Obwohl es nur begrenzte Informationen gebe, habe die Familie von Roskelley bestätigt, dass die drei den Gipfel erreicht hätten, hieß es seitens der kanadischen Nationalparkbehörde bei einer Telefonpressekonferenz. Die Männer seien dabei gewesen, über die Ostwand des Berges abzusteigen, als das Unglück geschehen sei, so der Behördenvertreter Brian Webster. Sie hätten sich gerade abgeseilt, als sich die Lawine gelöst habe.
Wo genau die Bergsteiger, die zu den besten Alpinisten der Welt zählten, von der Lawine erfasst wurden, blieb unklar. Auer, Lama und Roskelley hatten keine Sender bei sich, mit denen sie nach der Lawine hätten geortet werden können. Webster sagte, für das Trio wäre ohnehin jede Hilfe zu spät gekommen.
Bergsteiger am Sonntag geborgen
Die seit Dienstag nach einem Lawinenunglück in Westkanada vermissten Extrembergsteiger wurden am Sonntag gefunden. Die drei verunglückten auf dem 3.295 Meter hohen Howse Peak im Nationalpark Banff in der Provinz Alberta. Die gewählte Route gilt als sehr schwierig.
Nachdem die Männer als vermisst gemeldet worden waren, suchten Rettungskräfte das Gebiet aus der Luft ab. Der Rettungseinsatz musste zwischenzeitlich wegen schlechten Wetters und der Gefahr weiterer Lawinenabgänge unterbrochen werden. Nach dem Fund von Kletterausrüstung gingen die Behörden vom Tod der Alpinisten aus – eine Nachricht, die große Bestürzung auslöste. Am Sonntag schließlich konnten nur noch ihre Leichen gefunden werden, wie die Nationalparkbehörde mitteilte, die den Angehörigen der Toten ihr Beileid übermittelte. Das Außenministerium in Wien bestätigte Montagvormittag die Identität der beiden Österreicher.
Auf der Avalanche-Canada-Skala (drei bis fünf) sei die Größe der Lawine mit der Stufe drei bemessen worden, sagte Stephen Holeczi, einer der Sicherheitsverantwortlichen der kanadischen Nationalparks, schon nach der Vermisstenmeldung gegenüber CBS News. Das würde ausreichen, um ein Auto zu begraben, Bäume zu brechen und ein aus Holz gebautes Gebäude zu zerstören.
„David lebte für die Berge“
Am Freitag hatten sich bereits Lamas Eltern zu Wort gemeldet. Claudia und Rinzi Lama bedankten sich auf Facebook für die „zahlreichen positiven Worte und Gedanken“ und baten, David „mit seiner Lebensfreude, seiner Tatkräftigkeit und mit Blick Richtung seiner geliebten Berge in Erinnerung zu behalten“.
„David lebte für die Berge, und seine Leidenschaft für das Klettern und Bergsteigen hat uns als Familie geprägt und begleitet. Er folgte stets seinem Weg und lebte seinen Traum. Das nun Geschehene werden wir als Teil davon akzeptieren“, schrieben Lamas Eltern und posteten dazu ein Foto ihres Sohnes. Die Familien von Hansjörg Auer und Jess Roskelley würden sie in ihre Gedanken einschließen. Schließlich baten die Eltern „um Verständnis, dass es keine weitere Stellungnahme von uns geben wird“.
Messner und Habeler bestürzt
Bestürzt über das Lawinenunglück hatten sich bereits vor der endgültigen Todesnachricht auch zwei Extrembergsteigerlegenden gezeigt: Reinhold Messner und Peter Habeler. „Es ist ein sehr schlimmes Unglück, schrecklich“, sagte Messner im Gespräch mit der APA. Alle drei hätten zu den besten Bergsteigern der Welt gehört, so der Südtiroler, der sowohl Lama als auch Auer persönlich sehr gut kannte. Messner vermutete, dass bei dem Unglück in den Rocky Mountains ein Stück der Eiswand heruntergebrochen ist und letztlich zu dem tödlichen Unfall geführt hat.
Der Unfall zeige einmal mehr, dass das traditionelle Bergsteigen, bei dem man sich in die „absolute Wildnis“ begebe und dabei alles selber mache, „wahnsinnig gefährlich“ sei. „Es handelt sich dann nicht mehr um eine Frage des Könnens, sondern von Glück und Unglück“, meinte die Bergsteigerlegende. Von den Weltbesten, die sich in diesem Bereich bewegen, komme die Hälfte ums Leben – das sei schon immer so gewesen. „Bergsteigen in dieser Dimension ist faszinierend. Aber es ist auch schwer zu vertreten“, zeigte sich Messner nachdenklich.
Erschüttert war auch Habeler, dem vor allem Lama sehr nahestand. „Schlimm, schlimm, schlimm. Das waren die Besten der Besten. Überflieger im positiven Sinn. David war eine Ikone“, so Habeler gegenüber der APA. Lama hatte als Fünfjähriger einen Kletterkurs bei ihm besucht. Bereits damals erkannte der Zillertaler dessen enormes Talent. „Er wurde ein Vorbild für viele. David war ein humorvoller, ruhiger Mensch. Ich habe ihn über alle Maßen geschätzt“, sagte Habeler, der noch als knapp 75-Jähriger mit Lama die Eiger-Nordwand in der Schweiz durchstieg.
Drei Weltklassebergsteiger
Lama galt als Ausnahmetalent der Alpinisten- und Klettererszene. 2006 war er der erste Kletterer, dem es gelang, in seiner ersten Saison im Weltcup sowohl einen Boulder-Weltcup als auch einen Vorstieg-Weltcup zu gewinnen. Von Lamas freier Begehung der Kompressorroute auf dem Cerro Torre in Patagonien handelt der Film „Cerro Torre“ aus dem Jahr 2013. Im vergangenen Herbst gelang ihm die Erstbesteigung des 6.895 Meter hohen Lunag Ri in Nepal über den Westpfeiler im Alleingang.
Auch Auer galt in der Kletterszene als einer der besten der Welt. Der 35-Jährige wurde vor allem durch seine Free-Solo-Klettertouren bekannt – das heißt die Begehung einer Kletterroute im Alleingang unter Verzicht auf technische Hilfs- und Sicherungsmittel. Im April 2007 kletterte er etwa die 37 Seillängen und 1.220 Meter lange Route „Weg durch den Fisch“ (Schwierigkeitsgrad 7b+) in den Dolomiten auf diese Weise.
Roskelley hatte 2003 als 20-Jähriger mit seinem Vater John den Mount Everest bestiegen. Zu dem Zeitpunkt war er der jüngste US-Bergsteiger, dem das gelungen war. John Roskelley hatte der Zeitung seines Heimatortes Spokane im US-Bundesstaat Washington bestätigt, dass die drei Bergsteiger im kanadischen Bundesstaat Alberta an der Grenze zu British Columbia unterwegs waren, um dort eine schwierige Route auf den Howse Peak im Banff-Nationalpark zu klettern. Sein Sohn hätte sich am Dienstag melden sollen, was er offenbar nicht tat. „Es ist eine dieser Routen, bei der die Bedingungen perfekt sein müssen, sonst wird es zum Alptraum. Genau das ist passiert“, sagte John Roskelley laut „The Spokesman Review“ (Onlineausgabe).