Einsatzkräfte am Tatort
AP/Mark Baker
Neuseeland

49 Tote bei Anschlag auf Moscheen

Bei einem Anschlag auf zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch hat es am Freitag mindestens 49 Tote gegeben. Mehrere Menschen wurden festgenommen, darunter zumindest ein Australier. Premierministerin Jacinda Ardern sprach von einem „terroristischen Angriff“. Australiens Premierminister Scott Morrison bezeichnete den Verdächtigen als „rechtsextremen, gewalttätigen Terroristen“.

Es sei einer der „dunkelsten Tage in der Geschichte“, so Ardern. „Es ist klar, dass das nur als terroristische Attacke beschrieben werden kann“, sagte die Premierministerin. Laut Polizeichef Mike Bush wurden alleine in der Masjid-al-Noor-Moschee 41 Menschen getötet, sieben weitere Menschen wurden in einer Moschee im Vorort Linwood ermordet, hieß es bei einer Pressekonferenz am Abend. Eine weitere Person erlag in einem Krankenhaus den schweren Verletzungen, so Bush.

Vier Menschen wurden laut Bush verhaftet, bei einer Person bestehe jedoch „kein Zusammenhang“ mit der Tat, so Bush. Einem der Festgenommenen wird Mord vorgeworfen, er soll bereits am Samstag einem Richter vorgeführt werden. Zahlreiche Waffen wurden sichergestellt.

Ardern sagte, die Festgenommenen hätten extremistische Ansichten. Über die Zahl der Festnahmen herrschte zunächst Unklarheit, Bush sprach erst von vier Festnahmen, Ardern später nur noch von drei. Es gebe keine Hinweise auf weitere Täter, auch wenn man das nicht ausschließen könne, so Bush.

Einsatzkräfte am Tatort
AP/Mark Baker
Die Polizei riegelte das Gebiet um eine der Moscheen im Vorort Linwood ab

Zahlreiche Verletzte in Krankenhäusern

48 Menschen mit Schussverletzungen werden in Krankenhäusern betreut, berichtete das neuseeländische Fernsehen: 20 Menschen befinden sich in „kritischem“ Zustand. Unter den Verletzten seien auch einige „sehr junge Kinder“, hieß es von der Gesundheitsbehörde der Region Canterbury. Die Terrorwarnstufe wurde von „niedrig“ auf „hoch“ angehoben. Ardern sagte, die Angriffe seien „gut vorbereitet“ gewesen. Die mutmaßlichen Angreifer seien jedoch nicht auf Terrorlisten gestanden.

„Viele der Menschen, die direkt von dieser Schussattacke betroffen sind, könnten Menschen sein, die nach Neuseeland eingewandert sind, es könnten auch Flüchtlinge sein. (…) Diese Menschen gehören zu uns. Die Person, die uns diese Gewalt angetan hat, nicht“, sagte Ardern in der Hauptstadt Wellington. Sie wolle sich am Samstag an Ort und Stelle ein Bild von der Lage machen.

Die Premierministerin Jacinda Ardern
Reuters TV
Neuseelands Premierministerin Ardern zeigte sich von dem Anschlag entsetzt

Ablauf weiterhin unklar

Die Polizei bestätigte am Freitag zunächst Medienberichte zu dem Angriff und gab an, dass es „an zwei Orten“ Schusswaffenangriffe gegeben habe. Es handelte sich um die Masjid-al-Noor-Moschee im Stadtzentrum und um eine Moschee im Vorort Linwood. Der genaue Ablauf der Attacken war jedoch auch nach Stunden noch unklar. Ein Augenzeuge sagte dem Sender Radio New Zealand, er habe Schüsse gehört und vier Menschen auf dem Boden liegen gesehen, mit „Blut überall“.

Polizei rief zu Vorsicht auf

Wegen der Gefahrenlage rief die Polizei für ganz Neuseeland dazu auf, keine Moschee zu betreten. Auf einem Video ist zu sehen, wie mehrere bewaffnete Beamte einen Mann aus einem weißen Auto ziehen, das zuvor offensichtlich gerammt wurde.

An den Fahrzeugen der Angreifer seien Sprengsätze gefunden worden, die von der Armee entschärft worden seien. Zur aktuellen Lage sagte er: „Lassen Sie uns nicht so tun, als ob es keine Gefahr mehr gibt.“ Bush ließ offen, ob die Polizei die Angriffe als terroristische Tat einstuft.

Einsatzkräfte am Tatort
Reuters/SNPA/Martin Hunter
Die Öffentlichkeit wurde von der Polizei davon abgehalten, das Gebiet um die Moscheen zu betreten

Video und „Manifest“ von mutmaßlichem Attentäter

Im Internet tauchte ein angeblicher Livestream der Tat auf, Facebook nahm die Aufzeichnung nach Bekanntwerden vom Netz, Kopien kursierten jedoch weiterhin in Onlinediskussionsforen. Auch ein „Manifest“ des mutmaßlichen Täters wurde online veröffentlicht. Darin heißt es, er habe die Tat bereits seit zwei Jahren geplant. In dem Dokument mit 16.500 Wörtern spricht er sich für eine rechtsextreme Ideologie aus und lehnt die „außereuropäische“ Einwanderung im Westen ab.

Während sowohl die Premierministerin als auch die Polizei dazu aufriefen, das Video nicht zu teilen, wurde es von einigen australischen Medien gezeigt. Die Nachrichtenagentur AFP schrieb, dass das Video und das Textdokument nach Analyse der Agentur „echt“ seien.

Australischer Premier verurteilt „Terroristen“

Australiens Premierminister Scott Morrison wandte sich in einer Ansprache an Neuseeland und bestätigte, dass einer der Verdächtigen Australier ist. Er verurteilte den „bösartigen, mörderischen Anschlag“ und den „rechtsextremen, gewalttätigen Terroristen“. Seine Gedanken seien bei den Opfern und den Musliminnen und Muslimen in Neuseeland, so Morrison in seinem Statement, das im neueseeländischen Fernsehen gezeigt wurde.

Zentrum von Christchurch abgeriegelt

Die Polizei rief die Bevölkerung auf, nicht hinauszugehen. Das Zentrum von Christchurch wurde von der Polizei zwischenzeitlich abgeriegelt. Auch Schülerinnen und Schüler in der Stadt durften ihre Klassen nicht verlassen, später wurde die Schulsperre jedoch aufgehoben. Auch Ämter und die Zentralbibliothek wurden abgeriegelt.

Einsatzkräfte am Tatort
APA/AFP/Tessa Burrows
Alleine in der Masjid-al-Noor-Moschee wurden 41 Menschen getötet

„Eine ernste und sich entwickelnde Lage mit einem aktiven Schützen ist in Christchurch aufgetreten“, hatte es in einer ersten Polizeimitteilung geheißen. Die Polizei sei „mit ihren gesamten Ressourcen“ im Einsatz. Auf Twitter warnte die Polizei, „extrem erschreckende Bilder“ aus einer der angegriffenen Moscheen kursierten im Internet. Sie rief dazu auf, das Material nicht weiterzuverbreiten.

Am späten Abend (Ortszeit) schrieb die Polizei auf Twitter, dass ein Wohngebiet evakuiert werde, weil eines der Wohnhäuser offenbar in Zusammenhang mit der Tat stehe. Die Polizei machte keine weiteren Angaben, die Anrainerinnen und Anrainer wurden in Notquartieren untergebracht.

Mehr als 300 Gläubige in Moschee

Die ersten Schüsse fielen nach Augenzeugenberichten gegen 13.45 Uhr Ortszeit (1.45 Uhr MEZ). In der Moschee waren mehr als 300 Gläubige. Zeugen zufolge handelte es sich bei dem einen Täter um einen weißen Mann, der einen Helm und eine kugelsichere Weste trug. Mit seiner automatischen Waffe soll er immer wieder in die Menschenmenge geschossen haben.

49 Tote bei Anschlag in Neuseeland

Bei Anschlägen auf zwei Moscheen in Neuseeland sind 49 Menschen getötet worden. Die Premierministerin spricht von einem „Terrorakt“.

Einer der überlebenden Gläubigen, Mohan Ibrahim, berichtete der Zeitung „New Zealand Herald“ von einem „Schockmoment“. „Dann haben alle Leute angefangen davonzulaufen.“ Ein anderer Zeuge sagte: „Es fielen mindestens 50 Schüsse, sehr schnell hintereinander. Es können auch Hunderte gewesen sein.“

Die Kricketmannschaft von Bangladesch befand sich zum Zeitpunkt des Anschlags ebenfalls in der Masjid-al-Noor-Moschee, wie die BBC berichtet. Das gesamte Team konnte unverletzt flüchten, ein geplantes Spiel gegen Neuseeland wurde abgesagt – mehr dazu in sport.ORF.at.

Australien setzt Flaggen auf halbmast

Australien setze aus „Respekt und Trauer“ die Flaggen auf halbmast, wie Premierminister Morrison sagte. In einer Nachricht auf Twitter schrieb er: „Neuseeland wie auch Australien ist Heimat für Menschen aller Glaubensrichtungen, Kulturen und Hintergründe. Es gibt absolut keinen Platz in unseren Ländern für den Hass und die Intoleranz, die diese extremistische, terroristische Gewalt hervorgerufen haben, und wir verurteilen diese.“

Internationales Entsetzen über Anschlag

In Europa zeigte man sich angesichts des Anschlags in Neuseeland Freitagfrüh entsetzt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte die Tat: „Die Terrorattacke in Christchurch ist eine schreckliche und barbarische Attacke auf Menschen, die beten (…) wollten. So eine grausame und bösartige Tat muss sehr stark verurteilt werden“, so der Bundespräsident auf Twitter. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schrieb eine englische Nachricht auf Twitter, in der er sich „schockiert und traurig über den Terrorangriff“ zeigte.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, die EU werde „immer zu Neuseeland halten“ und gegen jene sein, „die verabscheuungswürdig unsere Gesellschaft und unsere Lebensweise vernichten“ wollen. Großbritanniens Premierministerin Theresa May drückte ihr Beileid aus, Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich „tief erschüttert“ über den Anschlag. US-Präsident Donald Trump drückte sein Mitgefühl nach dem „fürchterlichen Massaker“ aus. Auch die Glaubensgemeinschaften reagierten entsetzt auf den Anschlag – mehr dazu in religion.ORF.at.

Nur ein Prozent Muslime in Neuseeland

Nur rund ein Prozent der Bevölkerung von Neuseeland ist muslimischen Glaubens, wie aus Daten der Regierung hervorgeht. Insgesamt leben 46.000 Musliminnen und Muslimen in dem Land. Größte Religionsgruppe in Neuseeland ist das Christentum. Die Stadt Christchurch hat 350.000 Einwohner und liegt auf der Südinsel des Pazifikstaats. Bürgermeisterin Lianne Dalziel sagte: „Alle sind entsetzt. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas hier passieren kann.“

Später sagte sie im neuseeländischen Fernsehen: „Terrorismus ist darauf aus, Angst zu schüren – der einzige Weg, wie wir dieser Kraft entgegenwirken können, ist zusammenzuhalten, über Grenzen der Religion hinweg (…). Wir müssen dafür sorgen, dass uns das zusammenschweißt, nicht voneinander trennt.“