Christian Pilnacek (Justizministerium) und Peter Goldgruber (Innenministerium) im Rahmen einer PK zum Thema „Hausdurchsuchungen in rechtsradikaler Szene“
APA/Helmut Fohringer
Ermittlungen nach Konzert

32 Razzien in rechtsextremer Szene

Die Polizei hat am Dienstag 32 Razzien in der rechtsextremen Szene in ganz Österreich durchgeführt. Das gaben die Generalsekretäre im Justiz- und Innenministerium, Christian Pilnacek und Peter Goldgruber, bei einer Pressekonferenz in Wien bekannt. Der Ausgangspunkt des Großeinsatzes liegt bereits über ein Jahr zurück – einen Zusammenhang mit der laufenden Politdebatte rund um die rechtsextremen Identitären gibt es laut Pilnacek nicht.

An den Hausdurchsuchungen waren 217 Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), der zuständigen Landesämter für Verfassungsschutz, des Einsatzkommandos Cobra und der jeweiligen Einsatzeinheiten in den Ländern beteiligt. Ermittelt wird wegen Verstoßes gegen den Paragrafen 3g Verbotsgesetz.

Im Visier der Einsatzkräfte standen laut Goldgruber die Besucher eines Konzerts eines „einschlägig bekannten Sängers“. Bei dem Konzert, das im März 2018 „im Mürztal zwischen Bruck an der Mur und Mürzzuschlag“ stattfand, wurden demnach einige Identitäten festgestellt. Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen wurden weder der Namen des Musikers noch des Veranstalters genannt. Letzterer ist Pilnacek zufolge aber amtsbekannt und bereits wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz verurteilt.

Christian Pilnacek (Justizministerium) und Peter Goldgruber (Innenministerium) im Rahmen einer PK zum Thema „Hausdurchsuchungen in rechtsradikaler Szene“
APA/Helmut Fohringer
Pilnacek und Goldgruber verwiesen mehrmals auf die gute Zusammenarbeit der an den Razzien beteiligten Behörden

Laut der die Ermittlung führenden Staatsanwaltschaft Leoben laufen die Ermittlungen seit Anfang 2018 gegen mittlerweile rund 90 Beschuldigte, wobei der 1990 in der Steiermark geborene Organisator offenbar als Hauptbeschuldigter geführt werde.

Bisher keine Festnahmen

Laut Goldgruber sind mit Ausnahme von Tirol in allen Bundesländern Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Dabei sei umfangreiches einschlägiges Material sichergestellt worden. Dazu kamen Waffen, sagte Goldgruber. „Es wurden auch Waffenverbote ausgesprochen.“ Goldgruber sprach in diesem Zusammenhang von einem „entscheidenden Schlag gegen die Neonazi-Szene“. Festnahmen habe es bisher noch keine gegeben. 32 Personen seien zur sofortigen Vernehmung vorgeladen worden, so Pilnacek. Der Rest hänge nun von den „weiteren Ermittlungsschritten“ ab.

„Deutlicher Schlag gegen die Neonazi-Szene“

217 Beamte waren am Dienstag bei 32 Hausdurchsuchungen im Einsatz. Bei einer Pressekonferenz war von einem „deutlichen Schlag gegen die Neonazi-Szene“ die Rede.

„Heroisierung nazistischer Ideen“

Dem Täterkreis sei es „um eine Heroisierung nazistischer Ideen gegangen“, sagte Pilnacek, bevor bei der Pressekonferenz Fotos präsentiert wurden, die unter anderem Darstellungen von Mitgliedern des rassistischen Geheimbundes Ku Klux Klan oder der Schwarzen Sonne zeigen, eines wichtigen Erkennungssymbols der rechtsextremen und rechtsesoterischen Szene. Gezeigt wurde auch eine laut Pilnacek „eindrucksvolle Tätowierung, die zeigt, welches Gedankengut sich solche Menschen einbrennen lassen“.

Christian Pilnacek (Justizministerium) im Rahmen einer PK zum Thema „Hausdurchsuchungen in rechtsradikaler Szene“
APA/Helmut Fohringer
Bei der Pressekonferenz wurden auch Bilder der gefundenen Waffen gezeigt

Auch einige der sichergestellten Waffen und Kriegsmaterialien waren zu sehen, darunter Schusswaffen, Granaten sowie verschiedene Hieb- und Stichwaffen. Ob und inwieweit die Waffen funktionsfähig sind, sollen nun kriminaltechnische Untersuchungen weisen.

„BVT voll handlungsfähig“

Dass es erst jetzt zu der Aktion kam, erklärte die Staatsanwaltschaft damit, dass „neben den sehr aufwendigen Ermittlungen (…) mit der Bearbeitung des Falls ein mittlerweile im Dauerkrankenstand befindlicher Staatsanwalt befasst war“. Unklar war laut Goldgruber und Pilnacek, ob es Verbindungen der Beschuldigten zu Identitären und/oder Burschenschaftern gibt. Demnach müsse noch ausgewertet werden, „welche Personen betroffen sind“.

Beide Generalsekretäre betonten, dass die Aktion zeige, dass die Strafverfolgungsbehörden „aktiv gegen Neonazismus und Rechtsextremismus“ ermitteln. „Die Hausdurchsuchungen zeigen, dass das BVT in Sachen Rechtsextremismus voll handlungsfähig ist“, sagte Goldgruber. Nicht zuletzt beim BVT-Ausschuss war Kritik in dieser Richtung wiederholt geäußert worden.

Sektionschef Pilnacek über die Razzien

In der ZIB2 bekräftigte Pilnacek noch einmal, dass die bundesweite Razzia in der rechten Szene nichts mit der Debatte über die rechtsextremen Identitären zu tun habe.

Pilnacek wies auch zurück, dass es sich bei den Hausdurchsuchungen um eine politisch motivierte Aktion handle. Hausdurchsuchungen „kann man nicht so steuern nach politischer Beliebigkeit“, sagte der Generalsekretär und verwies auf die Vorbereitungszeit.

Razzien für Jetzt „überfällig“

Jetzt (vormals Liste Pilz) bezeichnete die Razzien als „längst überfälligen ersten Schritt“. Dass ÖVP-Justizminister Josef Moser das Heft des Handelns in die Hand genommen habe, sei „gut und wichtig“, so Jetzt-Sicherheitssprecherin Alma Zadic. Denn die im vergangenen Jahr beim BVT durchgeführten Haudurchsuchungen dürften das Vorgehen gegen die rechtsextreme Szene „erheblich“ verzögert haben, fürchtete Zadic: „Das ist die alleinige politische Verantwortung von FPÖ-Innenminister Kickl.“

Die Nationalratsabgeordnete zeigte sich zudem „angesichts der bestehenden Verflechtungen der FPÖ mit führenden Vertretern der rechtsextremistischen Szene“ nicht verwundert, wenn im Rahmen der Ermittlungen Verbindungen zum politischen Umfeld der FPÖ ans Licht kommen würden.