Überwachungskamera
ORF.at/Michael Baldauf
Bundeskriminalamt

Gesichtserkennung soll noch heuer starten

Das Bundeskriminalamt (BK) will noch in diesem Jahr Gesichtserkennung als neue Beweismethode zum Einsatz bringen. Eine dafür benötigte Software wurde vor Kurzem erworben, berichtete am Donnerstag das IT-Portal Futurezone. Die Methode soll bei schweren Verbrechen zum Einsatz kommen.

„Es ist eine weitere Auswertungsmöglichkeit von Spuren“, sagte Reinhard Schmid, Leiter des zentralen Erkennungsdienstes des BK, gegenüber der APA. Vor dem bereits „im Spätherbst, also im Dezember“ angesetzten Echtzeitbetrieb und der ab 2020 dann geplanten Einbindung der Landeskriminalämter gehe es derzeit nur noch um „Feineinstellungen“, wird unterdessen BK-Sprecher Vincenz Kriegs-Au von der Futurezone zitiert.

„Nachdem Fingerabdrücke als Sachbeweis zugelassen worden sind und DNA-Beweise“, sei dies der „nächste Meilenstein“, so Kriegs-Au. Zum Einsatz kommen soll das System „nur bei einem sehr kleinen Prozentsatz“ schwerer Straftaten, „wie beispielsweise ein Bank- oder Tankstellenraub“.

Bilder von Überwachungskameras werden verwendet

Dabei sollen Bilder von Überwachungskameras, auf die die Polizei dank dem Sicherheitspolizeigesetz zugreifen darf, mit einer Referenzdatenbank der Polizei abgeglichen werden. Kriegs-Au nennt gegenüber der Futurezone als Beispiele „Tankstellen, Banken oder Supermärkte“, deren Bilder ausgewertet werden können. Referenzbilder seien von Personen vorhanden, die erkennungsdienstlich erfasst wurden, heißt es laut Futurezone dazu aus dem Innenministerium.

Eine ähnliche Gesichtserkennung sei dem Bericht zufolge bereits in einem E-Gate-Bereich auf dem Wiener Flughafen im Einsatz. Befürchtungen, wonach das System auch weit umfangreicher eingesetzt werden könnte, wurden von Kriegs-Au laut Futurezone zurückgewiesen.

Datenschützer kritisch

Dennoch wird Gesichtserkennung vor allem von Datenschützern kritisch gesehen. Angelika Adensamer von der NGO Epicenter.works sagte gegenüber ORF.at, dass die Gesichtserkennung ein „besonders sensibler Bereich in Bezug auf die Grundrechte“ sei. Die Verwendung biometrischer Daten sei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Bei der Auswertung von Videodaten sei etwa auch zu beachten, dass auf Videos auch möglicherweise „unbeteiligte Personen“ zu sehen seien, so Adensamer. Aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen könnte es sein, dass diese über die Auswertung informiert werden müssen.

Auch, dass nichts Näheres über die Software bekannt sei, wird kritisch beurteilt. Gegenüber dem „Standard“ sagte Schmid, dass man nicht sagen könne, welche Software zum Einsatz kommt, da man „keine Werbung“ machen wolle. Laut Adensamer sei wichtig zu klären: „Was macht die Software?“ und „Wie werden die Daten behandelt?“.

Keine Bestrafung von telefonierenden Autofahrern

Vergleiche mit China, wo Gesichtserkennungssysteme beispielsweise auch zur Bestrafung von telefonierenden Autofahrerinnen und Autofahren zum Einsatz kommen, weist Kriegs-Au zurück. „So etwas kommt in Österreich nicht“, denn: „Dafür gibt es gar keine gesetzliche Grundlage, und die Polizei hat auch gar keine Kameras dafür.“

„Auch bei dieser Software steht immer ein Mensch dahinter“, so Schmid bezüglich der Auswertung. Zudem obliege die Bewertung der Beweise der Justizbehörde. Auch er lehnte den Vergleich mit „chinesischen Zuständen“ ab.

Software kommt in mehreren EU-Staaten zum Einsatz

Dem Kauf der Software sei ein internationales Ausschreibungsverfahren vorausgegangen, so Schmid. Die Software der Firma werde bereits in mehreren EU-Staaten verwendet. Auch in die EU-Zentralsysteme werde sie derzeit integriert: Das EU-Parlament stimmte am Montag einer besseren Vernetzung der Sicherheitsdatenbanken in der EU zu.

Den neuen Regeln zufolge sollen Einsatzkräfte von Grenzschutz und Polizei nun alle EU-Informationssysteme abfragen können. Zudem soll ein gemeinsamer Dienst Fingerabdrücke und Gesichtsbilder mit bestehenden Datenbanken abgleichen. Die neuen Regeln umfassen etwa das Schengen-Informations-System, die Fingerabdruckdatenbank Eurodac und das Visa-Informationssystem. „Unsere Zielrichtung ist aber eine andere“, so Schmid.

Auch Kennzeichenerkennung soll kommen

Eine andere geplante Maßnahme des im Vorjahr verabschiedeten Überwachungspakets wurde ebenfalls am Donnerstag bestätigt. Die Kennzeichenerfassung mittels Section-Control-Anlagen soll kommen, sobald die technische Möglichkeit besteht. Eine konkrete Zeitvorgabe habe man sich dabei nicht auferlegt, hieß es aus dem Innenministerium.

Section Control Anlage auf der A22
APA/Asfinag
Die Erfassung von Kennzeichen mittels Section Control soll kommen, heißt es aus dem Innenministerium

Man habe vor einem Jahr „lediglich die legistische Möglichkeit“ schaffen wollen, so ein Ministeriumssprecher, „im Wissen, dass es nicht unmittelbar umsetzbar ist“. Wenn die technischen Voraussetzungen dann gegeben sein werden, soll diese Möglichkeit auch genutzt werden. Laut Plänen sollen die an neuralgischen sowie grenz- und korridorbezogenen Punkten gesammelten Daten den Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden.

ASFINAG plant bereits um

Laut ASFINAG sind die Anforderungen aus dem Sicherheitspaket „aktuell bereits in Planungen neuer Anlagen berücksichtigt“. Die Ausschreibung von Anlagen mit diesen notwendigen Features werde derzeit geprüft. In einem Interview mit dem „Kurier“ hatte der ASFINAG-Verantwortliche für die Section-Control, Ralf Fischer, Bedenken angemeldet. Aktuell wäre das Netzwerk des Autobahnbetreibers damit „völlig überfordert“. Dafür müssten nämlich mehrere Gigabit pro Sekunde übertragen werden. Und das sei technisch nicht möglich.

Für die Umsetzung der Pläne müsste die gesamte Anlage neu konzipiert werden. Versuche, einen eigenen Server der Polizei einzubinden, seien auch an der Übertragungsrate gescheitert. Aktuell sind acht stationäre Section-Control-Anlagen in Betrieb, darunter auf der Südautobahn (A2), der Mühlkreisautobahn (A7) und der A9-Pyhrnautobahn. Darüber werden auch einige mobile Geräte eingesetzt.

Kritik von Liste Jetzt

Jetzt sah darin einen Beleg dafür, dass es sich beim Überwachungspaket um einen „Schnellschuss“ gehandelt habe. Es sei nicht nur ein „gefährlicher Anschlag auf unsere Bürgerrechte, sondern auch ein technisches Desaster“. „Überwachungsminister“ Kickl solle sein „Stasi-Überwachungspaket“ sofort zurücknehmen und einer umfassenden technischen, aber vor allem grundrechtlichen Evaluierung unterziehen, so Sicherheitssprecherin Alma Zadic.