Kaja Kallas scheitert mit Regierungsbildung in Estland

In Estland ist die Vorsitzende der wirtschaftsliberalen Reformpartei, Kaja Kallas, mit der Bildung einer Regierung gescheitert. Das Parlament in Tallinn stimmte gestern gegen die Ernennung der 41-Jährigen zur neuen Regierungschefin und ersten Ministerpräsidentin des baltischen EU- und NATO-Landes.

Gegen Kallas votierten 53 der 100 anwesenden Abgeordneten. Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid hatte Kallas rund einen Monat nach der Parlamentswahl Anfang April mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Tochter des früheren Ministerpräsidenten und EU-Verkehrskommissars Siim Kallas hatte sich daraufhin mit den Sozialdemokraten auf eine Minderheitsregierung geeinigt und ein Grundlagenprogramm der Koalition vorgelegt.

Parallel dazu hatte die regierende Zentrumspartei ein Abkommen mit der rechtspopulistischen Estnischen Konservativen Volkspartei (EKRE) und der konservativen Partei Isamaa geschlossen. Das Dreierbündnis hält eine Mehrheit von 56 der 101 Sitze im Parlament.

Absage an Große Koalition

Die Reformpartei wurde bei der Wahl am 3. März mit 34 von 101 Sitzen stärkste Kraft vor der Zentrumspartei (26 Sitze) von Regierungschef Jüri Ratas. Dahinter folgte die zuwanderungs- und EU-kritische EKRE (19 Sitze) vor Isamaa (zwölf Sitze) und den Sozialdemokraten (zehn Sitze), den beiden bisherigen Juniorpartnern der Zentrumspartei. Ein Angebot der Reformpartei zu einer Großen Koalition lehnte die Zentrumspartei ab.