Noch bevor die letzten Schlachten auf dem Bildschirm geschlagen werden, hat HBO schon einen Trailer zu den möglichen Folgen veröffentlicht. Im englischen Original trägt er den Titel „Aftermath“ (Nachwirkungen). Auf YouTube, in Foren und Sozialen Netzwerken haben Fans den 70 Sekunden langen Clip eingehend analysiert. Für Kennerinnen und Kenner von „Game of Thrones“ hält fast jede Einstellung einen Hinweis parat auf das vermeintliche Schicksal dieser oder jener Figur.
„Game of Thrones“ basiert auf der Fantasyreihe „Das Lied von Eis und Feuer“ des US-Autors George R. R. Martin. Martin ist berüchtigt für seinen Umgang mit zentralen Charakteren: Auf dem fiktiven Kontinent Westeros sind Berühmtheit und Beliebtheit beim lesenden Publikum kein Garant dafür, am Leben zu bleiben. Im Ringen um den Eisernen Thron und die Herrschaft über die sieben Königreiche werden mörderische Intrigen gesponnen. Die Kategorien „Gut“ und „Böse“ sind in „GoT“ relativ. Und ein edles Gemüt hat in der mittelalterlichen Fantasiewelt noch niemanden gerettet – ganz im Gegenteil.
Falsche Fährten und 174.373 Tote
Während das lesende Publikum wohl noch ein Weilchen auf den neuesten Band der „Eis und Feuer“-Reihe warten muss, neigt sich die Handlung in der Fernsehserie ihrem Ende zu. An Kompromisslosigkeit stehen die Serienschöpfer David Benioff und D. B. Weiss Buchautor Martin in nichts nach. In den bisherigen sieben Staffeln sollen 174.373 Menschen getötet worden sein, wie ein YouTuber errechnet haben will. Was aber nicht heißen muss, dass das in Büchern und Serie oft gebrauchte Sprichwort „Valar morghulis“ („Alle Menschen müssen sterben“) Wirklichkeit wird.
Denn: Das Legen falscher Fährten gehört zum fixen Bestandteil des Phänomens „Game of Thrones“. In der Vergangenheit waren immer wieder entscheidende Details zur Handlung und zum Schicksal von Charakteren an die Öffentlichkeit gelangt. HBO soll deshalb Medienberichten zufolge selbst falsche Spoiler in Umlauf gebracht haben. Zudem wurden gezielt Informationen an die Öffentlichkeit gespielt, um den Hype weiter anzufachen – etwa, dass die finale Schlachtszene ganze 55 Drehtage in Anspruch genommen habe.
Magische Drehbücher
Was die Sicherheitsvorkehrungen an den Filmsets betrifft, wird nichts dem Zufall überlassen. Die Schauspielerin Sophie Turner, die in der Serie Sansa Stark verkörpert, berichtete in einem Interview von einer eigenen Drohnenabwehr an Drehorten in Nordirland. Außerdem habe man „falsche Szenen“ aufgenommen und sich bei einem Dreh in Kroatien die Kostüme angezogen, um Paparazzi zu täuschen. Die Drehbücher erhält das Ensemble laut Nikolaj Coster-Waldau (Jaime Lennister) nur noch digital über eine App: „Man lädt die App herunter, die Skripts kommen, und wenn man sie durch hat, verschwinden sie auf magische Weise“, sagte Coster-Waldau.
Seit der Ausstrahlung der ersten Folge am 17. April 2011 hat „Game of Thrones“ zahlreiche Rekorde aufgestellt. Die Serie ist die meistgesehene HBO-Produktion aller Zeiten. Spitzenreiter unter den Episoden ist das Finale der siebenten Staffel, das vor zwei Jahren mehr als 30 Mio. Menschen vor die Geräte lockte. Zudem ist „Game of Thrones“ jene Serie, die weltweit am öftesten illegal heruntergeladen wurde.
Größter Arbeitgeber der Fernsehgeschichte
„Game of Thrones“ gehört zu den teuersten Produktionen der Fernsehgeschichte. Im Durchschnitt schlug jede Folge der achten Staffel mit etwa zehn Mio. Dollar (knapp neun Mio. Euro) zu Buche. Die beiden letzten, je 80 Minuten langen Folgen kosten zusammen umgerechnet fast 26 Mio. Euro.
Einen guten Teil der Ausgaben machen die Gagen der Stars aus: Allein die Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller verdienen pro Episode eine halbe Million Dollar. Das gesamte Ensemble umfasst rund 800 Schauspielerinnen und Schauspieler. „Game of Thrones“ ist Medienberichten zufolge zudem der größte Arbeitergeber in der TV-Historie. Mehr als 3.600 Beschäftigte setzten die Serie an Drehorten in acht Ländern weltweit um. Hinzu kommen die Kosten für aufwendige Spezialeffekte, die Ausstattung und die Postproduktion.
Dem stehen für HBO Millioneneinnahmen aus dem Verkauf von DVDs und Fanartikeln gegenüber. Die Produktion der ersten sechs Staffeln soll sich laut Medienberichten rein über den DVD-Verkauf finanziert haben. Die Drehorte wurden zu Pilgerstätten für „GoT“-Fans. Das bringt nicht nur Geld, sondern auch Probleme: Die kroatische Hafenstadt Dubrovnik etwa, die als Vorlage für Westeros’ Hauptstadt Königsmund dient und schon zuvor bei Reisenden beliebt war, will Besuchsbeschränkungen für ihre Altstadt einführen.
„Müll, der süchtig macht“
Mit dem Budget setzten die Serienmacher epische Schlachtszenen um, die man so im Fernsehen noch nicht gesehen hat. Daneben wurde das Publikum fast schon mit einem Überangebot an Sex- und Nacktszenen konfrontiert. Für viel Kritik sorgte zudem die Darstellung von Vergewaltigungen und Gewalt an Frauen.
Abseits der Kontroversen wurde immer wieder über den künstlerischen Wert der Serie debattiert. Für die einen hat sie die Kunst des Erzählens im TV auf eine neue Stufe gehoben; für andere ist „GoT“ nichts weiter als eine mit Gewaltszenen gespickte Seifenoper. Der indisch-britische Literat Salman Rushdie wählte sozusagen den Mittelweg – und bezeichnete die Serie einmal als „Müll, der süchtig macht“.
Aus der Popkultur ist die Serie indes nicht mehr wegzudenken. „Game of Thrones“ inspirierte unzählige Memes, bekannte Sätze wie „Winter is coming“ („Der Winter naht“) fanden Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch. Detail am Rande: Erstmals zu hören ist der Satz in Minute elf der allerersten Folge von „Game of Thrones“. Der Themensong des deutsch-iranischen Komponisten Ramin Djawadi erlangte Weltruhm und wurde hundertfach gecovert, der Soundtrack wurde von Orchestern auf weltweiten Konzerttourneen gespielt.
Die lange Nacht
HBO bemüht sich unterdessen, den Schwung von „Game of Thrones“ mitzunehmen. Die Konkurrenz wächst, mit Apple und Disney drängen zwei finanzstarke Konzerne auf den Streamingmarkt. Mit der Produktion eines „GoT“-Prequels soll laut HBO noch heuer begonnen werden. Die Handlung ist ein Jahrtausend vor den Geschehnissen in „Game of Thrones“ angesiedelt, für die Hauptrolle konnte Hollywood-Star Naomi Watts gewonnen werden. Gerüchten zufolge soll die Serie den Titel „The Long Night“ („Die lange Nacht“) tragen. Ein Startdatum ist noch nicht bekannt.
Indes suchen auch andere Anbieter nach dem nächsten großen Ding nach „Game of Thrones“. Immer wieder als würdiger Nachfolger genannt wurde die Science-Fiction-Serie „Westworld“. Zwei Staffeln wurden bis dato produziert, ein weltweiter Hype blieb aber aus. Auch Historienserien wie „Vikings“ wirbelten einigen Staub auf, aber nicht annähernd in „GoT“-Dimensionen.
Bessere Chancen könnte Amazon mit seiner geplanten „Herr der Ringe“-Serie haben. Das Genre wäre jenem von „Game of Thrones“ ähnlich, Figuren und Handlungsstränge gibt es in der Welt J. R. R. Tolkiens in Hülle und Fülle. Selbiges gilt fürs Budget: Amazon ist Medienberichten zufolge bereit, für die Adaption der Saga eine Milliarde Dollar (900 Mio. Euro) lockerzumachen – die Serie wäre damit die teuerste, die je produziert wurde.