Opferzahl bei Kämpfen um Tripolis steigt

Seit Ausbruch der jüngsten Kämpfe um die libysche Hauptstadt Tripolis vor rund zehn Tagen sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 174 Menschen ums Leben gekommen. 14 davon seien Zivilpersonen gewesen, sagte ein WHO-Sprecher heute in Genf.

Die Zahlen stammen aus den Krankenhäusern der Stadt. Die tatsächliche Zahl könne höher liegen. Mehr als 750 Menschen seien verletzt worden, darunter 36 Zivilpersonen.

UNO besorgt über Flüchtlinge in Internierungslagern

Die Kämpfe flammten auf, nachdem der mächtige General Chalifa Haftar seinen Truppen den Vormarsch auf Tripolis befohlen hatte. Die Kontrolle über große Teile der Hauptstadt hat bisher die international anerkannte Einheitsregierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch.

Die humanitären UNO-Behörden sind besorgt über Flüchtlinge in Internierungslagern. Jeder Mensch, der ohne Aufenthaltsbewilligung aufgegriffen wird, wird in Libyen interniert. Dazu gehören auch jene, die die Küstenwache bei ihrem Fluchtversuch nach Europa auf dem Mittelmeer abfängt.

Die Zustände in den Internierungslagern werden von Menschenrechtsorganisationen seit Jahren heftig kritisiert. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) verteilt Wasser und Nahrung sowie Medikamente zur Unterstützung von mehreren tausend Internierten.

Rom fordert europäische Initiative wegen Flüchtlingen

Die italienische Regierung forderte unterdessen eine europäische Initiative, sollte eine Flüchtlingswelle in Richtung Italien wegen der eskalierenden Gewalt in Libyen entstehen. „Sollten Tausende Asylsuchende abfahren, würde Italiens Politik der geschlossenen Häfen nicht mehr genügen. In diesem Fall müsste man andere europäische Häfen öffnen und die Migranten umverteilen“, so Verkehrsminister Danilo Toninelli.

Der Fünf-Sterne-Minister, der für die italienischen Häfen zuständig ist, plädierte für eine internationale Friedensinitiative für Libyen. „Europa muss vorbeugen und eingreifen, und Italien muss im Mittelpunkt der europäischen Migrationsstrategie stehen“, sagte Toninelli.

Sarradsch warnte vor einer neuen großen Flüchtlingsbewegung Richtung Europa. Auch er rief den Westen zu Friedensinitiativen auf. Dabei dankte er Italien für dessen Vermittlungsrolle. Er äußerte die Hoffnung, dass die internationale Gemeinschaft so rasch wie möglich zum Schutz der Zivilpersonen eingreife.

UNHCR und IOM warnen vor Spekulation

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnten aber vor Spekulationen. „Zu diesem Zeitpunkt (…) hat sich im Zuge des Konflikts noch niemand über das Meer auf den Weg gemacht“, sagte IOM-Sprecher Flavio di Giacomo.

Es sei unmöglich, irgendeine Prognose zu stellen. „Bereits in der Vergangenheit gab es so viele Zahlen, die sich dann als falsch herausgestellt haben“, sagte er. Es wollten nicht alle Flüchtlinge, die sich in Libyen befinden, das Land auch verlassen. Für ungefähr 650.000 von ihnen sei Libyen Ziel- und nicht Transitland.

„Das unbeständige Szenario in Libyen könnte zu einer Situation führen, in der das Geschäft für Menschenschmuggel durch das Chaos und fehlende Rechtsstaatlichkeit begünstigt wird“, sagte ein UNHCR-Sprecher. „Die Zahlen sind allerdings schwierig vorherzusagen.“