Mitterlehner-Buch sorgt weiter für rege Debatte

Reinhold Mitterlehners Abrechnung mit seiner Demontage als ÖVP-Chef und der jetzigen ÖVP-FPÖ-Regierung stößt auf großes Interesse: Die Startauflage des im Salzburger Ecowin-Verlag erschienen Buches „Haltung“ – 10.000 Stück – sei so gut wie ausverkauft, berichtete die „Tiroler Tageszeitung“ (Freitag-Ausgabe).

In der – stündlich aktualisierten – Amazon-Bestsellerliste schaffte es „Haltung: Flagge zeigen in Leben und Politik“ gestern schon bis auf Platz acht. Der Verlag hat bereits den Auftrag für die zweite Auflage erteilt, sodass in den nächsten Tagen die Buchhandlungen wieder beliefert werden können.

Edtstadler widerspricht Mitterlehners Demokratiebefund

In der innenpolitischen Debatte ist Mitterlehners Werk weiter Thema. ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler – Listenzweite für die EU-Wahl – glaubt nicht, dass es den EU-Wahlkampf stört. Aber sie trat im Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ einem Befund Mitterlehners entgegen: „Wie er darauf kommt, dass Österreich auf dem Weg in eine autoritäre Demokratie ist, verstehe ich überhaupt nicht. Das stimmt einfach nicht.“

Pühringer: „Hätte Buch nicht geschrieben“

Der frühere Landeshauptmann Oberösterreichs, Josef Pühringer (ÖVP), äußerte dem „Kurier“ gegenüber „Verständnis“ für Mitterlehners „Betroffenheit und seine Enttäuschung. Die Ablöse hätte anders laufen sollen.“

Es stelle sich aber die Frage, „ob es gut ist, so ein Buch zu schreiben. Es muss ja für ihn selbst belastend sein, diese alten Geschichten aufzuwärmen“, sagte Pühringer. Auf Inhalt und die von Mitterlehner erhobenen Vorwürfe hätte Pühringer nicht eingehen wollen, schrieb die Zeitung. Allerdings: „Ich an seiner Stelle hätte das Buch nicht geschrieben.“

Khol: „Wähler hat FPÖ salonfähig gemacht“

Der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) warf Mittlerlehner in einem Gastbeitrag für die „Kleine Zeitung“ vor, „die größeren Zusammenhänge“ nicht sehen zu wollen. Sein „Scheitern“ an Ex-Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und die „Brüskierung“ durch Faymanns Nachfolger Christian Kern diskutiere Mitterlehner nicht.

„Nicht Kurz hat die FPÖ salonfähig gemacht, sondern der Wähler“, so Khol in seinem Fazit. Die „planmäßige Vorbereitung“ von Kurz auf die Übernahme der ÖVP-Obmannschaft „konnte wohl niemanden überraschen“, so Khol weiter: „Sollte er antreten, so musste er wohl vorbereitet sein, alles andere wäre fahrlässig gewesen!“

Drozda weist Vergleich mit Faymann-Demontage zurück

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda rechnete es Mitterlehner unterdessen hoch an, „dass er den Vorhang gelüftet“ hat – denn: „Was Kurz getan hat, war Meuchelmord hinter dem Vorhang, das war eine der verlogensten Darbietungen der Politik.“ Den Vergleich mit der Demontage Werner Faymanns in der SPÖ ließ er im „Tiroler Tageszeitung“-Interview nicht gelten, da gebe es „einen großen Unterschied“.