Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ)
APA/Georg Hochmuth
„Absolution“ für FPÖ

Opposition übt Kritik an Kurz

Die Opposition findet die Distanzierungsversuche der FPÖ von den rechtsextremen Identitären unglaubwürdig und kritisiert Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dieser hatte am Wochenende die Abgrenzung seines Koalitionspartners akzeptiert. Für SPÖ und NEOS reicht das allerdings nicht aus.

Die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz kritisierte am Sonntag die „Absolution“ des Bundeskanzlers für seinen Koalitionspartner. „Offensichtlich ist ihm der Koalitionsfrieden zugunsten seiner Wahlkampfspender wichtiger als eine echte Trennlinie zu Identitären“, so Schatz in einer Aussendung.

Schatz sieht weiterhin Verflechtungen zwischen FPÖ und Identitären auf ideologischer, organisatorischer und personeller Ebene: „Wer das leugnet und nicht sieht, ist naiv oder ignorant.“ Kurz solle seinen Worten Taten folgen lassen und nicht so tun, als wäre nichts gewesen.

Abgrenzungsversuche „unglaubwürdig“

Auch Stephanie Krisper von NEOS sieht „trotz aller Abgrenzungsversuche deutliche Verstrickungen“ zwischen FPÖ und Identitären. Sie verweist diesbezüglich auf die via „Kurier“ und „Kleine Zeitung“ veröffentlichte Kommunikationsstrategie der Identitären von 2016, in der FPÖ-nahe Medien wie Unzensuriert.at, FPÖ-TV, aber auch den Facebook-Account von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Verbreitungskanäle zum Aufbau einer „Gegenöffentlichkeit“ genannt werden. Kurz seien die engen Kontakte der FPÖ zu Rechtsextremen natürlich bekannt, kritisierte Krisper: „Seine empörte Strenge ist eine unfassbare Scheinheiligkeit! Er weiß ganz genau, mit wem er koaliert.“

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper
ORF.at/Roland Winkler
NEOS-Mandatarin Krisper: Kurz’ „empörte Strenge ist eine Scheinheiligkeit“

Auf die bekanntgewordene Kommunikationsstrategie der Rechtsextremen bezog sich auch Jetzt-Abgeordnete Alma Zadic. In dem internen Papier bezeichneten die Identitären die FPÖ als ihre „Lobby", so Zadic: „Das zeigt einmal mehr, dass die FPÖ der legale Arm der Identitären Bewegung ist und nicht die Identitäre Bewegung der illegale Arm der FPÖ“. Straches Abgrenzungsversuche seien „unglaubwürdig“. Kanzler Kurz dürfe diese leeren Worthülsen nicht einfach akzeptieren.

Strache: „Klare Trennungslinie“ zu Identitären

Die Verbindungen der FPÖ zu den rechtsextremen Identitären hatte in den vergangenen Tagen für den ersten sichtbaren Konflikt in der ÖVP-FPÖ-Koalition gesorgt. Am Samstag versuchte die Regierungsspitze, die Wogen zu glätten. Strache sprach von einer „klaren Trennungslinie“, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich mit dieser „Abgrenzung“ zufrieden.

Strache zieht Trennlinie zu Identitären

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist am Samstag auf Distanz zu den rechtsextremen Identitären gegangen. Es gebe keinerlei organisatorische, strukturelle oder finanzielle Verflechtungen.

„Wir wollen mit der Identitären Bewegung nichts zu tun haben. Das ist nicht unsere Gesinnung“, sagte Strache am Samstag auf dem Landesparteitag der FPÖ Oberösterreich. Kurz darauf bekräftigte er via Aussendung: „Es wird auch in Zukunft keine personellen, funktionellen oder aktionistischen Überschneidungen geben.“ Dabei verwies der FPÖ-Chef auf einen Beschluss des Bundesparteivorstandes, aufgrund dessen „personelle Verflechtungen“ nicht möglich seien.

Kurz bezeichnete diese Aussagen als „wichtigen und notwendigen Schritt“. In einer Aussendung erkannte er die „Ankündigung und Abgrenzung“ der FPÖ zu den Identitären an: „Dieses widerliche Gedankengut hat in unserer freien und liberalen Gesellschaft keinen Platz. Es ist daher wichtig, dass klare Grenzen gegen jede Form von Extremismus zu ziehen sind“, betonte der Kanzler. Kurz hatte eine klare Distanzierung des Koalitionspartners zu den Rechtsextremen gefordert – bei politischen Funktionsträgern, wie auch bei den Mitarbeitern.

Kneissl: Teile Aussagen des Kanzlers

FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl sagte am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“, sie teile die Aussagen des Kanzlers. Zur Abgrenzung der FPÖ zu den Identitären meinte sie, dass bei dem Treffen in Linz alles gesagt worden sei. Für Kneissl sind die Identitären „inakzeptabel“ – sie seien eine Gruppierung, die sich Instrumenten bediene, „die mit dem Rechtsstaat nicht vereinbar sind“.

FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl: Identitäre „inakzeptabel“

Außenministerin Kneissl in der ORF-„Pressestunde“ über die „inakzeptablen“ Identitären und die Distanzierung der FPÖ von der Gruppe.

Identitäre beschimpften Strache auf Twitter

Die rechtsextremen Identitären reagierten mit Empörung auf die Absage des FPÖ-Chefs an ihre Gruppierung. Heftige Reaktion rief auch der Umstand hervor, dass Strache Mitglieder der Gruppierung auf Twitter blockiert hatte. Einige Identitäre sollen Strache daraufhin im Kurznachrichtendienst beschimpft haben, berichtete der „Kurier“.

Identitären-Sprecher Martin Sellner erinnerte seinerseits an die seit Jahren bekannte Vergangenheit Straches in rechtsradikalen Kreisen. Via Social Media teilte Sellner ein Foto, das den jugendlichen Strache bei Wehrsportübungen zeigt, beklagte die „Spaltung und Selbstzerfleischung des patriotischen Lagers“ und kritisierte, dass ausgerechnet Strache die „Nazikeule“ gegen ihn verwende.

„Strache erklärt die Identitären Bewegung zum Feind. (…) Wenn die Identitären Bewegung extremistisch ist, dann ist es die FPÖ auch“, so Sellner, der ein „Gesprächsangebot“ an Strache richtete.

Bericht: Identitäre bei Polizei

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will indes etwaige Sympathisanten der Identitären bei der Polizei prüfen. Die „Presse“ hatte zuvor unter Berufung auf Informationen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) berichtet, dass es auch innerhalb der Polizei Identitäre gebe. „Ja, wir wissen von manchen, das ist Gegenstand von Ermittlungen“, zitierte die Zeitung das BVT.

Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl
APA/Roland Schlager
Innenminister Kickl will etwaige Sympathisanten der rechtsextremen Identitären bei der Polizei prüfen

Es gebe für die Polizei keine Sperrvermerke, reagierte das Innenministerium gegenüber der „Presse“. Alle Polizisten würden einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Gegenüber der Tageszeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe) nahm Kickl ebenfalls Stellung: „Niemand, der aus extremistischen Motiven heraus unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat ablehnt und zur Gewalt aufruft, sie verherrlicht oder anwendet, hat in der Polizei Platz.“