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„Totalüberwachung“

Scharfe Kritik an Digitalsteuerentwurf

Die von der Regierung geplante Digitalsteuer ist am Freitag scharf kritisiert worden. Künftig soll die IP-Adresse darüber entscheiden, ob eine Werbeleistung in Österreich erbracht wurde – Unternehmen müssten diese bis zu sieben Jahre aufbewahren, wie bei Papierbelegen. Der Internetprovider-Verband ISPA spricht von „Totalüberwachung“, Kritik kommt auch von der Opposition.

Im Gesetzesentwurf, der am Donnerstag von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) in Begutachtung geschickt wurde, heißt es: „Eine Onlinewerbeleistung gilt als im Inland erbracht, wenn sie auf dem Gerät eines Nutzers mit inländischer IP-Adresse erscheint und sich ihrem Inhalt und ihrer Gestaltung nach (auch) an inländische Nutzer richtet.“ Laut den Erläuterungen ist das nötig, „um rein ausländische Onlinewerbeleistungen vom Anwendungsbereich auszunehmen“.

Zwar steht im Gesetzesentwurf nicht explizit, dass Werbeanbieter wie Google und Facebook IP-Adressen speichern müssen. In den Erläuterungen ist jedoch von einer „siebenjährigen Aufbewahrungspflicht nach § 132 Bundesabgabenordnung“ die Rede.

Finanzministerium bestätigt Speicherpflicht

Das Finanzministerium bestätigte in einer der APA übermittelten Stellungnahme die Speicherpflicht. „Die Bundesabgabenordnung sieht schon seit 60 Jahren vor, dass Unternehmen ihre Belege sieben Jahre lang aufbewahren müssen.“ Die Aufzeichnungspflichten würden sich nicht auf konkrete Personen, sondern auf die erzielten Umsätze beziehen. „Das BMF (Finanzministerium, Anm.) hat kein Interesse an personenbezogenen Daten und wird sie daher auch nicht abfragen“, heißt es in dem schriftlichen Statement. Ohne Speicherung der IP-Adressen sei eine Kontrolle der Steuereingaben nicht möglich.

Im Umkehrschluss würde die Regelung bedeuten, dass die Unternehmen auch ausländische IP-Adressen ablegen müssen, um bei Kontrollen der österreichischen Steuerbehörden darlegen zu können, dass die Werbung an Zielgruppen außerhalb Österreichs gerichtet war. Der „Standard“ berichtet, dass auch „sonstige Geoortungsinstrumente“ dazu verwendet werden könnten.

Provider-Verband sieht Grundrechte in Gefahr

Harte Kritik kommt von den Internetanbietern. „Die Bundesregierung hebelt unter dem Vorwand, eine Digitalsteuer einzuführen, um sogenannte Internetgiganten stärker zu besteuern, die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger aus. Sie schafft hiermit gigantische Datensilos für Werbefirmen und ebnet gleichzeitig der Totalüberwachung und der Bespitzelung der österreichischen Bevölkerung den Weg“, kritisierte ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert in einer Aussendung. Er bezeichnete das Gesetz als „Totalüberwachungsgesetz“.

SPÖ und NEOS schlossen sich am Freitagnachmittag der Kritik der ISPA an. „Das ist in der Schwere des Eingriffes vergleichbar mit der vom EuGH und vom VfGH verbotenen Vorratsdatenspeicherung“, erklärte SPÖ-Datenschutzsprecher Walter Bacher. Er kündigte an, damit den Datenschutzrat zu befassen, der am 26. April zusammenkommt. NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak zweifelte, ob das die Digitalsteuer, die jährlich rund 25 Mio. Euro einbringen soll, das wert ist. „Ich halte es für massiv gefährlich, jene Informationen zu sammeln, nur um die ohnehin äußerst fragwürdige Digitalsteuer durchzuboxen“, so Scherak.

Möglicher Konflikt mit DSGVO

Der NEOS-Klubobmann brachte auch die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ins Spiel: „Laut Datenschutzgrundverordnung handelt es dabei um personenbezogene Daten und um solche, die den Standort eines Users bestimmen.“ Gegenüber dem „Standard“ sagte Rechtsanwalt Markus Dörfler, dass der Entwurf nicht konform mit den Vorgaben der DSGVO sei. Diese sieht vor, so wenig Daten wie möglich zu sammeln.

Werbeabgabe von fünf Prozent

Die geplante Onlinewerbeabgabe von fünf Prozent betrifft Unternehmen wie Google und Facebook, die weltweit einen Umsatz von mehr als 750 Mio. Euro, davon 25 Mio. Euro in Österreich, machen. „Das ist nicht ein Thema im Sinne einer Steuerbelastung, sondern das ist die Fairnessgrundlage gerade für die großen internationalen Konzerne, in dem Bereich auch einen Beitrag zu liefern“, sagte Löger im Ö1-Morgenjournal. Neben der Werbeabgabe sind auch zwei weitere Maßnahmen vorgesehen: Eine Ausdehnung der Einfuhrumsatzsteuer im Onlinehandel sowie eine Haftungsklausel für Onlinevermittlungsplattformen.