„Gelbwesten“ gehen in Frankreich wieder auf die Straße

Frankreich erwartet heute auch wieder Proteste der „Gelbwesten“-Bewegung. Die Pariser Polizeipräfektur hat Demonstrationen rund um Notre-Dame verboten. Auch in der unmittelbaren Umgebung darf nicht protestiert werden – besonders am linken Seine-Ufer. Demonstrationen sind außerdem erneut rund um die Prachtmeile Champs-Elysees verboten – hier war es in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen Ausschreitungen gekommen.

Macron hält Rede kommende Woche

Die „Gelbwesten“ demonstrieren seit Mitte November gegen die Reformpolitik von Präsident Emmanuel Macron und eine als zu niedrig empfundene Kaufkraft. Macron wollte am Montag eigentliche Maßnahmen zur Beruhigung des politischen Klimas verkünden – sagte seine TV-Ansprache aber wegen des Brandes ab. Nun sollen die Pläne am kommenden Donnerstag vorgestellt werden.

Nach der Absage von Macrons Fernsehauftritt war der Text der geplanten Ansprache durchgesickert. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP sah er unter anderem Steuersenkungen und Entlastungen für Rentner vor. Laut Redetext wollte der Staatschef zudem Volksbefragungen ermöglichen, wie sie die „Gelbwesten“ fordern – allerdings vorwiegend zu „Themen von lokalem Interesse“. Darüber hinaus sah das Redemanuskript vor, die Pariser Elitehochschule Ecole Nationale d’Administration (ENA) abzuschaffen. Inwiefern sich die für Donnerstag geplante Rede mit den Inhalten deckt, die bei der Fernsehansprache hätten verkündet werden sollen, ist unklar.

Wut über Millionenspenden für Notre-Dame

Für das Osterwochenende hatten einige Führungsfiguren der zersplitterten Bewegung bereits vor Wochen zu Protesten aufgerufen und mobilisiert. „Wir fordern alle unsere Bürger auf, auf unfriedliche und gelbe Weise nach Paris zu reisen“, heißt es in einem aktuellen Aufruf der Bewegung auf Facebook. Wut unter den „Gelbwesten“ haben auch die Millionenspenden für den Wiederaufbau der Kathedrale ausgelöst.

Nach dem Feuer hatten französische Milliardärsfamilien immense Summen versprochen. „Was ‚Notre-Dame‘ betrifft, so ist es gut, dass die Milliardäre eine Milliarde Euro finden konnten, aber 140.000 Obdachlose, das interessiert niemanden!“, heißt es in dem Facebook-Aufruf weiter. „Wieder einmal ist die Bedrohung ernst und erfordert verstärkte Maßnahmen“, sagte Innenminister Christophe Castaner und kündigte ein großes Sicherheitsaufgebot an.

Die andauernden Proteste der „Gelbwesten“ hatten eine tiefe Spaltung der französischen Gesellschaft offengelegt. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hatte bei einem Festakt am Donnerstag zu einem Schulterschluss der Franzosen aufgerufen. „Die Zeit des Wiederaufbaus muss eine Zeit der Einigkeit werden“, forderte sie in einer emotionsgeladenen Rede vor dem Pariser Rathaus.