Erneut Massenproteste in Algerien

Die Massenproteste gegen Algeriens politische Führung sind auch den neunten Freitag in Folge weitergegangen. In der Hauptstadt Algier und in anderen Orten zogen heute nach Schätzungen erneut Zehntausende auf die Straße, wie Augenzeugen und lokale Medien berichteten. Fernsehbilder zeigten einen völlig überfüllten Platz im Zentrum der Hauptstadt.

Die Demonstrierenden forderten den Rücktritt von Übergangspräsident Abdelkader Bensalah und einen grundlegenden Wandel des bisherigen politischen Systems. Sicherheitskräfte versuchten in Algier, den Strom der Menschen mit Straßensperren zu bremsen.

Die Protestwelle hatte Ende Februar begonnen und sich zunächst gegen den altersschwachen Langzeitherrscher Abdelaziz Bouteflika gerichtet. Auch nach dessen Rücktritt zogen die Menschen weiter auf die Straße.

„Die ganze Bande muss ausgerottet werden“

Die Demonstrierenden sehen in dem 77 Jahren alten Bensalah, einem Weggefährten Bouteflikas, sowie in anderen Spitzenpolitikern Vertreter des alten Regimes. „Die ganze Bande muss mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden“, sagte eine 22 Jahre alte Demonstrantin der dpa. Ein neuer Präsident soll am 4. Juli gewählt werden.

Am Dienstag hatte mit dem Chef des Verfassungsrates, Tayeb Belaiz, ein weiterer führender Vertreter der Elite seinen Rücktritt erklärt. Das nordafrikanische Land wird von einem Geflecht aus Politikern, Militärs und Wirtschaftsvertretern regiert. Viele Algerierinnen und Algerier beklagen die Korruption. Im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International steht Algerien auf Platz 105 von insgesamt 180 Ländern.