Unterhaus votiert für Brexit-Verschiebung

Das britische Unterhaus hat heute Abend mit großer Mehrheit für eine Verschiebung des EU-Austritts gestimmt. 412 Abgeordnete stimmten für den Regierungsantrag, 202 dagegen. Premierministerin Theresa May konnte damit nach den Niederlagen der vergangenen Tage endlich einen kleinen Zwischenerfolg erringen.

May kann nun diese Bitte um Verschiebung in Brüssel vorbringen. Einem Brexit-Aufschub müssen aber auch die EU-Staats- und -Regierungschefs auf ihrem Gipfel in der nächsten Woche einstimmig zustimmen. Und dafür werden sie von London triftige Gründe verlangen.

Europawahl als Knackpunkt

May verknüpfte die Abstimmung über die Verschiebung indirekt mit einer Entscheidung über ihr Brexit-Abkommen. Ihr zufolge sollen die Abgeordneten die Wahl zwischen einer langen und einer kurzen Verschiebung haben. Nur wenn die Abgeordneten bis zum 20. März – also einen Tag vor dem nächsten EU-Gipfel – für ihren Deal stimmten, sei eine kurze Verschiebung des Austritts bis zum 30. Juni möglich, betonte die Regierungschefin. Jede längere Verschiebung mache eine Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl (23. bis 26. Mai) nötig. Das neu gewählte EU-Parlament will am 2. Juli erstmals zusammentreten.

Keine Mehrheit für zweites Referendum

Im Abstimmungsreigen hatten die Abgeordneten zunächst einen Antrag für ein zweites Brexit-Referendum abgelehnt. Die Abstimmung ging wenig überraschend mit 334 zu 85 Stimmen aus. Der Antrag war von der Abgeordneten Sarah Wollaston eingebracht worden, die vor Kurzem die Konservativen verlassen hatte, um sich der neuen Gruppe der Unabhängigen anzuschließen.

Die meisten oppositionellen Labour-Abgeordneten enthielten sich der Parteilinie entsprechend der Stimme. 25 stimmten dafür, 18 dagegen. Eine Gruppe von Labour-Abgeordneten, die sich eigentlich sehr wohl für ein zweites Referendum ausspricht, blieb fern, begründete ihr Verhalten aber in einem offenen Brief. Darin heißt es, die Abstimmung heute sei ohnehin zum Scheitern verurteilt gewesen. Mit einem eigenen Antrag in einigen Tagen rechnen sie sich bessere Chancen aus, der Initiative People’s Vote zu Erfolg zu verhelfen.

Machtverlagerung an Parlament abgelehnt

Knapp abgelehnt wurden Probeabstimmungen über das weitere Vorgehen beim Brexit. Damit behält die britische Premierministerin Theresa May vorerst die Kontrolle über den Brexit-Prozess. Die Abgeordneten votierten mit 312 zu 314 Stimmen gegen einen Antrag, der dem Parlament die Möglichkeit geben sollte, das weitere Vorgehen festzulegen.

Die Abstimmung sollte ein Meinungsbild liefern, welche Optionen zum Brexit mehrheitsfähig wären. Bisher legt lediglich die Regierung Vorschläge dazu vor. Damit hätte das Parlament die Initiative ergreifen können.

Auch Labour-Vorstoß abgelehnt

Ebenfalls abgelehnt wurde den Vorstoß der Labour-Partei für eine Brexit-Verschiebung zurückgewiesen. Die größte Oppositionspartei wollte über Alternativen zum bereits zwei Mal abgelehnten Austrittsabkommen abstimmen lassen. Ein entsprechender Änderungsantrag wurde aber mit 318 zu 302 Stimmen abgelehnt.

Die Hauptabstimmung des Abends dreht sich um die Frage, ob die Regierung eine Verschiebung des Brexits beantragen soll.