Die Präsidentschaftskanzlei der Hofburg
ORF.at/Roland Winkler
Bundespräsidentenwahl

FPÖ blitzt mit Schadenersatzforderung ab

Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen hat sich am Freitag mit der Klage der FPÖ gegen die Republik wegen der vergangenen Bundespräsidentenwahl beschäftigt. Richterin Margit Schaller legte ihre Rechtsansicht dar. Sie sieht keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das Verfahren wurde am Freitag geschlossen, das Urteil ergeht schriftlich.

Schaller schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein. Zunächst sollte also entschieden werden, ob überhaupt ein Anspruch auf Schadenersatz besteht. Diese Frage sei nicht in einem Beweisverfahren zu klären, sondern es handle sich um eine reine Rechtsfrage, so die Richterin.

Schaller legte ihre Rechtsansicht am Freitagvormittag dar. Die Wahlvorschriften zielten darauf ab, den freien Wählerwillen zu schützen, sagte sie. „Davon ist meiner Ansicht nach aber das Vermögen des Wahlwerbers selbst – und noch weniger das Vermögen der klagenden Partei – nicht umfasst.“ Der Schutzbereich dieser Norm reiche nicht so weit, dass dadurch bloße Vermögensschäden umfasst wären, meinte Schaller. Die FPÖ sieht keine Niederlage: „Absolut nicht“, so FPÖ-Anwalt Dieter Böhmdorfer beim Verlassen des Gerichtssaales auf die Frage, ob das Verfahren eine „krachende Niederlage“ gewesen sei. „Es ist der Beginn eines wahrscheinlich sehr erfolgreichen Prozesses für uns“, so der FPÖ-Anwalt.

Richterin Margit Schaller
APA/Herbert Pfarrhofer
Richterin Margit Schaller im Gerichtsgebäude

Böhmdorfer: „Möglicherweise durch alle Instanzen“

Böhmdorfer warf Schaller in der nur rund eine Stunde dauernden Verhandlung eine „unrichtige Rechtsauffassung“ vor. „Es wäre grotesk anzunehmen, dass diese Kosten nicht ersetzt werden, wenn diese Kosten durch mehrere Verschiebungen frustriert werden und zur Aushöhlung des Vermögens eines Kandidaten oder einer ihn unterstützenden Gruppe führen“, so Böhmdorfer.

Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer
APA/Herbert Pfarrhofer
FPÖ-Anwalt Dieter Böhmdorfer vor Beginn der Verhandlung

Die Richterin verwies darauf, dass es zur Frage, ob der Schutzzweck der Wahlvorschriften solch einen Vermögensschaden umfasst, noch keine Rechtsprechung gebe. Diese Frage gelte es zu klären, möglicherweise durch alle Instanzen. „Da diese Frage eine reine Rechtsfrage ist, kann man das ohne aufwendiges Rechtsverfahren vorerst einmal klären“, sagte sie. Ihrer Ansicht nach besteht kein Anspruch auf Schadenersatz.

Martin Windisch von der Finanzprokuratur, der die Republik Österreich vertrat, war ebenfalls der Überzeugung, dass der Schutzzweck der Wahlvorschriften darin liege, die freie Willensäußerung des Wählers zu schützen. Es gehe nicht darum, „finanzielle Interessen von Unterstützern der Wahlteilnehmer zu schützen“.

Urteil für FPÖ „demokratiepolitisch brandgefährlich“

Die FPÖ beurteilte die Entscheidung in einer Aussendung als bedenklich. „Würde das Gericht tatsächlich zum Ergebnis gelangen, dass die entstandenen Mehrkosten der FPÖ und natürlich auch der anderen Parteien nicht ersatzfähig sind, weil nach Ansicht des Gerichts bloße Vermögensschäden im konkreten Fall nicht vom Schutzzweck der laut VfGH verletzten Normen umfasst sind, dann wäre dies demokratiepolitisch brandgefährlich“, so der freiheitliche Abgeordnete Markus Tschank.

„Nur öffentlich geförderte Parteien“ würden „durch Behördenversagen finanziell ausgeblutet und könnten an Wahlwiederholungen mangels Finanzmittel praktisch nicht mehr oder nur eingeschränkt teilnehmen“, so Tschank: „Keine Partei würde mehr eine Wahlanfechtung anstrengen, weil sie finanziell nicht mehr tragbar ist. Das gefährdet letztlich die demokratische Rechtsordnung.“

Der Verein „Gemeinsam für Van der Bellen“ sieht sich hingegen bestätigt. Der Verein, der die Präsidentschaftskandidatur für Alexander Van der Bellen organisiert hatte, hatte auf eine eigene Klage verzichtet. „Natürlich ist es legitim, Rechtsmittel zu ergreifen. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass es hier um Steuergeld geht“, so Obmann Lothar Lockl.

3,4 Mio. Euro gefordert

Die FPÖ hatte insgesamt acht Mio. Euro in den gescheiterten Wahlkampf ihres Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer investiert. 3,4 Mio. Euro davon forderten die Bundespartei und die neun Landesparteien von der Republik zurück. Die Summe setzt sich jeweils etwa zur Hälfte aus Wahlkampfkosten für die aufgehobene Stichwahl im Mai und für die verschobene Wiederholung zusammen. Wahlsieger Alexander Van der Bellen verzichtete auf eine Schadenersatzklage gegen die Republik.

Kritik an der Klage der FPÖ übte NEOS-Generalsekretär Nikola Donig. Dieser Vorgang sei zwar vielleicht rechtlich gedeckt, jedoch nicht redlich, befand Donig in einer Aussendung am Freitag. „Erst schamlos die Wahlkampfkostenbeschränkung bei der Nationalratswahl um 3,7 Millionen Euro zu überschreiten, um dann zu versuchen, sich fast die gleiche Summe von der Republik zu holen, ist ein allzu leicht durchschaubares Vorgehen, um die Parteifinanzen zu sanieren“, so Donig.

Wegen Klebstoffproblems Wiederholung verschoben

Der Wahlkampf zur Bundespräsidentenwahl dauerte fast ein Jahr. Der erste Wahlgang erfolgte im April, im Mai kam es dann zur Stichwahl zwischen Hofer und Van der Bellen, die der frühere Grünen-Chef knapp gewann. Die FPÖ brachte die Stichwahl damals wegen Unregelmäßigkeiten seitens der Wahlbehörden vor den Verfassungsgerichtshof, der die Wahl aufhob. Die Wiederholung war für 2. Oktober angesetzt, wurde aber wegen Problemen mit dem Klebstoff auf den Wahlkartenkuverts auf Dezember verschoben.

FPÖ klagte Republik

Die FPÖ hat die Republik wegen Schadenersatzes für die verschobene Bundespräsidentenwahl geklagt. Die Richterin sah indes keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Die für die fehlerhaften Kuverts verantwortliche Firma hatte bereits 2017 500.000 Euro Schadenersatz an die Republik bezahlt. Mit weiteren Regressforderungen müssen allerdings die Leiter jener 14 Wahlbehörden rechnen, deren fehlerhaftes Vorgehen bei der Auszählung der Stimmen für die Wahlwiederholung verantwortlich war. Die Finanzprokuratur hat nämlich Schadenersatzklagen gegen sie angekündigt.