Gipfeltreffen in Brüssel
APA/AFP/Emmanuel Dunand
Brexit-Aufschub

EU-Gipfel streitet über mögliche Frist

Die britische Premierministerin Theresa May hat am Donnerstag ihren Kampf um den Brexit in Brüssel fortgesetzt. Dort kamen die verbleibenden 27 Staats- und Regierungschefs der EU zusammen, um über einen Brexit-Aufschub zu beraten. Die Bedingung dafür gleicht jedoch einem Kampf gegen Windmühlen: Das Londoner Parlament muss dem Austrittsvertrag zustimmen.

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen laut dem Entwurf einer Gipfelerklärung einer Verschiebung des Brexit-Termins grundsätzlich zustimmen. Über die richtige Frist gingen aber die Meinungen auseinander. Zuletzt wurde ein zweistufiger Ansatz zur Verschiebung debattiert: Sollte das Austrittsabkommen in der kommenden Woche vom Parlament in London verabschiedet werden, würde Großbritannien eine Frist bis zum 22. Mai angeboten. Wenn nicht, hätte Großbritannien bis zum 12. April Zeit mitzuteilen, ob das Land an der EU-Wahl teilnimmt. Die Abgeordneten in London wollen am Montagabend über das weitere Vorgehen beraten.

Appell an London

May wollte am Donnerstag keine Antwort auf die Frage geben, was passiert, wenn sie mit ihrem Vertrag im britischen Parlament neuerlich scheitert und ob dann ein „Hard Brexit“ vorbereitet werde. May sagte: „Wichtig ist, dass das britische Parlament das Ergebnis des Referendums liefert, den Brexit. Ich hoffe aufrichtig, dass wir das mit einem Vertrag machen können. Das Parlament kann dem Deal zustimmen, damit wir geordnet aus der EU ausscheiden.“ May rief neuerlich ihre Abgeordneten auf anzuerkennen, dass der Brexit die Entscheidung des britischen Volkes sei. „Es ist nun an der Zeit, dass das Parlament entscheidet. Eine kurze Verlängerung gibt uns die Möglichkeit, die EU zu verlassen.“

Scheitert May nächste Woche mit ihrem Deal mit der EU erneut im Unterhaus in London, könnte es am 28. März wieder einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel geben. Wie es in EU-Ratskreisen weiter hieß, sei das aber noch nicht fixiert worden.

„Hard Brexit“ noch auf dem Tisch

Vor Beginn des Gipfels hatte es in der EU großteils Verständnis für eine Ausdehnung der Austrittsfrist gegeben. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte sich für eine Verlängerung des Brexit-Austrittsdatums ausgesprochen. „Eine Verschiebung löst nicht alles, aber es kann die letzte Chance sein, einen ‚Hard Brexit‘ zu verhindern“, sagte Kurz vor Beginn des EU-Gipfels. Diese letzte Chance sollte der Gipfel ergreifen.

Blick nach Brüssel

In Brüssel berät die EU über einen Brexit-Aufschub. Wie dieser aussehen soll, berichtet ORF-Korrespondent Tim Cupal.

Wir sollten bis zum letzten Moment alles daran setzen, einen geordneten Brexit hinzubekommen", sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel. Allerdings schließt auch Merkel nicht mehr aus, dass die Bemühungen scheitern.

Britische Armee richtet Einsatzzentrum ein

Dass dieses Risiko real ist, zeigt die britische Armee: Das Verteidigungsministerium habe für den Fall eines EU-Austritts Großbritanniens ohne ein Abkommen ein Einsatzzentrum in einem atombombensicheren Bunker im Zentrum von London eingerichtet, sagte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Dort gebe es die notwendige Infrastruktur und „ein Team, das bereit ist, jede Maßnahme zu unterstützen, wenn sie nötig wird“.

Im Dezember hatte das Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass 3.500 Soldaten bereitgestellt würden, um die Regierung im Fall eines ungeordneten Brexits bei unvorhergesehenen Entwicklungen zu unterstützen.

Kollision mit EU-Wahl

Der britische EU-Austritt wird nach derzeitiger Rechtslage am 29. März wirksam. Für eine Verschiebung ist die Zustimmung aller übrigen EU-Staaten notwendig. May hatte einen Aufschub bis Ende Juni beantragt. Das brächte vor allem aufgrund der EU-Wahl rechtliche und politische Schwierigkeiten mit sich.

Über 1,7 Millionen Briten und Britinnen unterzeichneten derweil eine Petition, die einen Verbleib ihres Landes in der EU fordert. Das Gesuch wurde auf der Website des britischen Parlaments freigeschaltet. Laut britischen Medien sollen ob des Andrangs die Server für die Eintragung bereits mehrmals zusammengebrochen sein. Für eine Debatte im Parlament sind 100.000 Unterschriften notwendig.