Verlassener Panzer auf den Golanhöhen
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USA

Trump: Golan als Teil Israels anerkennen

US-Präsident Donald Trump hat am Donnerstag mit dem Wunsch aufhorchen lassen, die USA sollten die Souveränität Israels über die Golanhöhen anerkennen. Die Annexion durch Israel ist international nicht anerkannt. Kritiker halten den Schritt für ein Wahlkampfgeschenk für Israels Premier Benjamin Netanjahu.

Trumps Ankündigung per Twitter kam am Donnerstag überraschend. „Nach 52 Jahren ist es Zeit für die USA, Israels Souveränität über die Golanhöhen voll anzuerkennen.“ Ob sich bereits konkrete Maßnahmen hinter der Botschaft verbergen, ließ Trump nicht wissen. Im Sechstagekrieg 1967 hatte Israel die syrischen Golanhöhen besetzt, 1981 folgte die einseitige Annexion des Gebiets, sie ist international nicht anerkannt.

Netanjahu begrüßte die Ankündigung. „Zu einer Zeit, zu der der Iran Syrien als Ausgangsbasis für die Vernichtung Israels nutzen will, anerkennt Präsident Trump mutig die israelische Souveränität über die Golanhöhen. Danke, Präsident Trump!“, twitterte Netanjahu. „Sie haben Geschichte geschrieben“, sagte er Trump angeblich später am Telefon.

Syrien und Türkei üben scharfe Kritik

In Syrien sorgte Trumps Tweet am Freitag für scharfe Kritik. Der Vorstoß sei unverantwortlich, so das syrische Außenministerium: „Die syrische Nation ist noch entschlossener, dieses wertvolle Stück syrisches Land durch alle zur Verfügung stehenden Mittel zu befreien.“ Als „gefährlich“ bezeichnete der Iran den Vorstoß. Der Iran werde die neue Entscheidung Trumps umgehend mit Syrien und anderen relevanten Ländern besprechen, sagte ein iranischer Außenamtssprecher.

Auch das NATO-Land Türkei verurteilte Trumps Wunsch. Ein solcher Schritt bringe die Region an den Rand einer neuen Krise, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan. „Die territoriale Integrität von Staaten ist das fundamentalste Prinzip internationalen Rechts“, schrieb Außenminister Mevlüt Cavusoglu in der Nacht auf Freitag auf Twitter. Versuche der USA, Israels Rechtsverstöße zu legitimieren, würden nur zu mehr Gewalt und Schmerz führen. „Die Türkei unterstützt die territoriale Integrität Syriens“, so Cavusoglu.

Pompeo an der Klagemauer

Der israelische Premier hatte am Donnerstag US-Außenminister Mike Pompeo in Jerusalem getroffen und mit ihm gemeinsam der Klagemauer – der heiligsten Gebetsstätte des Judentums – einen Besuch abgestattet. Pompeo sagte vor dem Besuch an der Klagemauer vor Journalisten: „Ich denke, es ist symbolisch, dass ein ranghoher US-Vertreter dort mit dem israelischen Regierungschef hingeht.“ Netanjahu besucht am Montag Trump im Weißen Haus in Washington.

Benajamin Netanyahu und Mike Pompeo
AP/Abir Sultan
Netanjahu und Pompeo besuchten am Donnerstag die Klagemauer

Netanjahu bemüht sich immer wieder international um eine Anerkennung der Golanhöhen als israelisch. Im Jänner betonte er bei einem Treffen mit dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, John Bolton, in Jerusalem: „Die Golanhöhen sind von enormer Bedeutung für unsere Sicherheit, und ich denke, wenn man an Ort und Stelle ist, versteht man sehr gut, warum wir den Golan niemals verlassen werden.“ Israel ist beunruhigt über die militärische Präsenz des Iran im Bürgerkriegsland Syrien und hat deshalb in den vergangenen Jahren wiederholt Ziele auf den Golanhöhen bombardiert.

Nicht mehr „besetzt“

Vor Kurzem hatte das US-Außenministerium seine Wortwahl zum Status der Golanhöhen geändert. In einem Bericht zur Menschenrechtslage in Israel bezeichnete das Ministerium die Gebiete als „von Israel kontrolliert“. Im vergangenen Jahr waren noch sowohl die Golanhöhen, als auch das ebenfalls 1967 eroberte Gebiet des Westjordanlandes als von Israel „besetzt“ bezeichnet worden.

Der US-Präsident hatte Ende 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und damit mit einem jahrzehntelangen internationalen Konsens gebrochen, einer endgültigen Friedensvereinbarung zwischen Israel und den Palästinensern nicht vorzugreifen. Die US-Botschaft in Israel wurde von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt und im Mai vergangenen Jahres offiziell eingeweiht.

Netanjahu will weiterregieren

Trumps Wunsch „verursacht schwere Bedenken“, sagte der frühere US-Verteidigungsminister Leon Panetta gegenüber CNN am Donnerstag. Er sah die Ankündigung als Hilfe für Netanjahu im Wahlkampf: Es sei schwer, nicht zu erkennen, dass es ein Versuch sei, Netanjahu dabei zu helfen, im Amt zu bleiben, so Panetta. In Israel wird am 9. April ein neues Parlament gewählt. Trotz Korruptionsermittlungen gegen ihn hofft Netanjahu auf ein weiteres Mandat.

Den Eindruck, er leiste mit dem Vorstoß Wahlkampfhilfe für Netanjahu, wies der US-Präsident in einem Interview mit dem Sender Fox Business zurück. „Ich würde davon nicht einmal etwas wissen“, sagte Trump. „Ich weiß nicht, ob es gerade großartig für ihn läuft, aber ich höre, dass er sich ganz okay schlägt“, fügte er mit Blick auf Netanjahu hinzu.

Die von Israel besetzten Golanhöhen
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Die Golanhöhen sind ein rund 1.150 Quadratkilometer großes Plateau

Die Golanhöhen sind ein Felsplateau oberhalb des Sees Genezareth mit der Stadt Tiberias und dicht besiedelten Gebieten im Norden Israels. Israel und Syrien streiten sich seit mehr als fünf Jahrzehnten darum. Das Gebiet ist militärstrategisch und wegen des Zugangs zu Wasserquellen bedeutsam. Dort leben unter anderen 25.000 Drusen, eine Religions- und Volksgruppe, die sich teilweise immer noch als syrisch ansieht. Damaskus dringt auf eine Rückgabe des ganzen Gebiets im Rahmen einer Friedenslösung.

Abzug Österreichs

Seit 1974 überwacht eine UNO-Truppe auf den Golanhöhen die Einhaltung des Waffenstillstands. Die Blauhelme der UNDOF-Mission kontrollieren eine etwa 235 Quadratkilometer große Pufferzone zwischen Israel und Syrien. Nach den jüngsten UNDOF-Angaben waren zuletzt rund 1.000 Soldaten aus neun Ländern in der Region stationiert. Im Juni 2013 beschloss Österreich den Abzug seiner rund 380 Soldaten von der Mission, nachdem es bei einem Grenzkontrollposten nahe der Stadt Kuneitra zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des syrischen Machthabers Baschar al-Assad gekommen war.