Biomasseheizkraftwerk in Baden
ORF.at/Michael Baldauf
Ökostromnovelle

Umstrittene Regelung im Ministerrat

Wenige Wochen nachdem die SPÖ im Bundesrat eine Verlängerung der Förderung für Biomasseheizkraftwerke zu Fall gebracht hat, fixiert die Regierung nun eine einfachgesetzliche Regelung. Für die Regierung ist es die Rettung von 47 Anlagen vor dem Aus. Von der SPÖ und der Arbeiterkammer (AK) kommt weiter teils heftige Kritik.

Zusätzlich sollte die ÖVP-FPÖ-Koalition auch die Ökostrombefreiung für einkommensschwache Haushalte beschließen. „Wir schaffen Rechtssicherheit für 47 Biomasseanlagen und überwinden damit die Blockade der SPÖ“, sagte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) im Vorfeld. Einmal mehr warf sie den Sozialdemokraten rund um diese Thematik „parteitaktische Spielchen“ vor.

Die SPÖ hatte den ursprünglichen Plänen von ÖVP und FPÖ nämlich insofern einen Strich durch die Rechnung gemacht, als sie den Regierungsfraktionen im Bundesrat nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit für ihr ursprüngliches Gesetzesvorhaben verschaffte. Mit der neuen Gesetzeskonstruktion ist keine Zweidrittelmehrheit mehr nötig. Im Nationalrat beschlossen werden soll das Gesetz Ende April.

Streit um Förderung für Biomasse

Ein zentraler Punkt des alten wie auch neuen Gesetzesvorhabens waren bzw. sind Förderungen für 47 Biomassekraftwerke, die für drei Jahre insgesamt 140 bis 150 Mio. Euro Hilfe erhalten sollen. Deren Förderung war plangemäß ausgelaufen.

An dieser Subvention entzündeten sich die gegensätzlichen Positionen. Die Regierungsparteien wiesen darauf hin, dass in der gesamten Wertschöpfungskette über 6.000 Arbeitsplätze an (allen rund 130) Biomassekraftwerken hängen, viel regionale Wertschöpfung entstehe und heimisches Holz dort verwertet werde. Als Alternative müssten Strom aus fossilen Energieträgern oder Atomstrom zum Einsatz kommen. Die SPÖ machte geltend, dass nur rund 200 direkte Jobs in den 47 Kraftwerken betroffen seien, die genaue Verwendung der Förderung nicht im Gesetz stehe und arme Menschen zu wenig entlastet würden.

Biomasseanlage
ORF.at/Christian Öser
Biomassekraftwerke rechnen sich ohne Förderung für viele Betreiber nicht

Köstinger: Rasche Hilfe

„Uns war wichtig, hier rasch eine tragfähige Lösung zu finden, die die Zukunft der Biomasseanlagen sichert“, betonte Köstinger. Zu den Subventionen für die 47 Kraftwerke hieß es aus dem Ministerium: „Wir gehen davon aus, dass wir deutlich unter den 50 Mio. Euro pro Jahr liegen werden.“ Man habe eine Lösung, die den Anlagenbetreibern möglichst rasch helfen und dafür sorgen soll, dass die Ökostromanlagen nicht vom Netz gehen.

Duzdar: „Viele Unsicherheiten“

Das neue Biomasse-Grundsatzgesetz, das die Notwendigkeit der Zweidrittelmehrheit umgeht, ist für die SPÖ aber nur ein „hoch kompliziertes, unsicheres Konstrukt mit vielen Unsicherheiten für die Betreiber“, kritisierte kürzlich deren Energiesprecherin Muna Duzdar.

Eine bundesweite Lösung sei ursprünglich nicht umsonst entstanden und sei auch weiterhin angebracht, denn derzeit sollten, geht es nach der Bundesregierung, zehn neue Gesetze – ein Grundsatzgesetz und neun Landesgesetze („Ausführungsgesetze“) – geschaffen werden, bemängelte Duzdar einen „entstehenden Förderdschungel und Fleckerlteppich“.

AK: Mehrkosten für Haushalte

Die AK bekräftigte am Montag ihre Kritik am Biomassegesetz. Die geplante neue Förderung sei die schlechteste Lösung, um Biomasse zukunftsfit zu machen. Denn das Gesetz sei für die Anlagenbetreiber mit hohen rechtlichen und damit auch wirtschaftlichen Risiken verbunden. Auch auf die privaten Haushalte kämen spürbare Mehrkosten zu, da die Finanzierung der Ökostromförderung nicht über Steuern erfolge, sondern direkt über die jährliche Stromrechnung zu bezahlen sei.

Umweltministerin Elisabeth Köstinger
APA/Georg Hochmuth
Köstinger hofft auf Zweidrittelmehrheit für Befreiung ärmerer Haushalte

SPÖ-Antrag und ÖVP-FPÖ-Beschluss

Dass es nun auch zur gänzlichen Befreiung Ärmerer von der Ökostromabgabe kommt, hatte sich die SPÖ auf ihre Fahnen geheftet. „Wir haben den gleichen Antrag im Bundesrat eingebracht, und der wurde auch beschlossen“, hatte Duzdar gesagt. Duzdar und Köstinger betonen stets, dass ihre Parteien die Energiearmut bekämpfen wollten.

„300.000 sozial schwache Haushalte wollen wir von der Ökostromabgabe befreien. Diese Befreiung beschließen wir am Mittwoch im Ministerrat. Ich hoffe sehr, dass es dafür eine Zweidrittelmehrheit im Parlament gibt. Das muss allen Parteien ein Anliegen sein“, so Köstinger nicht zuletzt in Richtung SPÖ.

Derzeit bezahlt ein durchschnittlicher Haushalt 70 bis 90 Euro Ökostrombeitrag im Jahr. Ärmere – Sozialhilfe- und Pensionsbezieherinnen/Sozialhilfe- und Pensionsbezieher sowie Studierende und Pflegegeldbezieherinnen/Pflegegeldbezieher – haben derzeit eine Deckelung der Ökostromabgabe in Höhe von 20 Euro jährlich. Nun fällt die Abgabe für die Ärmeren ganz, gleich wie bei der GIS.

Köstinger ist überzeugt, dass die einfachgesetzliche Regelung juristisch hält. Es sei ein juristisches Gutachten eingeholt worden, und der Verfassungsdienst habe die Regelung ebenfalls „geprüft und bestätigt“.

Übergangslösung bis zu neuem Rahmengesetz

Bei der nunmehrigen Regelung handelt es sich grundsätzlich um eine Übergangslösung. Das Ökostromgesetz, das die Förderung erneuerbarer Energien regelt, soll nämlich im „Erneuerbaren Ausbau Gesetz“ (EAG) aufgehen, das derzeit im Umweltministerium ausgearbeitet wird. Wie und wie sehr dann künftig die verschiedenen Formen erneuerbarer Energie gefördert werden, ist naturgemäß noch offen. Das EAG ist wiederum Teil des nationalen Energie- und Klimaplans, der im Jänner 2020 in Kraft treten soll. Denn bis dahin muss die Regierung der EU konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele übermitteln.