Ungarns Premier Viktor Orban und Bundeskanzler Sebastian Kurz
Reuters/Heinz-Peter Bader
Orban-Partei

Kurz für Suspendierung von FIDESZ aus EVP

Die rechtspopulistische FIDESZ des ungarischen Premiers Viktor Orban könnte aus der Europäischen Volkspartei (EVP) zeitweise suspendiert werden. Kurz vor der Entscheidung der Fraktion am Mittwoch sprach sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dafür aus. FIDESZ reagierte prompt mit der Drohung, in diesem Fall die EVP selbst zu verlassen.

Kurz sagte, er sei für eine sechsmonatige Suspendierung der Mitgliedschaft von Orbans Partei aus der konservativen EVP. Die EVP-Spitze schlug am Mittwoch auch offiziell vor, die Mitgliedschaft der FIDESZ vorerst auf Eis zu legen. Das teilte EVP-Vorstandsmitglied Esther de Lange von der niederländischen Mitgliedspartei CDV mit. Die Suspendierung soll so lange gelten, bis ein Weisenrat aus dem früheren EU-Ratschef Herman van Rompuy, Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel und dem ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering beurteilt hat, ob die Partei langfristig die Kriterien zur Mitgliedschaft in der EVP erfüllt. Bis dahin sollen Rechte wie die Kandidatur für Parteiposten oder die Teilnahme an EVP-Treffen ruhen.

Streit in Vorstandssitzung

Eine tatsächliche Entscheidung über diesen Vorschlag sollte am Mittwochnachmittag in Brüssel fallen. Die Meinungen gingen jedoch stark auseinander, mehrmals wurde ein Abschluss verschoben. Manche EVP-Delegierte, darunter auch EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn, sprachen sich für eine Vertagung aus. Hahn erklärte, man sollte einen neuen Kompromiss erarbeiten.

EVP-Präsident Joseph Daul drohte gar mit Rücktritt, sollte es keinen Kompromiss geben. Laut EVP-Kreisen soll ein möglicher Kompromiss lauten: Das EVP-Präsidium und FIDESZ einigen sich gemeinsam darauf, die Mitgliedschaft zu suspendieren, bis ein Bericht eines Evaluierungskomitees fertig ist.

FIDESZ reagiert mit Drohung

Zuvor war durchgedrungen, dass FIDESZ strikt gegen eine Suspendierung wäre. „Das wäre die Vorstufe zu einem Ausschluss und es wäre inakzeptabel“, zitierte die regierungsnahe Budapester Tageszeitung „Magyar Nemzet“ (Mittwoch-Ausgabe) eine Stimme aus Regierungskreisen. Der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas formulierte es kurz vor der entscheidenden Sitzung drastischer: FIDESZ werde sofort austreten, sollte sich die EVP für eine Suspendierung aussprechen.

Ernst Gelegs (ORF) über die Reaktion von Orban

ORF-Korrespondent Ernst Gelegs analysiert die möglichen Folgen des FIDESZ-Ausschlusses.

Vizekanzler Heinz-Christan Strache (FPÖ) sagte am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat, sein Angebot an Orban sei nach wie vor aufrecht. Er wolle dessen Partei in einer neuen Rechtsfraktion willkommen heißen, sollte FIDESZ aus der EVP ausgeschlossen werden: „Ja, mein Angebot steht, ich schätze ihn. Sollte das der Fall sein, dass ein Ausschluss oder eine Suspendierung oder was auch immer erfolgt, dann wird er sich sicherlich auch um eine neue Fraktion bemühen.“

13 Parteien für Konsequenzen

Zuletzt hatten 13 EVP-Parteien den Ausschluss oder die zeitweise Suspendierung der FIDESZ gefordert. Vorangegangen war eine Plakatkampagne der ungarischen Regierung, die sich gegen den von der EVP gestellten EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker richtete. Auf dem Bild ist Juncker zusammen mit dem US-Milliardär Soros in unvorteilhafter Pose zu sehen, beide werden zudem mit falschen Behauptungen zur EU-Migrationspolitik diffamiert.

Grafik zur EVP
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/EU-Parlament

Kritikerinnen und Kritiker werfen Orban zudem vor, in Ungarn seit Jahren Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen, kritische Medien zum Schweigen zu bringen und die Opposition durch Repressalien wie willkürliche Geldstrafen zu schwächen. Seit Wochen ist daher ein möglicher Ausschluss im Gespräch. Sowohl EVP als auch FIDESZ hatten in der Folge Bedingungen gestellt, um eine volle Mitgliedschaft aufrechterhalten zu können.

EU-Kommissionspräsident Juncker forderte den Ausschluss der FIDESZ. „Ich rate meinen Parteifreunden, (…) dass die FIDESZ-Partei von Herrn Orban ausgeschlossen wird“, so Juncker am Mittwoch im Deutschlandfunk. Orbans Partei entferne sich seit Jahren „von den christdemokratischen Grundwerten“. Damit sei ihr „Platz außerhalb der Europäischen Volkspartei“.