Ungarischer Premier Viktor Orban
Reuters/Lisi Niesner
Streit mit EVP

Orban stellt Bedingungen für Verbleib

Wenige Tage vor dem möglichen Ausschluss seiner FIDESZ-Partei aus der konservativen EU-Fraktion Europäische Volkspartei (EVP) hat Ungarns Premier Viktor Orban Bedingungen für einen Verbleib genannt. Der Verbleib lohne sich aber nur, solange die EVP „sich nicht völlig auf die Seite der Migrationsbefürworter stellt“, so Orbans Kanzleiminister Antal Rogan am Sonntag.

Zudem müsse der Grenzschutz dem Kompetenzbereich der Europäischen Kommission entzogen und den Nationalstaaten übertragen werden. Der Rat der EU-Innenminister sollte mit allen Entscheidungsbefugnissen in Migrations- und Grenzschutzfragen ausgestattet und die Grenzschutzkosten der Mitgliedsstaaten zur Hälfte vom EU-Budget übernommen werden. „Solange diese Vorschläge nicht eindeutig vom Tisch gefegt werden, bleibt FIDESZ in der EVP“, sagte Rogan im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Orban hatte bereits im August 2017 verlangt, dass die EU die Hälfte der Kosten für den von ihm errichteten, umstrittenen Grenzzaun an Ungarns Südgrenzen bezahlen möge. Budapest hatte diese damals mit 800 Millionen Euro beziffert. Die EU war nicht darauf eingegangen.

Abstimmung über Verbleib am Mittwoch

In der Causa FIDESZ macht der EVP-Vorstand am kommenden Mittwoch ernst. Dann wird in Brüssel auf Antrag von 13 Mitgliedsparteien über den Ausschluss von Orbans Regierungspartei entschieden. Der rechtsnationale ungarische Politiker hat mit seiner Missachtung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien Zweifel geweckt, ob seine Partei noch in die EVP passt. Von Kritikern wird Orban auch vorgeworfen, in Ungarn seit Jahren Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen.

Ungarisches Plakat zeigt den US-Investor Soros und EU-Kommissionspräsident Juncker
AP/Pablo Gorondi
Für die Plakatkampagne gegen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Investor George Soros erntete Ungarn viel Kritik

Vor Kurzem hatte die EVP Orban jedoch noch die Möglichkeit gegeben, einzulenken – und drei Forderungen an ihn gestellt. So sollte sich Orban bei der EVP entschuldigen, die gegen die EU-Kommission gerichtete Plakatkampagne beenden und den Erhalt der Soros-Universität in Budapest sicherstellen. Die Plakatkampagne der Budapester Regierung hatte Unmut ausgelöst. Laut EVP diffamierte sie den EU-Kommissionspräsidenten Juncker mit falschen Behauptungen zur Migration – auch der US-Investor und Orban-Kritiker Soros war auf den Plakaten zu sehen. Diese Kampagne ließ Orban inzwischen weitgehend einstellen.

Weber: Entschuldigung Orbans ist erstes Signal

Nachdem der ungarische Regierungschef erst vor gut einer Woche mit einer neuen, rechten Allianz mit Polens nationalkonservativer Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) geliebäugelt hatte, schickte er vor Kurzem dann doch einen Entschuldigungsbrief an 13 EVP-Mitgliedsparteien. Orban habe sich in einem Brief an die Parteivertreter entsprechend geäußert, hieß es seitens Budapests. EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) hat die Entschuldigung als ein „erstes Signal“ bezeichnet. Die Grundsatzfrage sei damit noch nicht beantwortet.

Es wurde überdies spekuliert, dass FIDESZ unter anderem gemeinsam mit der PiS sowie der italienischen Lega ein ganz neues rechtes Bündnis im EU-Parlament bilden könne. Konkrete öffentliche Schritte blieben bisher noch aus. Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sagte, dass eine mögliche Gemeinschaft der FPÖ mit FIDESZ „noch Theorie“ sei. Die rechten Parteien im EU-Parlament sind derzeit noch zersplittert.

Angesichts der aktuellen Rauswurfdebatte kritisieren zahlreiche Fachleute, dass Weber die vergangene Entwicklung zu Rechtsabbau, Medienfreiheit und Antisemitismus in der Debatte zu sehr ausblende. Weber will sich nach der EU-Wahl zum Kommissionspräsidenten wählen lassen. Das würde ein Ausschluss der FIDESZ erheblich erschweren.

Entschuldigung für „nützliche Idioten“

Publik wurde auch ein Brief an den Vorsitzenden der belgischen Partei CD&V, Wouter Beke. Darin entschuldigt sich Orban allerdings nur dafür, dass er die einen Ausschluss fordernden Parteien „nützliche Idioten“ genannt hatte. Laut Orban handelt es sich um ein Zitat von Wladimir Iljitsch Lenin, mit dem er nicht Politiker, sondern eine bestimmte Politik kritisieren habe wollen. Die Aussage war in einem Interview mit einer deutschen Zeitung gefallen.

In dem auf Mittwoch datierten Brief, betonte er zudem, dass es „ernste Unstimmigkeiten“ zwischen FIDESZ und der CD&V beim „Problem der Migration, dem Schutz der christlichen Kultur und der Zukunft Europas“ gebe. „Ich halte es aber nicht für vernünftig, solche Meinungsverschiedenheiten durch einen Ausschluss zu lösen“. Der Auslöser für den Streit, die polemischen Plakate, werden in dem Brief nicht erwähnt.