Theresa May
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Deal abgelehnt

Nächste Brexit-Schlappe für May

Das britische Parlament hat den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag am Freitag erneut abgelehnt. 344 Abgeordnete stimmten dagegen, 286 dafür. Nun droht dem Land entweder ein Austritt ohne Abkommen am 12. April oder eine lange Verschiebung des Brexits mit einer Teilnahme an der Europawahl Ende Mai.

Für Premierministerin Theresa May ist das Nein des Parlaments ein weiterer herber Rückschlag. Die Ablehnung des Vertrags werde „schwere“ Folgen haben, sagte May nach der Abstimmung und warnte vor einem harten Brexit. Sie hatte die Abstimmung im Vorfeld als „letzte Chance“ bezeichnet, „um den Brexit sicherzustellen“.

Um die dritte Abstimmung überhaupt zu ermöglichen, hatte May auf einen Trick zurückgreifen müssen: Das Vertragspaket zum EU-Austritt wurde in zwei Teile zerlegt, damit Parlamentspräsident John Bercow die Abstimmung zustande kommen lässt. Ein drittes Votum über das gesamte Paket hatte Bercow kürzlich verhindert.

Gerüchte über Neuwahl

Die Regierungschefin kündigte an, sich aber weiterhin für einen geordneten EU-Austritt einzusetzen. Britische Medien spekulieren nun, was das genau heißen könnte. Als Alternative zu einem Brexit ohne Deal könnte nun auch eine langwierigere Verzögerung kommen. So machten Gerüchte die Runde, May könnte eine Neuwahl ansetzen und dafür von der EU einen Aufschub des Brexit-Termins bekommen. Das würde aber wohl heißen, dass die Briten auch an der EU-Wahl im Mai teilnehmen müssen.

Johnson und Co. stimmten mit May

Für den Fall eines Erfolgs hatte sie ihren baldigen Rücktritt in Aussicht gestellt. Aus diesem Grund stimmten auch einige Befürworter eines harten Brexits für die Regierungsvorlage, darunter Ex-Außenminister Boris Johnson, Ex-Brexit-Minister Dominic Raab und der ultrakonservative Parlamentarier Jacob Rees-Mogg. Dieser hatte eigentlich angekündigt, nur zustimmen, wenn auch die nordirische DUP mitstimmt. Doch diese hatte schon zuvor angekündigt, dass ihre zehn Parlamentarier gegen den Deal stimmen würden.

Pro-Brexit Demo
AP/Tim Ireland
In London demonstrierten am Freitag Brexit-Befürworter und forderten den Austritt aus der EU

Labour dagegen

Genau diese Rücktrittdrohung schreckte die oppositionelle Labour Party ab, sie fürchtete einen Brexiteer als Mays Nachfolger – und die Folgen bei den nächsten Brexit-Schritten. Fast geschlossen stimmte Labour gegen den Deal, nur fünf Abgeordnete widersetzten sich der Parteilinie. Oppositionschef Jeremy Corbyn verlangte einen Rücktritt Mays und eine Neuwahl.

Theoretisch könnte May einen weiteren Versuch unternehmen, ihr Brexit-Abkommen doch noch durchs Parlament zu bringen. Die von May ebenfalls mit Brüssel vereinbarte Erklärung zur Beziehung beider Seiten nach dem Austritt, also der zweite Teil des Deals mit der EU, stand am Freitag nicht zur Abstimmung.

Kommission kündigt EU-Sondergipfel an

EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte kurz nach Bekanntwerden des Votums einen EU-Sondergipfel am 10. April an. „Im Lichte der Ablehnung des Austrittsabkommens durch das Unterhaus habe ich entschieden, einen Europäischen Rat für 10. April einzuberufen“, twitterte Tusk.

Die EU-Kommission hält jetzt einen britischen EU-Austritt ohne Vertrag am 12. April für wahrscheinlich. Man bedauere das Votum, sagte ein EU-Kommissionssprecher. Damit gelte die vorige Woche mit der EU vereinbarte Verschiebung des Brexits vom 29. März bis zum 12. April. Nun sei es an Großbritannien, vor diesem Datum zu erklären, wie es weitergehen könnte.

„Die EU wird vereint bleiben“, betonte der Sprecher. Die Gemeinschaft sei auf einen Austritt Großbritanniens ohne Vertrag gut vorbereitet. Die Vorteile des Austrittsvertrags, darunter die vorgesehene Übergangsphase bis Ende 2020, würden bei einem Austritt keinesfalls mit angeboten. Einzelne „Mini-Deals“ seien keine Option.

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erwartet einen „harten Brexit“, sollte die britische Regierung in den kommenden beiden Wochen nicht noch einen neuen Plan vorlegen. Die EU und auch sein Land seien auf einen harten Ausstieg aber gut vorbereitet, twitterte Kurz.

Unterhaus will noch einmal Alternativen sondieren

Die britischen Abgeordneten arbeiten indes bereits auf eigene Faust an einem Plan B zu Mays Brexit-Deal. Am Montag soll das Parlament eine zweite Runde an Testabstimmungen über Alternativen zu dem Abkommen abhalten. Bei der ersten Runde hatten sich die Parlamentarier noch nicht auf eine Option einigen können – alle acht zur Abstimmung stehenden Vorschläge wurden abgelehnt. Die meisten Ja-Stimmen entfielen dabei auf ein zweites Referendum über den EU-Austritt und auf den Vorschlag, nach dem Ausscheiden in einer Zollunion mit der EU zu bleiben.

Beides scheint nun nicht mehr ausgeschlossen. Auch Brüssel signalisierte bereits Offenheit für Verhandlungen über eine engere Anbindung Großbritanniens an die EU. Auch die Hoffnungen auf eine zweite Volksabstimmung und eine Abkehr vom Brexit sind nicht ganz erloschen. 2016 hatte sich eine knappe Mehrheit der Briten in einem Referendum für den Austritt des Landes aus der EU ausgesprochen.