Feuerwehr im Einsatz auf dem Times Square in New York
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New York

Sirenensound soll sanfter werden

Der Klang von New York könnte bald ein neuer sein: Statt zu heulen oder zu jaulen, sollen die Einsatzfahrzeuge künftig „düdeln“. Ein unlängst im Stadtrat eingebrachter Gesetzesantrag sieht den Ersatz der „Wail“- und „Yelp“-Signale durch Folgetonhörner vor, wie sie etwa in Österreich zur Anwendung kommen.

„Die Leute reagieren sehr emotional bei diesem Thema“, zitierte der „Guardian“ unlängst die Antragsstellerin, Stadträtin Helen Rosenthal. Rosenthal sagte, sie sei durch den Erfolg eines Pilotprojekts des Mount Sinai Hospital in Manhattan zu der Initiative inspiriert worden. Nach zahlreichen Beschwerden über nervtötende Sirenen der Einsatzwägen beschloss das Krankenhaus, auf ein Signal aus einem tiefen Ton und einem hohen Ton umzustellen.

2017 habe das Krankenhaus erst einmal vier Notfallfahrzeuge mit der neuen Sirene nach europäischem Vorbild ausgestattet, sagte Joseph Davis, leitender Direktor der Rettungsdienste des Mount Sinai. Technisch war das kein großer Aufwand. „Das Folgetonhorn war angenehmer, erzeugte nicht so einen durchdringenden Ton“, sagte Davis. Auch die Menschen auf der Straße hätten das so wahrgenommen – in Folge tauschte die Klinik ihre gesamte Einsatzflotte aus.

Die Beschwerden, die am häufigsten bei der Hotline der Stadt New York eingehen, betreffen Lärm – und Sirenen stehen dabei ganz oben auf der Liste. Vor allem für jene Menschen, die in der Nähe von Feuerwachen, Polizeistationen und Krankenhäusern leben, erweisen sich die Alarmtöne als tägliche Qual. Der Kampf darum, dass Einsatzzentralen nicht in der unmittelbaren Nachbarschaft ansässig werden, ist weit verbreitet.

Schwere Folgen des Lärms

Richard Neitzel, Professor für Umweltgesundheit an der University of Michigan, sagte dem „Guardian“, Sirenengeheul könne schwere gesundheitliche Folgen haben. Unvorhersehbare und unkontrollierbare Geräusche könnten zu Stress, Angstzuständen und sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. „Städte sollten sehr darauf achten, welche Geräuschumgebung sie schaffen. Dazu zählen auch Sirenen“, sagte Neitzel.

Die Menschen empfänden Folgetonhörner wahrscheinlich als angenehmer, weil sie die Tonfrequenz über einen längeren Zeitraum ausbreiten als andere Sirenen, sagte Neitzel. Im Vergleich dazu erzeugen „Wail“- und „Yelp“-Alarme eine kürzere, aber eindringlichere Tonfrequenz. Zweifel bestehen allerdings daran, dass Folgetonhörner die Patentlösung für New Yorks Kampf gegen den Lärm sind. Kritiker monieren, dass die Lautstärke der Sirenen unabhängig vom Typ das Hauptübel darstellen.

Einsatzkräfte in New York
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Der „Rumbler“, mit dem bereits viele Polizeiwägen in New York ausgestattet sind, erzeugt auch Vibrationen

Die Rettungsfahrzeuge des Mount Sinai sind bisher die einzigen in New York, die eine neue Sirene einsetzen. Feuerwehr und Polizei verwenden klassische US-Sirenen, bei der Polizei gibt es gar sechs unterschiedliche Töne, die höher und tiefer gestellt werden können, wie das Onlinemagazin New York Aktuell vor einigen Monaten berichtete.

„Rumbler“ lässt Umgebung erzittern

Zusätzlich kommt eine niederfrequente Sirene verstärkt zum Einsatz, die als „Rumbler“ bezeichnet wird. Diese erzeugt einen bassähnlichen Sound, die ein veränderbares Geräusch mit Vibrationen verbindet. Dem Hersteller zufolge hat die Sirene „den eindeutigen Vorteil, feste Materialien zu durchdringen und in Schwingung zu versetzen, wodurch Fahrzeuglenker die Schallwellen fühlen und vielleicht sogar ihre Wirkung durch einen rüttelnden Rückspiegel sehen können“.

So sollen auch jene Fahrer erreicht werden, die im Auto bei geschlossenen Fenstern laut Musik hören oder telefonieren – ob mit oder ohne Kopfhörer. Das Unternehmen warnte allerdings davor, dass die Sirene und die Lautsprecher „Gehörschäden verursachen können“, wie das Onlineportal Gothamist berichtete.

Geplant war, dass in den nächsten Jahren alle Polizeiwagen mit dieser neuartigen Sirene ausgerüstet werden. Ob das nun so kommt, ist angesichts des eingebrachten Gesetztesantrags fraglich. Ein Sprecher von New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio sagte, man erwäge die Einführung von Folgetonhörnern. „Unsere Stadt war schon immer bemüht, Sirenen so einzustellen, dass sie das Gehör der Bewohner nicht beeinträchtigen. Das ist eine Frage der Lebensqualität, die wir sehr ernst nehmen."

„Tüütaa – Tüütaa“ – aus Tradition

In Österreich dagegen sieht man keinen Bedarf nach Neuregelung – hier wird eine seit den 1950er Jahren bestehende Eigenheit hochgehalten: Polizei, Rettung und Feuerwehr können durch das Folgetonhorn voneinander unterschieden werden. Polizei: „Tatüü-Tatütatütatüü“, Rettung: „Tüütaa Tüütaa“, Feuerwehr: „Tatüü Tatüü“ lauten die Tonfolgen. Ausreichend vernehmbar sind diese auch.