Das Weiße Haus hinter einem Zaun
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„Begeisterung“ fehlt

Die Schwächen der Demokraten

Dass sich US-Präsident Donald Trump seit seinem Amtsantritt in einem permanenten Wahlkampf befindet, schlägt sich auch auf die Demokraten nieder. Die ersten Kandidaten und Kandidatinnen für die demokratische Vorwahl zur Präsidentschaftswahl 2020 haben sich schon längst in Stellung gebracht.

Doch die Aussichten auf Zuspruch von Wählerinnen und Wählern sind noch getrübt: Eine US-Umfrage zeigt die Schwächen bei den Demokraten auf. Vor allem die Begeisterung fehlt. Die Demokraten haben noch Platz zu wachsen, so Umfrage von NBC News und „Wall Street Journal“ („WSJ“). Denn bevor sich Wählerinnen und Wähler für einen Kandidaten oder eine Kandidatin entscheiden, müssen sie diesen oder diese überhaupt einmal kennen und ihn oder sie als grundsätzlich angenehm empfinden. Ziel der Umfrage war es, diesbezüglich erste Anhaltspunkte zu geben.

Neben den Chancen des amtierenden Präsidenten Trump – er hat seine Stammwähler offenbar im Griff und führt deshalb mit hohen Werten in der Kategorie „Begeisterung“, schwächelt aber bei den Unentschiedenen – wurden fünf Demokraten auf die Wählergunst hin abgetestet: der ehemalige Vizepräsident unter Barack Obama, Joe Biden, der Senator von Vermont, Bernie Sanders, die Senatorin von Massachusetts, Elizabeth Warren, die kalifornische Senatorin Kamala Harris und Beto O’Rourke, ein ehemaliger Kongressabgeordneter aus Texas.

Barack Obama und Joe Biden
AP/J. Scott Applewhite
Barack Obama und sein „zweiter Mann“ Joe Biden bei der Inauguration von Donald Trump im Jänner 2017 – beide auffällig grinsend

Trump kann seine Zielgruppe „begeistern“

Bei Trump gaben 79 Prozent der deklarierten Wähler und Wählerinnen der Republikaner an, „enthusiastic“, also „begeistert“, oder „comfortable“, also „zufrieden“, zu sein. Bei den Demokraten erreichte Biden, der Bekannteste in der Demokratenliste, mit 73 Prozent einen ähnlichen Wert bei den sich selbst als Demokraten bezeichnenden Befragten. Sanders kam in dieser Kategorie auf 62 Prozent, Warren auf 57, Harris auf 52 und O’Rourke auf 48 Prozent.

US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris
AP/Tom Williams
Kamala Harris ist selbst bei den Demokraten noch eine Unbekannte

Was allerdings laut der Analyse von NBC enttäuschend für die Demokraten ist, ist, dass sie vor allem in der Kategorie „Begeisterung“ schwächeln. Bei jedem der abgefragten demokratischen Politiker außer Biden war der Anteil der „Zufriedenen“ weitaus höher als jener der „Begeisterten“.

Biden mit „hohem Potenzial“

Wie auch Trump schwächeln die Demokraten – außer Biden und Sanders – allerdings noch gehörig bei den Unentschiedenen. Das liegt laut NBC auch an dem (noch) geringen Bekanntheitsgrad von Harris und O’Rourke. Warren gilt als demokratisches Urgestein wie Sanders, der die Vorwahlen 2015 gegen die demokratische Kandidatin und Ex-Außenministerin Hillary Clinton verlor.

Bei den befragten ausgewiesenen republikanischen Wählern und Wählerinnen sticht indes Biden als einziger Demokrat hervor. Das weist laut NBC drauf hin, dass er, sollte er der demokratische Kandidat werden, ein relativ „hohes Potenzial auch im gegnerischen Lager“ hat. Offiziell hat der 76-Jährige seine Kandidatur noch nicht bekanntgegeben.

„Nicht zimperlich“ als Ideal

Die Umfrage zeigt laut „WSJ“, dass eine Mehrheit der Wähler und Wählerinnen, die zu demokratischen Vorwahlen gehen, eine Person wollen, die Themen wie das Gesundheitswesen, die Klimakrise und Bildung grundsätzlich und „nicht zimperlich“ angeht, so die Zeitung. Die Umfrage zeige weiters, dass die demokratische Wählerschaft offen für eine Frau, auch eine Afroamerikanerin, ist. So sagten 85 Prozent, dass sie sich eine Frau, und 83 Prozent, dass sie sich eine Afroamerikanerin im Weißen Haus vorstellen könnten.

US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders
AP/Damian Dovarganes
Nur Bernie Sanders kann derzeit in den Umfragen mit Joe Biden mithalten

Starke Verzerrung durch Präsenz in Sozialen Netzwerken

Eine zweite Umfrage in der „New York Times“ zeigt indes die Differenz und Distanz zwischen den Ansichten demokratischer Politiker auf Twitter zu den Meinungen der Basis auf. Die Zeitung bezieht sich in ihrer Analyse auf Daten des „Hidden Tribes of America“-Projekts. Für das nicht kommerzielle Umfrageprojekt wurden 8.000 US-Bürger und US-Bürgerinnen befragt und schließlich in unterschiedliche Gruppierungen, eben in „Tribes“, gegliedert. Die Charakteristiken dieser Gruppierungen sollen die unterschiedlichen Ansätze verstehen helfen, mit denen demokratische Politiker ihre Vorwahlen gewonnen haben.

Wie sich die demokratische Wählerschaft selbst sieht

Rund die Hälfte der demokratischen Wählerschaft sieht sich laut den Ergebnissen selbst als gemäßigt bis konservativ. 40 Prozent sind nicht weiß. Ein Viertel bezeichnet sich selbst als ideologisch progressiv und sieht sich eher links als die durchschnittliche Parteimeinung unabhängig vom angesprochenen Thema. Nur ein Zehntel sieht sich weiter links und als Sozialisten, wie die letzten Umfragen zeigen, so die Zeitung.

Laut den Ergebnissen würde das Gros der Parteianhänger eben nicht auf Twitter ihre politische Einstellung mitteilen und sich zu aktuellen Themen äußern. So wünscht sich denn laut „New York Times“ ein großer Teil der Demokraten keinen Linksruck, sondern einen gemäßigten, moderaten Kurs.

Zwei Gruppen von Kandidaten

Laut den Ergebnissen sind die auf Social Media postenden Demokraten höher gebildet, haben ein höheres Einkommen und sind großteils weiß. Sie stellen also im Vergleich zur Zusammensetzung der Partei eine Minderheit dar, die allerdings in der öffentlichen Meinung durch ihre Aktivitäten in Sozialen Netzwerken als weitaus größer erscheint. Darunter fällt auch der liberale Flügel der Partei, er ist ebenfalls in Sozialen Netzwerken überrepräsentiert, so die Studie.

Laut der Studie können die demokratischen Kandidaten und Kandidatinnen in zwei Gruppen eingeteilt werden. Progressive, linke Politiker und Politikerinnen wie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez stehen für moralische Klarheit des Standpunkts, aber auch für Kritik am Status quo, während die stärksten unter den traditionell liberalen Kandidaten in ihren Reden und Programmen auf das Prinzip Hoffnung und Zukunftsvisionen setzen.

Die Studie warnt auch vor dem Trugschluss, dass sich etwa Empörung in Sozialen Netzwerken auf die breite Basis der potenziellen Wähler und Wählerinnen niederschlägt und sich diese dadurch mobilisieren lassen. Kampagnen und Statements in Sozialen Netzwerken müssen auf die jeweiligen Zielgruppen, die jeweiligen „Tribes“, zugeschnitten sein, so die Conclusio der Umfrage laut „NYT“.