: „Causa militanter Tierrechtsaktivismus“.

Die SoKo sei vom Bundeskriminalamt (BK) geführt worden, zugearbeitet hätten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und Landeskriminalamt (LKA) – im April 2007 sei sie, Bogner, zur „SoKo Bekleidung“ gekommen. An sie herangetreten sei Böck – er habe sie gefragt, ob sie Teil der Kommission sein wolle, um Tatorte zu bearbeiten und Spuren zu sichern. Sie habe zugesagt. Nach und nach sei Bogner dann in die Leitung der SoKo aufgestiegen.

Verdeckte Ermittlerin im Mittelpunkt

Sehr viel drehte sich in der Befragung um die verdeckte Ermittlerin (später unter dem Decknamen Danielle Durand bekannt), die in den VGT eingeschleust worden war. Zu deren Rolle gab sich Bogner zugeknöpft – schließlich sei sie, Bogner, in diesem Zusammenhang wegen falscher Beweisaussage angezeigt worden, wie die Ermittlerin darlegte.

Lokal 7 im BVT-Untersuchungsausschuss
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Im Ausschusslokal wollte Bogner nicht fotografiert werden

Überhaupt sei sie von Beginn an skeptisch gewesen, was den Einsatz der verdeckten Ermittlerin betraf. „Ich hab das von vorneherein für nicht besonders fruchtbringend gehalten“, gab Bogner an. Sie habe zwar versucht, Anschluss an die Tierschützer zu finden, es konnte nach Meinung Bogners aber nur eine „oberflächliche Beziehung“ aufgebaut werden.

Die VGT-Aktivisten (sie waren vergangene Woche im Ausschuss) schilderten das deutlich anders, die verdeckte Ermittlerin war auch noch nach Ende ihres Einsatzes zu Besuch in der U-Haft. Die Zeugin blieb dabei: Ergebnisse habe sie sich zu keiner Zeit erwartet, weil der Einsatz ja darauf abgezielt habe, „Anschläge“ zu verhindern. Die Ermittlerin habe aber in einer so kurzen Zeit keinen entsprechenden Einfluss geltend machen können.

Doch „Strukturermittlungen“?

Für das Vorantreiben von Ermittlungen sei die verdeckte Ermittlerin nicht zuständig gewesen – nur zur Abwendung von Straftaten, so Bogner. Das macht aus rechtlicher Sicht einen Unterschied: Sollten Ermittlungstätigkeiten durchgeführt worden sein, hätte der Staatsanwalt den Einsatz genehmigen müssen, das geschah nicht. Laut Jetzt-Mandatarin Alma Zadic war die verdeckte Ermittlerin sehr wohl ermittelnd tätig. Die Richterin beim Wiener Neustädter Prozess gegen den VGT habe klar von „Strukturermittlungen“ gesprochen.

Für die unklare Tätigkeit der verdeckten Ermittlerin interessierte sich auch NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper. Sie legte ein Dokument vor, wonach die verdeckte Ermittlerin einen Abrieb einer Trinkflasche anfertigen sollte – also klassische Ermittlungstätigkeit.

Bogner gab sich erneut zugeknöpft – wohl aus Angst vor einer neuen Anzeige, das sei ihr „gutes Recht“. Sie lasse sich auch nicht im Ausschuss vorwerfen, sie habe vor Gericht falsch ausgesagt, das sei unrichtig, sagte Bogner emotional. Das Gericht habe den Vorwurf „fallen gelassen“.

Staatsanwalt nicht laufend informiert

Zadic wollte von Bogner wissen, warum die SoKo den Staatsanwalt (Wolfgang Handler, auch er ist demnächst geladen) nicht laufend über die Ergebnisse der verdeckten Ermittlung informiert habe. „Er hat gesagt, das ist nicht notwendig, er findet das nicht zielführend“, so Bogner. Handler habe die Ergebnisse nicht verlangt. Bogner konnte aber nicht ausschließen, dass ihm in irgendeiner Besprechung nicht doch irgendetwas gezeigt wurde.

Bettina Bogner im BVT-Untersuchungsausschuss
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Bogner bei der Ankunft im Ausschusslokal

Zadic wollte wissen, wer aufgrund der Berichte der verdeckten Ermittlerin entschieden habe, dass die Ermittlungsergebnisse nicht relevant seien. Man habe den Verlauf „im Groben“ berichtet und auch, „dass aus unserer Wahrnehmung der Einsatz nicht besonders viel bringt“. Beschlossen, dass die möglicherweise entlastenden Ergebnisse der verdeckten Ermittlerin (so die Einschätzung der Opposition) nicht herangezogen werden sollen, habe man das „gemeinsam“ im Zuge einer „kriminalstrategischen“ Entscheidung.

Die SPÖ wollte wissen, warum die Informationen der verdeckten Ermittlerin so spät in den Akt eingeflossen seien. Man habe viel Schreibarbeit gehabt, in den Berichten seien außerdem keine aufsehenerregenden Informationen enthalten gewesen, so Bogner. Das konnte SPÖ-Mandatarin Katharina Kucharowits nicht verstehen: Warum man sie so lange weitergeführt habe, obwohl man sie nicht wollte? Bogner sagte, dass es dauere, bis man eine verdeckte Ermittlerin wieder abziehen könne.

Kinderpornoexperten als „gute Datensicherer“

Verfahrensrichter Eduard Strauss fragte gleich zu Beginn nach Ermittlungen in Richtung Kinderpornografie gegen die Tierschützer und nach dem Einsatz entsprechender Experten: „Ich weiß auch nicht, was sich der Herr Oberstleutnant dabei gedacht hat“, so Bogner. Es sei wohl nur um die Datensicherung gegangen. Vielleicht habe die Annahme bestanden, dass Kinderpornoermittler besonders gut im Datensichern seien.

Auch NEOS-Mandatarin Krisper interessierte sich für die (laut Bogner von Böck forcierte) Beiziehung dieser Kinderpornoermittler – sie erkannte einen Widerspruch, zumal aus einem Dokument herauszulesen sei, dass sie (Bogner) „bei jeder HD (Hausdurchsuchung, Anm.) Datensicherer dabeihaben“ wolle. Bogner sagte dazu, dass ihr Böcks Definition „zu schwammig“ gewesen sei, sie habe Präzisierung haben wollen.

ÖVP und FPÖ schossen sich auf Plessl ein

ÖVP und FPÖ thematisierten die Arbeit des heutigen SPÖ-Abgeordneten Rudolf Plessl in der Sonderkommission. Dazu zitierten sie aus einem bereits 2011 erschienen Buch von VGT-Obmann Martin Balluch, in dem Plessl unzulässige Verhörmethoden vorgeworfen werden. ÖVP-Fraktionsvorsitzender Werner Amon sprach von „schockierenden und verwerflichen“ Vorwürfen, die zu klären seien. Amon will daher auch Balluchs Lebensgefährtin laden, die nach einem Verhör durch Plessl zusammengebrochen sein soll.

Balluch-Hausdurchsuchung „wie üblich“ abgelaufen

Auch die Hausdurchsuchung bei Balluch war Thema: Auf Fragen von SPÖ-Mandatar Maurice Androsch gab Bogner an, bei der Hausdurchsuchung am 21. Mai 2007 dabei gewesen zu sein. Sie sei „wie üblich“ abgelaufen, wie Bogner auf mehrmalige Nachfrage sagte. An Details konnte sie sich nicht erinnern. Auch ob Videoaufnahmen durchgeführt wurden, könne sie nicht mehr sagen, da müsste man im Akt nachschauen. Damit sei sie nicht befasst gewesen, sondern Einsatzleiter Böck.

NEOS konfrontierte Bogner mit einer Aussage von letzter Woche: Da hatte Balluchs Anwalt Stefan Traxler angegeben, dass Bogner ihm gegenüber öfters gesagt habe, „die werden schon ins Gefängnis gehen“. Bogner wies das zurück. „Hat er also falsch ausgesagt?“, wollte Krisper wissen. Bogner dazu: „Das weiß ich doch nicht, vielleicht hat er sich das falsch eingebildet, fragen’s ihn halt noch einmal!“

„Auseinandersetzung mit Herrenmenschenideologie“

Auch wollte sie „Behauptungen“ richtigstellen: Balluch habe auch nicht nackt in einer Ecke stehen müssen „wie ständig von ihm dargestellt“. Auch von einer „angehaltenen“ Pistole wisse sie nichts. Auf eine entsprechende Frage sagte Bogner, sie habe aus einem einfachen Grund nicht auf Unterlassung geklagt: „Weil ich sonst den ganzen Tag nichts anderes zu tun hätte, wenn ich ständig Sachen richtigstellen müsste“.

Auch „Extremismus“ war ein Thema: Sie habe Balluch einmal gefragt, wieso er so fanatisch sei. Man habe ihm – auf entsprechende Frage – nicht unterstellt, dass er rechtsradikal sei, sondern dass er sich über andere Menschen erhebe – schließlich wolle er anderen sagen, was richtig und was falsch ist. „Es ist die Auseinandersetzung mit einer Herrenmenschenideologie gemeint“, so Bogner.

„Immer Ermittlungsdruck“

Der Entschluss der Staatsanwaltschaft, nach dem Mafia-Paragrafen zu ermitteln, sei nach Aussage Bogners wohl „ziemlich am Anfang“ gefasst worden. Das ist wesentlich, schließlich machte dieser Umstand umfangreiche Observationen möglich. Doch war laut Bogner nicht der VGT Ermittlungsgegenstand als Verein („Ich kann auch nicht ausschließen, dass meine Mutter einmal was gespendet hat“), sondern einzelne Personen. Ermittlungsdruck habe bestanden, den habe man „aber immer“.

In Ermittlungen „frei“

Auch wurde die Frage behandelt, ob es Interventionen gegeben habe, um die Ermittlungen zu steuern. Leiter Böck habe alles „auf frischer Tat“ haben wollen, er wollte die Aktivisten bei der Begehung von Taten erwischen. „Ich hätte das alles old school und zügig gemacht“, sagte Bogner, sie hätte auf den Großen Lauschangriff und andere große Observationsmaßnahmen verzichtet. „Ich habe ja meine Zielpersonen schon definiert gehabt“, sagt Bogner auf Fragen von FPÖ-Mandatar Werner Herbert. Zurufe von außen habe sie, Bogner, nicht vernommen: „Wir waren nach meiner Wahrnehmung frei.“

Seltene Heiterkeit kam gegen Ende auf: auf die Frage, ob sie denn politisch aktiv (gewesen) sei: Bogner konnte die Relevanz für den Ausschuss nicht erkennen. Verfahrensrichter Strauss stellte klar, dass es für eine Untersuchung der politischen Einflussnahme sehr wohl relevant sei. Krisper fragte also konkret: „Waren sie ÖVP-Gemeinderätin in Pasching?“ Bogner: „Ich war in Pasching Gemeinderätin für die SPÖ.“