Frau mit Tablet auf der Couch
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Apple, Disney, Warner

Generalangriff auf Netflix und Co.

Der Streamingmarkt befindet sich im Umbruch: Mit Apple, Disney und Warner blasen gleich drei Großunternehmen zum Angriff auf Netflix und Co. Den Anfang macht der iPhone-Hersteller, der laut US-Medien bereits am Montag einen eigenen Streamingdienst vorstellen wird.

Unter dem Motto „It’s Showtime“ lädt Apple am Montag zu einer Keynote in die Unternehmenszentrale in Cupertino, Kalifornien. Es wird keine gewöhnliche Produktpräsentation, das zeigt schon die Gästeliste: Im Steve-Jobs-Theater, dem 1.000 Sitze fassenden Auditorium im Apple Park, werden zahlreiche Hollywood-Studiochefs und -Stars erwartet. Der Tech-Riese war US-Medien zufolge in den vergangenen Monaten auf großer Einkaufstour in der Traumfabrik.

Wie die Konkurrenz – Netflix oder Amazon – setzt auch Apple auf Eigenproduktionen. Zwei Mrd. Dollar (fast 1,8 Mrd. Euro) soll der Konzern allein heuer dafür veranschlagt haben. Laut „New York Times“ („NYT“) stehen fünf Serien- und Filmprojekte bereits kurz vor der Fertigstellung. Das prestigeträchtigste ist eine Serie, die hinter die Kulissen einer US-Morgensendung schaut. Mit an Bord sind die Hollywood-Größen Reese Witherspoon und Jennifer Aniston, die am Montag auch im Steve-Jobs-Theater Platz nehmen könnten.

Spielberg gegen Netflix

Ebenfalls bei Apple angedockt hat Steven Spielberg. Der Konzern sicherte sich die Neuauflage von Spielbergs 80er-Mysteryserie „Unglaubliche Geschichten“. Dass der legendäre Produzent und Regisseur („E. T. – Der Außerirdische“, „Der weiße Hai“) mit einem Streamingdienst zusammenarbeitet, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Mit Apple-Konkurrent Netflix liegt Spielberg seit dem Oscar-Triumph der Netflix-Produktion „Roma“ im Clinch.

Reese Witherspoon
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Oscar-Preisträgerin Witherspoon setzt für Apple ein Serienprojekt mit Jennifer Aniston um

Spielberg fordert eine Regeländerung bei den Oscars, mit der Netflix von Einreichungen ausgeschlossen werden soll. „Filme, die symbolisch qualifiziert sind, weil sie kurze Zeit in einigen Kinos liefen, sollten nicht für die Oscars zugelassen werden“, sagte der Regisseur. Sollte es dazu kommen, könnten künftig womöglich auch Apple-Produktionen betroffen sein. Der Konzern lässt für seinen Streamingdienst auch Filme produzieren, darunter einen neuen Thriller von M. Night Shyamalan. Die Dreharbeiten sind laut „NYT“ bereits abgeschlossen.

Apple dürfte den Streamingdienst laut Bloomberg über seine Apple-TV-App zugänglich machen. Für Besitzerinnen und Besitzer eines iPhones oder iPads könnten die Inhalte gratis über die vorinstallierte App zugänglich gemacht werden. Diese Strategie könnte Apple laut der US-Analysefirma Wedbush Securities in den kommenden fünf Jahren bis zu 100 Mio. Abos bringen. Zum Vergleich: Bei Netflix zählt man aktuell nach Unternehmensangaben rund 140 Mio. Abonnements. Netflix rüstet sich bereits gegen die neue Konkurrenz. Das Unternehmen werde seine Filme nicht über Apples neuen Videodienst laufen lassen, sagte Konzernchef Reed Hastings.

Geld sticht Bedenken

Ganz unumstritten ist das Engagement Apples in Hollywood nicht. Ein Problem ist der „NYT“ zufolge die Geheimniskrämerei Apples, die in starkem Widerspruch zum Austausch innerhalb Hollywoods steht. Einige Serienverantwortliche sagten der Zeitung, dass sie von Apple bisher wenig bis gar keine Informationen erhalten hätten, wann ihre Produktion ausgestrahlt und wie sie beworben werden soll.

Apple Store in Manhattan
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Apple-Store: In Hollywood werden die Pläne des Tech-Konzerns mitunter skeptisch beäugt

Apple-Vorstandsmitglieder sollen zudem eine gewisse Überempfindlichkeit an den Tag gelegt haben, wenn es um die Darstellung von Apple-Produkten in den Serien ging, berichtete die „NYT“. Die Aussicht auf Apples finanzielle Zuwendungen sticht aber offenbar in vielen Fällen die Bedenken aus: Verträge mit Apple geschlossen haben laut „NYT“ unter anderen J. J. Abrams, Oprah Winfrey, Damien Chazelle und Chris Evans.

Das gilt auch für die Mitbewerber in den USA. Die Bezahlsender „Game of Thrones“-Produzent HBO, Showtime („Homeland“) und Starz („Amercian Gods“) müssten sich entscheiden, ob sie Apple als „existenzielle Bedrohung (…), potenziellen Partner oder irgendetwas dazwischen sehen“, schrieb Bloomberg. Bei der Füllung seiner Kinemathek ist Apple auf ebendiese Anbieter angewiesen. Laut Bloomberg laufen derzeit Gespräche zwischen Apple und den Muttergesellschaften der TV-Sender – darunter AT&T, CBS und das Hollywood-Studio Lionsgate –, die noch diese Woche abgeschlossen werden könnten.

Disney öffnet den Tresor

Zwei Wochen nach Apple wird Disney seinen neuen Streamingdienst präsentieren. Im Fokus von „Disney Play“, der Ende des Jahres starten soll, stehen Eigenproduktionen und Klassiker. Für Letztere ändert der Konzern seine Veröffentlichungspolitik und öffnet seinen Tresor, den berühmten „Disney Vault“. Disney-Klassiker wurden bisher nur in kleiner Auflage wiederaufgelegt. Statt auf Exklusivität setzt die Firma nun auf permanente Verfügbarkeit, zumindest für Abonnentinnen und Abonnenten.

Walt Disney CEO Robert Iger
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Disney-Chef Bob Iger: Der Konzern nimmt Netflix ins Visier

Zudem nimmt Disney Netflix ins Visier. Im Vorjahr verschwanden die „Star Wars“-Filme von der Plattform. Auch die Kooperation zwischen Netflix und den ebenfalls zu Disney gehörenden Marvel Studios neigt sich dem Ende zu. Marvels Superheldenserien – „Daredevil“ und „Jessica Jones“ – wurden von Netflix nicht mehr verlängert, und auch Marvels Kinoproduktionen sollen laut US-Medienberichten in absehbarer Zeit von der Plattform verschwinden.

Im Wettstreit mit Netflix kann Disney seit Kurzem auch auf die Bestände von 21st Century Fox zugreifen. Nach monatelangem Ringen konnte Disney die milliardenschwere Übernahme des Rivalen am Mittwoch abschließen. Disney schluckt unter anderem das Filmstudio 20th Century Fox sowie diverse Fernsehsender von Fox. Zudem wechseln attraktive Beteiligungen am Star-India-Netzwerk und am Streamingdienst Hulu den Besitzer.

Warner steigt in den Ring

In den stetig wachsenden Streamingmarkt will unterdessen auch WarnerMedia einsteigen. Starten soll der neue Videodienst laut „Variety“ bereits Ende des Jahres, seine Speerspitze soll der zum Unternehmen gehörende Bezahlsender HBO werden. Das Angebot auffetten soll zudem der Katalog von Warner Bros., einem der ältesten Hollywood-Studios. Bei den Ausgaben für die Entwicklungen von Filmen und Serien will sich der Konzern Warner Media indes an Konkurrent Netflix orientieren, der in diesem Bereich jährlich etwa acht Mrd. Dollar (sieben Mrd. Euro) ausgibt.