Junge Frau gräbt in einem Trog mit Gemüse
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Erden und Dünger

Die Krux mit Bio in Garten und Blumenkistl

Bio ist auch in Gärten und Blumenkistln Trend – und das nicht nur bei Mitteln gegen Ungeziefer. Bei Erden satteln mehr und mehr Hobbygärtner um und verzichten auf den ökologisch bedenklichen Torf. Doch nicht alle Ersatzstoffe ermöglichen gutes Pflanzenwachstum. Bei Düngemitteln sollte man zudem genau auf die Inhaltsstoffe achten.

Seit Jahrzehnten ist Torf im Gartenbau Standard, obwohl er für den Gartenbau eigentlich ungeeignet ist. Torf ist von Haus aus eher sauer und hat keine Nährstoffe – er ist aber auch leicht, sehr billig und wandelbar: Mit Nährstoffen kann er für den gewünschten Einsatz gezielt „aufgeladen“ und mit Kalk der pH-Wert stabilisiert werden. Das macht ihn beliebt: Rund ein Drittel des abgebauten Torfs geht aktuell in den Gartenbau, auch zur Energiegewinnung wird er viel genutzt.

Torf wächst zwar grundsätzlich nach, doch die Moore, in denen der Torf abgebaut wird, sind wichtiger Lebensraum für viele auch geschützte Tier- und Pflanzenarten. Zudem werden im Torf große Mengen an Treibhausgasen gebunden, die so der Atmosphäre entzogen werden. Bei der Verbrennung wird CO2 in großen Mengen wieder freigesetzt, der Transport belastet die Umwelt zusätzlich. Allein Österreich importiert jährlich Zigtausende Tonnen Torf vor allem aus Osteuropa.

Junge Frau gräbt in einem Trog mit Gemüse
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Der Torfabbau gefährdet den Lebensraum vieler bedrohter Arten

Mit der Unterzeichnung der Alpenschutzkonvention zum Erhalt von Hoch- und Flachmooren hat sich Österreich verpflichtet, mittelfristig aus der Torfnutzung auszusteigen. Neben dieser offiziellen Position gibt es zunehmend verschiedene Initiativen, Torf aus dem Gartenbau möglichst zu verbannen und etwa durch Holzfasern, Rindenhumus, Kompost und verschiedene Granulaten zu ersetzen. Dabei gilt es, einiges zu beachten, damit die Pflanzen wachsen und nicht kümmern.

Torf durch Holzfasern ersetzen allein reicht nicht

Es reicht etwa nicht, Torf einfach durch Holzfasern zu ersetzen. Holzfasern haben einen sehr hohen Kohlenstoffgehalt im Verhältnis zu ihrem Stickstoffgehalt, erklärt dazu Andreas Baumgarten von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) gegenüber ORF.at. Beim natürlichen Abbau der Fasern entziehen die Mikroorganismen dem Boden den leicht verfügbaren Stickstoff in entsprechenden Mengen, der dann wieder den darin eingesetzten Pflanzen fehlt. Auch der pH-Wert kann sich bei der Verrottung ohne Stabilisierung ändern.

Tagpfauenauge
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Österreich hat sich verpflichtet, mittelfristig aus der Torfnutzung auszusteigen

Der schnellen Verrottung der Holzfasern und damit dem erhöhten Stickstoffbedarf versuchen die Hersteller etwa mit einer speziellen Imprägnierung der Holzfasern zu begegnen, so Baumgarten. Mitunter reicht das nicht: Auch wenn die Substrate entsprechend vorgedüngt sind, sollten Anwender auf Anzeichen von Stickstoffmangel achten. Wenn die Pflanze kaum oder gar nicht wächst oder die Blätter sich „entfärben“, sollte Stickstoff nachgedüngt werden. Kokosfasern brauchen im Vergleich zu Holzfasern weniger Stickstoff, aufgrund des langen Transportwegs ist aber der ökologische Effekt zu hinterfragen.

Nicht jeder Biodünger ist wirklich bio

Als biologischer Stickstoffdünger und im Vergleich zu Gründüngung schneller verfügbar wird oft zu Hornspänen geraten. Das ist nichts anderes als die zerkleinerten Hufe und Hörner von Schlachtvieh. Hornspäne werden langsam abgebaut, daher sollte vorsorgend gedüngt werden, am besten im Herbst. Schneller wirkt Hornmehl, also fein zermahlene Hornspäne. Doch Hornspäne und Hornmehl haben ebenfalls ein ökologisches Problem: Meist werden sie aus Südamerika importiert, mit negativen Effekten für die Klimabilanz.

Blüten
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Der Ranunkelstrauch ist anspruchslos, aber viele Pflanzen bevorzugen bestimmte Böden, Nachbarn und Standorte

Zudem können Hornspäne aus Massentierhaltung selbst belastet sein, denn nur weil sie im Einsatz bio sind, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass auch ihre Herkunft Biokriterien entspricht. Man könne im Bereich Erden und Dünger „leider überall“ Bio draufschreiben, meint dazu Alfred Grand, Gründer des Bioerdenherstellers Vermigrand, der sich auf Kompost aus Regenwürmern spezialisiert hat. Bioerde und Biodünger seien als Begriff gesetzlich nicht geregelt. Grand rät daher, auf die Zulassung für die biologische Landwirtschaft zu achten. Auch das Umweltzeichen ist ein Hinweis auf entsprechende Überprüfung.

Schafwolle und Pflanzenkohle als Alternativen

Zunehmend beliebter ist ungewaschene Schafwolle als Langzeitdünger und Wasserspeicher. Die breit einsetzbaren Schafwollpellets seien schon in Bauerngärten zum Einsatz gekommen, sagt Gartenexpertin Angelika Ertl. Ertl zeigt sich zudem vom Einsatz von Pflanzenkohle als Speicher und damit Stickstoffstabilisator in Böden überzeugt. Die Pflanzenkohle müsse aber vor dem Einsatz selbst mit Stickstoff „aufgeladen“ werden, weil sie sonst wiederum Stickstoff aus der Erde und damit den Pflanzen fürs Wachstum entziehen würde.

Blüten
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Es gibt zahlreiche Möglichkeiten zu düngen, auch Schafwolle gehört dazu

Der Vorteil, so Ertl: Die Kohle, die zum Beispiel aus Dinkelspelzen oder Strauchschnitt gewonnen wird, baue sich im Boden nicht ab und wirke als Bodenlockerer und Speicher für Wasser, Nährstoffe und auch die Mikroorganismen. Als weitere Lockerungsmittel statt Holzfasern eignen sich laut Ertl auch Ziegelsplitt, Leca, Bims und schlicht Streusplit. Alle diese Materialien haben allerdings ein Problem gemein: Sie sind relativ schwer und sollten, wie früher bei Selbstmischungen üblich, gezielt in die Erden eingearbeitet werden.

Kompost ist der beste Bodenverbesserer

Früher habe jeder Gärtner seine eigene Erde gemischt, sagt Grand. Ganz grundsätzlich sollte man die Erde auf den gewünschten Einsatz abstimmen, denn sie müsse den Pflanzen schließlich auch „schmecken“. Die Frage der Zutaten sei auch eine Frage des Preises, denn torffreie Substrate würde ein Vielfaches im Vergleich zu Erden mit Torf kosten. Die Nachfrage nach torffreier Erde sei aber mittlerweile gerade in Österreich groß, der Handel könne fast nicht daran vorbei, diese auch zu führen.

Himbeeren
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Kompost ist als Dünger für Obst- und Gemüse ebenso wie für viele Blumen geeignet

Der von allen befragte Experten am öftesten genannte Bodenverbesserer ist übrigens Kompost, verrotteter Gras-, Pflanzen-, Strauch- und Baumschnitt. Ein Komposthaufen war früher in fast jedem Garten zu finden, mit der Wandlung der Gärten vom Nutzgarten mit Obst- und Gemüseanbau zum Ziergarten mit Repräsentationswert sei der meist nicht besonders ansehnliche Komposthaufen verschwunden, sagt Andreas Balas von der Universität für Bodenkultur in Wien.

Ribiselstaude
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Auch bei Biodünger muss man auf die Herkunft und die Produktionsmethode achten

Die Verwendung von Tierabfällen in der Landwirtschaft wie Hornspäne, aber auch Mehl aus Federn oder Blut sei früher, als die Versorgungskette noch kleinräumiger war, im Sinne der umfassenden Verwertung auch üblich gewesen, so Balas. Mit der größeren Mobilität sei die Infektionsgefahr, etwa im Zuge der BSE-Krise, dann Thema geworden. Neben der ethischen-moralischen Debatte über die Nutzung von Abfällen aus der Massentierhaltung gebe es nun zudem eine über die grundsätzliche Nutzung von Tierabfällen etwa bei Veganern.

Hobbygärtner meist übermotiviert

Grundsätzlich sei die Ökologisierungsmöglichkeit in den heimischen Gärten hoch und gleichzeitig relativ einfach, meint Balas. Gerade Hobbygärtner seien allerdings meist übermotiviert und würden eher viel zu viel als zu wenig düngen. Dem stimmt auch Agrarwissenschaftlerin und Biopionierin Andrea Heistinger zu. Sie empfiehlt einmalig zur Orientierung Bodenproben zu nehmen und gerade im Nutzgarten nach Stark- und Schwachzehrern zu unterscheiden, also welche Nährstoffe und wie viele die Pflanzen tatsächlich brauchen würden.

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Ein gut gedeihender Garten ohne Spritzmittel lockt auch zahlreiche Insekten an

Das sei auch präventiver Pflanzenschutz, da überdüngte Pflanzen leichter von Pilzkrankheiten und Blattläusen befallen werden, so Heistinger. Zudem raten die Experten, darauf zu achten, ob die Pflanze auch zum Standort und zum jeweiligen Boden passt – denn nicht jede Pflanze, egal ob Blume, Strauch oder Baum, zur Zierde oder für Obst oder Gemüse, gedeiht überall gleich gut.

In den vergangenen fünf Jahren habe sich bei Bioerden viel getan, so Heistinger, und so wie Hobbygärtner eine gute Bioerde herstellen könnten, könnten das auch kommerzielle Hersteller. Es sei aber ein Prozess. Grand sieht noch Forschungsbedarf bei Substraten und im Profibereich auch noch Entwicklungs- und Überzeugungsarbeit. Mit Torf zu arbeiten seien die heimischen Gärtner gewohnt, doch den gebe es schließlich auch erst seit 50 Jahren in Österreich, gibt er zu bedenken.