Proteste in New York
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USA

Mueller-Bericht befeuert Demokraten

Ein teils geschwärzter Untersuchungsbericht ohne Beweise – so lässt sich die Arbeit des US-Sonderermittlers Robert Mueller wohl am besten zusammenfassen. Über zwei Jahre lang untersuchte er, ob US-Präsident Donald Trump persönlich von der Russland-Causa wusste und ob er die Justiz behinderte. Eindeutiges blieb die Veröffentlichung am Donnerstag aber schuldig. Die Demokraten fühlen sich dennoch befeuert und fordern volle Aufklärung.

Die Demokraten kontrollieren derzeit das Repräsentantenhaus und haben theoretisch die Möglichkeit, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten – wenn auch ohne Beweise höchst unwahrscheinlich. Ihr Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, sagte am Donnerstag zu CNN, dieser Schritt „lohnt sich inzwischen nicht“.

„Sehr offen gesagt, in 18 Monaten wird gewählt, und das amerikanische Volk wird ein Urteil fällen“, so Hoyer weiter. Die Demokraten wollen offenbar trotzdem nichts unversucht lassen, denn sie hegen den Verdacht, dass in dem Bericht vielleicht doch belastendes Material steckt.

Mueller bald vor Kongress?

Die Demokraten wollen auch Mueller selbst seinen Bericht öffentlich kommentieren lassen, was bisher noch nicht geschehen ist. Sie luden ihn zu einer Anhörung durch den Justizausschuss des Repräsentantenhauses ein. US-Justizminister William Barr, der Trump zwar entlastet sieht, hatte dagegen immerhin nichts: Es gebe „keinen Einwand“ gegen eine Aussage Muellers vor dem Kongress, so Barr.

Nancy Pelos und Chuck Schumer
Reuters/Joshua Roberts
Pelosi und Schumer sind mit der Art und Weise, wie der Bericht veröffentlicht wurde, nicht zufrieden

Die Chefs der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, kritisierten am Donnerstag erneut scharf das Vorgehen Barrs rund um die Veröffentlichung. Barrs vorgeschaltete Pressekonferenz sei eine „Medienkampagne für Präsident Trump“ gewesen, so die beiden.

„Ich bin erledigt“

Auch wenn Trump es sich nicht anmerken hat lassen – er sprach von einem „guten Tag“ und sah sich in dem 448-Seiten-Bericht abermals entlastet –, war ihm Mueller von Anfang an ein Dorn im Auge, Muellers Entlassung stand mehrmals im Raum. Trump fühlte sich offenbar enorm unter Druck gesetzt. Laut Muellers Schilderung war der Präsident schockiert, als er im Mai 2017 von der Einsetzung des Sonderermittlers durch das Justizministerium erfuhr.

Der Präsident sackte demnach in seinem Stuhl zusammen und sagte: „Oh, mein Gott. Das ist furchtbar. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin erledigt (’I’m fucked’).“ Seinen damaligen Justizminister Jeff Sessions habe Trump angeherrscht: „Du solltest mich vor so etwas beschützen!“ Seinen damaligen Rechtsberater im Weißen Haus, Don McGahn, habe Trump angewiesen, bei Sessions die Entlassung Muellers zu erwirken. McGahn sei dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen.

Trump schrieb auch am Donnerstag auf Twitter, er hätte Mueller entlassen können. „Ich hatte das Recht, die ganze Hexenjagd zu beenden, wenn ich es gewollt hätte. Ich hätte alle feuern können, darunter Mueller, wenn ich es gewollt hätte. Ich habe mich entschieden, es nicht zu tun.“

Offene Fragen zur Auslegung

Mueller stellte in seinem Bericht zwar fest, dass es im Wahlkampf zahlreiche Kontakte zwischen Trump-Mitarbeitern und „Individuen mit Verbindungen zur russischen Regierung“ gegeben habe. Doch reiche das Material nicht aus, um „strafrechtliche Anschuldigungen“ zu unterstützen. Es gebe keine Belege dafür, dass sich bei den russischen Einmischungen in den Wahlkampf irgendein Mitglied des Trump-Teams „mit Vertretern der russischen Regierung verschworen“ habe.

Robert Mueller
AP/Cliff Owen
Die Diskussionen über die Untersuchungen von US-Sonderermittler Mueller reißen nicht ab

Den Verdacht der möglichen illegalen Behinderung der Ermittlungen durch den US-Präsidenten lässt Mueller aber im Raum stehen. Er habe sich „außerstande“ gesehen, Trump „klar“ von diesem Verdacht zu entlasten, so der Sonderermittler. Er schildert diverse Episoden dazu, wie Trump in direkter oder indirekter Weise versuchte, auf die Russland-Ermittlungen Einfluss zu nehmen – lässt aber offen, ob diese Versuche womöglich eine strafrechtlich relevante Dimension erreichten.

„Die Versuche des Präsidenten, die Untersuchung zu beeinflussen, waren meist erfolglos, aber das lag großteils daran, dass die Personen im Umfeld des Präsidenten es ablehnten, seinen Anweisungen zu folgen oder seinen Anfragen nachzukommen.“ Es gebe nicht den „Schluss, dass der Präsident ein Verbrechen begangen hat, er entlastet ihn aber auch nicht“, heißt es.

Minister rückt zur Verteidigung aus

Stunden vor der Veröffentlichung hatte Barr bereits bei einer Pressekonferenz deutlich gemacht, dass er den Präsidenten vom Verdacht der Justizbehinderung entlastet sieht. Trump habe nicht die „schlechte Absicht“ gehabt, die Russland-Ermittlungen zu behindern. Vielmehr habe er „voll mit den Mueller-Ermittlungen kooperiert“, sagte Barr.

William Barr
AP/Patrick Semansky
Barr sieht Trump vollständig entlastet

Die Schwärzungen seien auf das rechtlich Notwendige begrenzt, so der Minister. Eine Gruppe führender Kongressmitglieder werde außerdem die Möglichkeit bekommen, den Bericht weitgehend ohne Schwärzungen zu lesen – bis auf bestimmte Gerichtsinformationen, die vertraulich bleiben müssten.

Mehr als 30 Anklagen

Muellers Ermittlungen haben zu mehr als 30 Anklagen geführt. Darunter sind sechs Personen aus Trumps Umfeld – etwa sein früherer Wahlkampfchef Paul Manafort, sein Ex-Berater George Papadopoulos und sein langjähriger Weggefährte Roger Stone. Manafort wurde bereits verurteilt. Muellers Team erwirkte nach Angaben des Justizministeriums fast 500 Durchsuchungsbefehle, stellte 13 Anfragen an ausländische Regierungen und befragte rund 500 Zeugen, darunter Trumps ehemalige Kommunikationschefin Hope Hicks.

Den Präsidenten befragte Mueller auch, aber nicht persönlich: Trump beantwortete die Fragen des Sonderermittlers schriftlich. Mueller war damit nicht zufrieden: Die schriftlichen Antworten seien unzureichend gewesen, heißt es im Bericht. Mueller und sein Team hätten den Präsidenten nur deshalb nicht unter Strafandrohung zu einer Aussage gezwungen, um einen langen Rechtsstreit zu verhindern.