Boeing-Simulationen: Piloten blieben vor Crash 40 Sekunden

Boeing arbeitet derzeit an einem Update für die umstrittene Steuerungssoftware Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS), die als mögliche Ursache der beiden Flugzeugabstürze der 737-Max-8-Maschinen gilt. Im Zuge dessen wurden laut einem Bericht der „New York Times“ („NYT“) Flugsimulationen durchgeführt. Dabei wurde entdeckt, dass die Piloten der Unglücksmaschinen weniger als 40 Sekunden Zeit hatten, um das automatisierte Steuerungssystem außer Kraft zu setzen und so einen Absturz zu verhindern.

Beim MCAS melden Sensoren, die den Flugwinkel messen, dem System, wenn das Flugzeug zu übersteuern droht. Dann drückt ein Stabilisierungsmechanismus am Heck der Maschine die Nase wieder nach unten. Experten und Expertinnen werfen dem System aber vor, zu stark entgegengewirkt zu haben.

Drei Schalter, um System zu beenden

Das Zeitfenster könne durch korrektes Handeln zwar verlängert werden, jedoch nur, wenn zusätzlich zu jenem Schalter, der die durch das MCAS ausgelöste Bewegung stoppt, noch zwei weitere gedrückt werden, die das System endgültig beenden. Erst dann sei es möglich, so die „NYT“, manuell zu korrigieren, was durch die Fehlfunktion schiefgelaufen ist. Ansonsten beginnt die Software jedes Mal aufs Neue, die Maschine zu steuern.

Die Piloten der Unglücksmaschinen sollen über die Software jedoch nicht ausreichend informiert gewesen sein – sie sollen in den Minuten vor dem Absturz eiligst das Handbuch durchkämmt haben, um eine mögliche Ursache für die Flugprobleme zu bekommen.

Neue Software lässt Piloten leichter eingreifen

Boeing räumt bei der nachgebesserten Software Insidern zufolge den Piloten wieder mehr Handlungsspielraum ein. Das Softwareupdate verhindere den wiederholten automatischen Eingriff des Flugkontrollsystems, sagten zwei mit den angelaufenen Schulungen für Piloten vertraute Personen der Agentur Reuters.

Zudem würde das System ganz abgeschaltet, wenn zwei Sensoren stark abweichende Daten lieferten. Ein Warnhinweis soll die Piloten dann darüber informieren, dass das MCAS-System abgeschaltet ist. Das Softwareupdate muss allerdings noch durch die US-Flugbehörde (FAA) genehmigt werden. Die Aufsichtsbehörden in Europa und Kanada hatten zudem angekündigt, sich für eine Starterlaubnis der weltweit mit Flugverbot belegten Unglücksmaschine nicht auf ihre US-Kollegen verlassen und das Flugkontrollsystem MCAS unabhängig prüfen zu wollen.