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ORF.at/Dominique Hammer
Rechtsextremismus

Aufregung über Spenden an Identitäre

Die vom Verfassungsschutz erstellte Spender- bzw. Mitgliederliste der rechtsextremen Identitären sorgt derzeit für Aufregung. Auf der Liste befinden sich zwei Söhne eines ÖVP-Politikers und FPÖ-Mitglieder. Diese würden nicht mehr an die Gruppe spenden, hieß es am Freitag. Die Opposition reagierte auf die Spenden an die Rechtsextremen empört.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte vergangenes Jahr eine Liste mit 364 „ausgeforschten Mitgliedern“ der rechtsextremen Identitären angelegt. Zu finden ist das in einem „Anlassbericht“ des BVT aus dem Jahr 2018 an die Staatsanwaltschaft Graz, berichteten die „Salzburger Nachrichten“ („SN") und die ZIB2 am Donnerstag. Das BVT geht von mehr als 500 Mitgliedern aus, 364 gelten als „ausgeforscht“. Die Ermittler hatten sie aufgrund von Zahlungen auf Konten der Gruppe ermittelt.

Herangezogen wurden dabei der angeführte Verwendungszweck (Mitgliedsbeitrag, Monatsbeitrag, Mitgliedsnummer) und regelmäßige Zahlungen. Die Grazer Staatsanwaltschaft bestätigte am Freitag, dass eine Art Mitglieder- und Spendenliste bei den noch laufenden Ermittlungen wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung erstellt worden war. Diese sei mittels Kontoöffnungen und der Rekonstruktion von Zahlungsgängen erstellt worden, sagte Sprecher Christian Kroschl.

Liste durch Kontenöffnungen erstellt

Diese Liste sei an eine Reihe von Stellen und Personen gegangen – etwa an die Beschuldigten des im Vorjahr im Grazer Straflandesgericht abgehandelten Prozesses und auch an den BVT-U-Ausschuss. Wer auf der Liste stehe, fällt laut Kroschl strafrechtlich bei den noch laufenden Ermittlungen nicht ins Gewicht, es sei nur noch die Höhe interessant. Die Ermittlungen wegen der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gegen die Spender der rechtsextremen Identitären seien mit dem Freispruch gegen die Aktivisten eingestellt worden.

Die laufenden Untersuchungen wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung sollen laut dem Staatsanwalt auch die Frage der Gemeinnützigkeit klären. Offen ist außerdem das am Montag angelaufene Verfahren wegen Körperverletzung gegen ein Mitglied der Rechtsextremen. Neu hinzugekommen sind vor wenigen Wochen die Ermittlungen wegen der Spende des mutmaßlichen Christchurch-Attentäters an die rechtsextreme Gruppe. Dabei geht es um die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung.

„Klärendes Gespräch“ mit FPÖ-Vertretern

Die rechtsextremen Identitären bestätigten am Freitag, dass es rund 500 regelmäßige Förderer gebe, die die Gruppe mit Monatsbeiträgen unterstützten. Eine formelle Mitgliedschaft gebe es allerdings nicht. Auch die auf der Liste genannten FPÖ-Politiker aus Graz, Salzburg und Niederösterreich wiesen eine Mitgliedschaft zurück. Der Grazer FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl bezeichnete die Frage nach Spenden laut „SN“ und ZIB2 als „Frechheit“. Ein FPÖ-Politiker in Salzburg hält eine Spende vor Jahren für möglich – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Einblick in die rechtsextremen Identitären

Ein Ermittlungsakt, in den die ZIB2-Redaktion Einsicht nehmen konnte, zeigt ein Bild aus dem Inneren der Gruppe, die seit einer Spende des Christchurch-Attentäters im Fokus der Aufmerksamkeit steht.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker hielt am Freitag fest, dass mit „allen genannten FPÖ-Vertretern“ wegen der „angeblichen Spenderliste“ ein „klärendes Gespräch“ geführt worden sei. „Diese werden in Zukunft keine Spenden mehr leisten und sind auch keine Mitglieder dieser Bewegung“, hieß es in einer Aussendung. Für Nachfragen, etwa ob Spenden von FPÖ-Vertretern an die rechtsextremen Identitären nun verboten seien, war Hafenecker für ORF.at nicht erreichbar.

Denn bereits am Donnerstagvormittag berichtete die Tageszeitung „Österreich“ über etwaige Spenden von FPÖ-Funktionären. Als Quelle wurde die BVT-Liste angegeben. Für Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sind allfällige Spenden in der Vergangenheit aber „kein Verbrechen“. Er habe keinen Einfluss darauf, was jemand als Privatperson mache, so Strache am Donnerstag. Man habe klargestellt, dass es keine Überschneidungen von Funktionären mit den rechtsextremen Identitätern geben dürfe und dass es nicht erwünscht sei, dass Funktionäre „mit diesem Verein Kontakt pflegen“.

Kritik der Opposition

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda zeigte sich empört über die „Spendengala aus den Reihen der FPÖ zugunsten der Identitären“. FPÖ-Chef Strache und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hätten seiner Ansicht nach nicht nur die direkten personellen Überschneidungen zwischen FPÖ und Identitären heruntergespielt, sondern auch die Öffentlichkeit gezielt über die Gefahren der Rechtsextremen im Unklaren gelassen.

FPÖ-Funktionäre sollen nicht mehr an Identitäre spenden

Laut FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker sollen FPÖ-Politikerinnen und -Politiker künftig nicht mehr für die rechtsextremen Identitären spenden.

Für Jetzt-Mandatarin Alma Zadic wird „immer klarer und eindeutiger, dass die FPÖ der legale Arm der Identitären Bewegung in Österreich ist“. FPÖ-Mitglieder und -Funktionäre würden mittels Spenden „kräftig an der rechtsextremen Schraube drehen“. Sie forderte wie auch Stephanie Krisper von NEOS eine Klarstellung von der FPÖ. „Diese vom BVT erstellte Liste zeigt das ganze Ausmaß der Verstrickungen zwischen FPÖ und Identitären“, so Krisper. Die FPÖ müsse sich von Funktionsträgern trennen, die Mitglieder bzw. Spender der Identitären seien.

Politologe Filzmaier zu den Identitären

Peter Filzmaier über die Beziehungen der FPÖ zu den rechtsextremen Identitären und die Versuche, sich von der Gruppe zu distanzieren.

Anders reagierte BVT-Chef Peter Gridling. Er sei „verärgert“ über die Veröffentlichung der Liste. „Alles, was in der Öffentlichkeit erörtert wird, hilft uns nicht, ist wenig geeignet, um Vertrauen in die Organisation zu erwecken“, sorgte er sich in der „Wiener Zeitung“ um den internationalen Ruf. Nicht kommentieren wollte Gridling, ob die Liste aus Akten des BVT-U-Ausschusses stammen könnte: „Das BVT ist nicht dazu da, um Politik zu machen.“

Kanzlervorstoß gegen Inserate

Die rechtsextremen Identitären und die möglichen Verbindungen zur FPÖ standen auch am Donnertag im Bundesrat auf der Tagesordnung. Dort musste nämlich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Abgeordneten bei einer Dringlichen Anfrage Rede und Antwort stehen. Die Bundesregierung kämpfe gegen jegliche Form des Extremismus, ein nationaler Aktionsplan werde erarbeitet, der alle Formen des Extremismus – auch den Islamismus – beleuchten soll, so Kurz.

Personen aus dem rechtsextremistischen Milieu dürften außerdem keinen Platz in Kabinetten haben. Außerdem sagte der ÖVP-Chef: „Die Vergabe von Inseraten ist Entscheidung der einzelnen Ressorts, Schaltungen in rechts- sowie linksextremen Publikationen lehne ich in aller Deutlichkeit ab.“ In den vergangenen Monaten wurde Kritik an FPÖ-geführten Ministerien laut, die in rechten Medien Inserate geschaltet hatten.