Slowakische Präsidentschaftskandidatin Zuzana Caputova
APA/AFP/Joe Klamar
Slowakei-Wahl

Caputova gewinnt erste Runde

Die liberale Anwältin Zuzana Caputova ist bei der slowakischen Präsidentenwahl ihrer Favoritenrolle aus den Umfragen gerecht geworden. Laut dem amtlichen Ergebnis lag sie mit rund 40,6 Prozent der Stimmen deutlich vor EU-Kommissar Maros Sefcovic.

Sefcovic war von den regierenden Sozialdemokraten nominiert worden und kam auf rund 18,7 Prozent. Die beiden treten nun in einer Stichwahl am 30. März gegeneinander an. Der drittplatzierte Rechtspopulist Stefan Harabin kam nach den Teilergebnissen auf 14,3 Prozent und verfehlte damit den Einzug in die zweite Runde, den viele Slowaken befürchtet hatten.

Dennoch bleibt für ihn ein starkes Ergebnis, ebenso wie für den Rechtsextremisten Marian Kotleba, der 10,4 Prozent der Stimmen erhielt. Anders als die proeuropäischen Kandidaten Caputova und Sefcovic hatten Harabin und Kotleba im Wahlkampf vor allem die EU-Flüchtlingspolitik kritisiert. An der Abstimmung beteiligten sich 48,7 Prozent der 4,4 Millionen Wahlberechtigten. Das slowakische Staatsoberhaupt hat vorwiegend repräsentative Aufgaben. Im Falle einer Regierungskrise kommt ihm aber eine entscheidende Rolle zu.

Politneuling Caputova punktete bei Medienauftritten

In einer ersten Stellungnahme vor slowakischen Medien erklärte Caputova ihren Erfolg als Ergebnis eines gesellschaftlichen Wunsches nach Veränderung. Doch auch wenn die vorläufigen Zahlen positiv aussähen, gelte es, das offizielle Endergebnis der Auszählung abzuwarten. Von TV-Sendern befragte Politologen waren sich einig, dass die 45-Jährige vor allem damit gepunktet habe, dass sie in Medienauftritten auch auf heikle Fragen klare Antworten gegeben habe. Selbst in der katholisch geprägten Wählerschaft sei ihre Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten besser angekommen als die ausweichenden Antworten von Sefcovic.

Slowakische Präsidentschaftskandidatin Zuzana Caputova
Reuters/David W Cerny
Caputova war vor ihrem Antreten weitgehend unbekannt

Caputovas Partei Fortschrittliche Slowakei (PS) ist noch nicht im Parlament vertreten, die Kandidatin war vor ihrem Antreten weitgehend unbekannt. Zuvor hatte sie bei einer angesehenen unabhängigen Bürgervereinigung als Anwältin gearbeitet. Politisch aktiv wurde sie aber erst Ende 2017 mit der PS. Mit ihren überraschenden Umfragewerten stellte Caputova zumindest zeitweise den amtierenden Sefcovic in den Schatten. Sefcovic ist parteilos, wird aber von der weiterhin stärksten Regierungspartei im Land, der Smer (Richtung) von Ex-Premier Robert Fico, unterstützt.

Journalistenmord versetzte Land in Schockzustand

Die Wahl wurde beeinflusst vom Mord an dem Investigativjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova vor einem Jahr. Erst vier Tage nach der Bluttat, am 25. Februar 2018, wurden die beiden nur 27 Jahre alten Opfer in ihrem Haus in Velka Maca erschossen aufgefunden. Allem Anschein nach hänge das Verbrechen mit der Arbeit des Aufdeckers zusammen, verkündete der damalige Polizeipräsident Tibor Gaspar. Kuciaks Arbeit über mafiöse Strukturen, die bis in höchste Kreise in Bratislava reichten, dürfte das Motiv gewesen sein.

Dem Doppelmord folgten in der Slowakei Massenproteste. Die Bürgerbewegung „Für eine anständige Slowakei“ organisierte Woche für Woche die größten Massenproteste seit der Wende, die schließlich die Regierung des dreimaligen Premierministers Robert Fico zu Fall brachten. Ein neues Kabinett unter dem jungen Sozialdemokraten Pellegrini sollte das Vertrauen in den Staat wiederherstellen. Es folgten aber immer weitere Enthüllungen von Kuciaks Kolleginnen und Kollegen.

Sorge vor Restriktionen

Restlos aufgeklärt ist der Mord an Kuciak zudem mehr als ein Jahr später immer noch nicht. Am Donnerstag beschuldigte ein Staatsanwalt einen bekannten slowakischen Unternehmer, den Mord an Kuciak in Auftrag gegeben zu haben. Er steht nun kurz vor der Anklage. Der Mann ist seit Sommer des vergangenen Jahres in Untersuchungshaft in einem nicht damit zusammenhängenden anderen Fall, er steht unter Verdacht, Wechselbetrug in Millionenhöhe begangen zu haben. Wann es zu einem Mordprozess kommt, ist vollkommen unklar.

Präsident der Slowakei Andrej Kiska
APA/AFP/Michal Cizek
Präsident Kiska trat nicht mehr an

Zudem fürchten viele weiter um die Unabhängigkeit und Sicherheit von Medien und Journalisten. Die derzeit regierende Koalition der Smer, der rechtspopulistischen SNS und der Ungarnpartei Most-Hid versucht derzeit ein Recht auf Gegenrede für Politiker durchzusetzen, das sich auch auf wahrheitsgemäße Äußerungen oder sogar politische Kommentare beziehen sollte. Im Parlament ist die heftig kritisierte Vorlage bereits in zweiter Lesung.

Den Präsidentschaftswahlkampf beherrschten überdies auch innenpolitische Turbulenzen. Ein wochenlanges Chaos rund um die misslungene Wahl neuer Verfassungsrichter zog alle Aufmerksamkeit auf sich, ebenso der inzwischen offene Konflikt zwischen dem scheidenden Staatspräsidenten Andrej Kiska und Ex-Premier Fico. Die beiden Rivalen standen einander vor fünf Jahren noch in einer Stichwahl gegenüber. Kiskas Bilanz als Präsident ist gemischt. Er selbst hatte schon im vergangenen Jahr angekündigt, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Im Wahlkampf rief er allerdings dazu auf, für Caputova zu stimmen.