Bundeskanzler Sebastian Kurz
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Identitäre

Kurz akzeptiert Straches „Abgrenzung“

Die Verbindungen der FPÖ zu den rechtsextremen Identitären hatte in den vergangenen Tagen für den ersten sichtbaren Konflikt in der ÖVP-FPÖ-Koalition gesorgt. Am Samstag versuchte die Regierungsspitze, die Wogen zu glätten. FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache sprach von einer „klaren Trennungslinie“. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich mit dieser „Abgrenzung“ zufrieden.

Auf dem oberösterreichischen Landesparteitag der FPÖ hatte Strache sich von den Rechtsextremen abgegrenzt. „Wir wollen mit der Identitären Bewegung nichts zu tun haben. Das ist nicht unsere Gesinnung.“ Das betonte Strache kurz darauf auch in einer Presseaussendung: „Es wird auch in Zukunft keine personellen, funktionellen oder aktionistischen Überschneidungen geben.“ Dabei verwies der FPÖ-Chef auf einen Beschluss des Bundesparteivorstandes, aufgrund dessen „personelle Verflechtungen“ nicht möglich seien.

Kurz bezeichnete diese Aussagen als „wichtigen und notwendigen Schritt“. In einer Aussendung erkannte er die „Ankündigung und Abgrenzung“ der FPÖ zu den Identitären an: „Dieses widerliche Gedankengut hat in unserer freien und liberalen Gesellschaft keinen Platz. Es ist daher wichtig, dass klare Grenzen gegen jede Form von Extremismus zu ziehen sind“, betonte der Kanzler. Kurz hatte eine klare Distanzierung des Koalitionspartners zu den Rechtsextremen gefordert – bei politischen Funktionsträgern, wie auch bei den Mitarbeitern.

Bericht: Identitäre bei Polizei

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will indessen etwaige Sympathisanten der Identitären bei der Polizei prüfen. Die „Presse“ hatte zuvor unter Berufung auf Informationen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) berichtet, dass es auch innerhalb der Polizei Identitäre gebe. „Ja, wir wissen von manchen, das ist Gegenstand von Ermittlungen“, zitierte die Zeitung das BVT.

Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl
APA/Roland Schlager
Innenminister Kickl will etwaige Sympathisanten der rechtsextremen Identitären bei der Polizei prüfen

Es gebe für die Polizei keine Sperrvermerke, reagierte das Innenministerium gegenüber der „Presse“. Alle Polizisten würden einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Gegenüber der Tageszeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe) nahm Kickl ebenfalls Stellung: „Niemand, der aus extremistischen Motiven heraus unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat ablehnt und zur Gewalt aufruft, sie verherrlicht oder anwendet, hat in der Polizei Platz.“

Haimbuchner vermied Thema Identitäre

Lob gab es für Kickl am Samstag jedenfalls aus Oberösterreich: „Herbert Kickl ist der richtige Innenminister, zur richtigen Zeit mit den richtigen Maßnahmen“, sagte FPÖ-Oberösterreich-Chef Manfred Haimbuchner, der am Samstag auf dem Landesparteitag in Linz mit 97,3 Prozent in seinem Amt bestätigt wurde. Haimbuchner sprach von „Hetze gegen die FPÖ“, vermied das Thema Identitäre in seiner Rede aber weitgehend – mehr dazu in ooe.ORF.at. Noch am Freitag hatte er im Interview mit Ö1 gesagt, dass er keinen Grund sehe, sich von den Identitären abzugrenzen, „weil ich keine Gemeinsamkeiten habe“.

Manfred Haimbuchner und Heinz Christian Strache Landesparteitag der FPÖ
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FPÖ-OÖ-Chef Haimbuchner (l.) ging auf dem Landesparteitag nicht auf die Identitären ein

Im Interview ging Haimbuchner auch darauf ein, dass ein FPÖ-naher Verein in der Linzer Villa Hagen Räumlichkeiten für Identitäre zur Verfügung stellt, und stellte die Auflösung des Mietvertrags in den Raum. Weiters forderte er einen Referenten der Landes-FPÖ auf, seine Anteile an dem Rechtsaußenmagazin „Info-Direkt“ abzugeben. Der Mitarbeiter werde sich darüber Gedanken machen, „ob es gescheit ist oder nicht gescheit ist, Anteile an einer Zeitschrift zu halten. Das ist seine persönliche Entscheidung“, so Haimbuchner – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Strache zieht Trennlinie zu Identitären

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist am Samstag auf Distanz zu den rechtsextremen Identitären gegangen. Es gebe keinerlei organisatorische, strukturelle oder finanzielle Verflechtungen.

„Darf keine Überschneidungen geben“

Auf dem Landesparteitag der FPÖ Oberösterreich trafen Haimbuchners Aussagen Medienberichten zufolge nicht auf ungeteilte Zustimmung. „Meine Art ist das nicht, ich rede zuerst mit meinen Leuten, wenn es Gesprächsbedarf gibt“, sagte der Linzer Vizebürgermeister Markus Hein der APA. Mehr habe er dazu nicht zu sagen.

Auf die Frage, ob es von Haimbuchner gescheit gewesen sei, den Anteilsverkauf von „Info-Direkt“ anzustoßen, sagte FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek: „Das überlasse ich dem Landesparteiobmann zu entscheiden, das zu beurteilen.“ Er habe auch darin inseriert, habe dem „alternativen Medium eine Chance geben“ wollen. Zudem wehre er sich auch dagegen, „dass alle die im patriotischen Bereich tätig sind, per se kriminalisiert werden“. Daher sei er mit Aussagen vorsichtig, wo man die rote Linie ziehe.

Wenn FPÖ-Landesrat Podgorschek in einem rechtsradikalen Magazin inseriert oder ein FPÖ-Mitarbeiter Anteile daran hält, ist das für Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) kein Problem. Für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei jeder selbst verantwortlich, und „dieses Inserieren liegt in der Verantwortung eines Regierungsmitglieds“, sagte er in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“ – Audio dazu in oe1.ORF.at. Verbindungen von Rechtsextremen zu politisch Verantwortlichen dürfe es aber nicht geben: „Es darf zwischen politischen Verantwortungsträgern und dieser Gruppierung keinerlei Überschneidungen geben.“

„Bei mir wäre so etwas nicht möglich“

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) äußerte sich am Samstag indes erstmals zu den Aussagen des Grazer FPÖ-Chefs Mario Eustacchio zu den Identitären. Eustacchio wollte sich nicht deutlich von der rechtsextremen Gruppe abgrenzen.

Derartiges würde er in der Steirischen Volkspartei nicht akzeptieren, sagte Schützenhöfer: „Die FPÖ ist eine starke Partei. Ich kann mir vorstellen, dass sie es nicht notwendig hat, sich mit Leuten zu umgeben, die nicht wirklich mit dem demokratischen Spektrum in Zusammenhang zu bringen sind. Bei mir wäre so etwas jedenfalls nicht möglich“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Opposition kritisiert Kurz’ „Absolution“

Die Opposition findet die Distanzierungsversuche der FPÖ von den „Identitären“ unglaubwürdig und kritisiert Kanzler Kurz. Die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz kritisierte am Sonntag die „Absolution“ des Bundeskanzlers für seinen Koalitionspartner. „Offensichtlich ist ihm der Koalitionsfrieden zugunsten seiner Wahlkampfspender wichtiger als eine echte Trennlinie zu Identitären“, so Schatz in einer Aussendung.

Schatz sieht weiterhin Verflechtungen zwischen FPÖ und Identitären auf ideologischer, organisatorischer und personeller Ebene: „Wer das leugnet und nicht sieht, ist naiv oder ignorant.“ Kurz solle seinen Worten Taten folgen lassen und nicht so tun, als wäre nichts gewesen.

Auch Stephanie Krisper von NEOS sieht „trotz aller Abgrenzungsversuche deutliche Verstrickungen“ zwischen FPÖ und Identitären. Sie verweist diesbezüglich auf die via „Kurier“ und „Kleine Zeitung“ veröffentlichte Kommunikationsstrategie der Identitären aus 2016, in der FPÖ-nahe Medien wie Unzensuriert.at, FPÖ-TV, aber auch Straches Facebook-Account als Verbreitungskanäle zum Aufbau einer „Gegenöffentlichkeit“ genannt werden. Kurz seien die engen Kontakte der FPÖ zu Rechtsextremen natürlich bekannt, kritisiert Krisper: „Seine empörte Strenge ist eine unfassbare Scheinheiligkeit! Er weiß ganz genau, mit wem er koaliert.“