Pflanzenschutzmittel Roundup
APA/AFP/Josh Edelson
Teilurteil

Rückschlag für Bayer in Glyphosat-Streit

Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer hat in den USA einen wichtigen Teilprozess um angebliche Krebsrisiken durch das Pflanzenschutzmittel Glyphosat der Tochter Monsanto verloren. Das als Roundup im Handel erhältliche Mittel sei für die Krebserkrankung des Klägers mitverantwortlich, befand die Jury.

Das Urteil der sechsköpfigen Jury ist ein schwerer Rückschlag für den Chemie- und Pharmariesen Bayer. Die Entscheidung der Jury des Bundesbezirksgerichts in San Francisco fiel einstimmig. Demnach war das Unkrautvernichtungsmittel Roundup ein wesentlicher Faktor für die Lymphdrüsenkrebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman. Damit geht der Prozess nun in eine zweite Phase, in der geklärt werden soll, ob der US-Saatgutkonzern Monsanto über Risiken hinwegtäuschte und wie hoch der mögliche Schadenersatz ausfallen könnte.

Richtungsweisender Fall

Für Bayer ist dieser Fall hochbrisant, da es sich um einen richtungsweisenden „Bellwether Case“ handelt. Damit ist im US-Recht eine Art Musterfall in einem Massenverfahren gemeint. Mehrere dieser repräsentativen Fälle sind angesetzt. Sie sollen den Streitparteien helfen, das Ausmaß von Schäden und die Höhe denkbarer Vergleichszahlungen besser abschätzen zu können. Insgesamt sind bei dem zuständigen US-Richter Vince Chhabria mehrere hundert Klagen von Bauern, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt.

Die Jury wird nun als Nächstes die Beweisaufnahme in einer zweiten, separaten, Frage beginnen – nämlich, ob Monsanto für das Krebsrisiko verantwortlich gemacht werden soll. Sollte die Jury diese Frage beantworten – und das Urteil durch alle Instanzen halten – wären Monsanto bzw. Bayer mit riesigen Schadenersatzforderungen konfrontiert.

Tausende Klagen drohen

Fachleute hatten die Entscheidung von Bezirksrichter Chhabria, die Beweisaufnahme in zwei Teile zu teilen, als Vorteil für Bayer gesehen. Das hat sich nun allerdings nicht bestätigt. Bayer drohen Klagen von mehr als 11.200 Betroffenen, die behaupten, der Wirkstoff Glyphosat löse Krebs aus. Sechs weitere Prozesse sollen heuer US-weit starten.

Studien müssen veröffentlicht werden

Im März hatte Bayer im Fall Glyphosat auch in Europa eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied gegen die Kommission und urteilte, die Zulassungsbehörde müsse umstrittene Studien zu Glyphosat, die bisher geheim gehalten wurden, veröffentlichen. Allerdings läuft die Berufungsfrist noch.

Hintergrund des Urteils ist der jahrelange Streit über die weitere Nutzung von Glyphosat in der EU. Das Mittel war 2017 von den Mitgliedsstaaten für weitere fünf Jahre zugelassen worden. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte Glyphosat im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ für den Menschen ein. Die Lebensmittelbehörde EFSA, die Chemikalienagentur ECHA und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung sahen dafür aber keine Bestätigung.

Unter anderem vier grüne Europaparlamentarier klagten dagegen, dass EFSA ihnen den Zugang zu entsprechenden Studien verwehrt hatte. Die Lebensmittelbehörde begründete das mit dem Schutz der finanziellen Interessen der Unternehmen, die die Studien vorgelegt hatten – unter anderem das mittlerweile von Bayer übernommene Monsanto.

Das Luxemburger Höchstgericht urteilte, das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen, die Emissionen in die Umwelt beträfen, sei höher als der Schutz von Geschäftsinteressen. Das Interesse bestehe nicht nur darin, zu wissen, was in die Umwelt freigesetzt worden sei, sondern auch, wie die Umwelt dadurch beeinträchtigt werde.

Schatten und Licht in Bayer-Bilanz

Die Tausenden Glyphosat-Klagen belasten jedenfalls auch die Geschäftsaussichten von Bayer, wie bei der Bilanz im Februar klar wurde. Mit der Übernahme von Monsanto kaufte sich der Traditionskonzern eine endlos lange Liste an Rechtsstreitigkeiten ein.

Gleichzeitig stützte Monsanto im vergangenen Jahr aber das Ergebnis von Bayer und soll 2019 maßgeblich zu einer Verbesserung der operativen Rendite beitragen. Und so liegen Freud und Leid in Leverkusen derzeit nahe beieinander: „Wir haben die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt“, zeigte sich Vorstandschef Werner Baumann überzeugt. „Durch unsere Akquisition im Agrarbereich sind wir zur Nummer eins in diesem Markt aufgestiegen.“