Szene aus „Avengers: Endgame“
Marvel Studios 2019
„Avengers: Endgame“

Mit Bombast in eine neue Zeit

Bombast, Emotion, Drama – alles im Überfluss und doch fein ausbalanciert: Mit „Avengers: Endgame“ bricht eine neue Zeit im Marvel-Kinouniversum an. Der Film legt die Latte für künftige Blockbuster auf eine Höhe, die so schnell wohl nicht übersprungen werden wird. Zudem könnte er die Grenze zwischen den Genres Film und Serie nachhaltig verschieben.

„Avengers: Endgame“ setzt dort an, wo der Vorgänger „Infinity War“ aufgehört hat. Die Superheldinnen und Superhelden sehen sich mit den Folgen einer Katastrophe kosmischen Ausmaßes konfrontiert. Sie haben gegen den violetten Titanen Thanos (Josh Brolin) und seine Armee gekämpft und verloren. Der Preis, den sie dafür zahlen müssen, ist hoch.

„Avengers: Endgame“ ist aber viel mehr als ein zweiter Teil von „Infinity War“: Was 2008 mit dem ersten Teil der „Iron Man“-Trilogie begann, endet elf Jahre und 21 Filme später in einem Finale, das seinesgleichen sucht. Natürlich gibt es spektakuläre Action- und Kampfszenen, Emotion, Dramatik, aufgelockert mit Wortwitz und skurriler Komik. In dieser Hinsicht ist „Avengers: Endgame“ immer noch Comic-Kino.

Szene aus „Avengers: Endgame“
Marvel Studios 2019
Heldinnen und Helden im Sonnenuntergang – „Avengers: Endgame“ dauert „schlanke“ drei Stunden und zwei Minuten

Gut Ding braucht Weile

Das Besondere ist aber die Geschichte, die unzählige Handlungsstränge aus früheren Produktionen aufgreift und zu einem großen Ganzen verwebt. Vier Jahre wurde am Skript getüftelt, die Autoren Christopher Markus und Stephen McFeely schrieben die Drehbücher zu „Infinity War“ und „Endgame“ parallel. Mit drei Stunden und zwei Minuten Laufzeit ist „Avengers: Endgame“ der bisher längste Marvel-Film und verlangt den Fans einiges an Sitzfleisch ab.

„Er ist genauso lang, wie er sein soll“, sagte McFeely dem US-Magazin „Vulture“. Nach 22 Filmen habe der „Film seine Länge“ und das Publikum einen Streifen mit „Substanz“ verdient, so McFeely. Nachsatz: „Bei Gott, es klingt paradox, aber es sind schlanke drei Stunden!“

Tatsächlich geben Markus und McFeely der Handlung viel Raum zur Entwicklung. In unterschiedlichen Konstellationen suchen die Avengers nach Lösungen für ein scheinbar unlösbares Problem. Das hat zwar gewisse Längen, ist die meiste Zeit über aber unterhaltsam anzusehen. Einige der tragenden Säulen der „Avengers“, über die Jahre sorgsam zu Charakteren aufgebaut, dürfen noch einmal richtig glänzen: Robert Downey jr. als innerlich zerrissener Tony Stark alias Iron Man; Chris Hemsworth als kaum wiederzuerkennender verlebter Donnergott Thor; Mark Ruffalo als Hulk, wie man ihn noch nie gesehen hat; Chris Evans als Vorzeigepatriot außer Dienst und mittlerweile gebrochener Held Captain America.

„Avengers: Endgame“ bricht Rekorde

Der neuste Marvel-Film „Avengers: Endgame“ bricht bereits vor dem Kinostart alle Rekorde. Im Vorverkauf wurden innerhalb von sechs Stunden so viele Karten verkauft wie noch nie zuvor.

Für Fans halten die Regisseure Anthony und Joe Russo ein Feuerwerk an Referenzen an die bisherigen Marvel-Filme bereit. Und nicht nur für Fans gibt es ein Finale voller Bombast und Drama. Am Ende werden die Fäden in Richtung Zukunft gesponnen – einiger Überraschungen inklusive. Das Zusammenspiel all dieser Elemente macht „Avengers: Endgame“ zu einem Blockbuster, der die Messlatte für künftige Produktionen extrahoch gelegt hat.

Milliardenschweres Geschäft

Für Marvel und seinen Eigentümer Disney hat sich das Franchise indes zur Cashcow entwickelt. „Avengers: Infinity War“ (2018) ist der erfolgreichste Superheldenfilm aller Zeiten. Das dürfte sich bald schon ändern: Bereits in seiner ersten Woche könnte der neue Film weltweit bis zu 900 Mio. Dollar (809 Mio. Euro) an den Kinokassen einspielen, was ebenfalls ein Rekord wäre.

Szene aus „Avengers: Endgame“
Marvel Studios 2019
Wenn Ant Man zweimal klingelt: Paul Rudd als Scott Lang

Insgesamt hat Disney nach eigenen Angaben bisher 19 Mrd. Dollar (17 Mrd. Euro) mit den Marvel-Filmen eingenommen. Hinzu kommen etliche weitere Milliarden aus dem Verkauf von Merchandiseartikeln. Auch die Kritik zeigte sich angetan von Marvels Zugang zum Comic-Film. „Black Panther“ wurde zudem dreimal mit dem Oscar ausgezeichnet und war als erster Superheldenfilm überhaupt für die Königskategorie „Bester Film“ nominiert.

Durchlässige Grenzen

Mit seinen Superheldinnen- und Superheldenfilmen hat Marvel eine neue Art von Serienformat für die Kinoleinwand geschaffen. Jeder Film steht für sich und ist in einem gewissen Genre eingebettet. „Captain Marvel“ etwa orientiert sich am 80er-Klassiker „Top Gun“, mit vertauschten Geschlechterrollen. Die Tonalität der einzelnen Streifen ist unterschiedlich, ebenso wie der Grad an politischem Subtext.

Szene aus „Avengers: Endgame“
Marvel Studios 2019
Clint Barton alias Hawkeye soll seine eigene Serie auf Disneys Streamingdienst bekommen

Fortsetzungs- und Serienformate sind im Kino an sich nichts Neues, siehe „Star Wars“, „Jason Bourne“ oder „James Bond“. Bei „Star Trek“ wiederum fanden sich Handlungsstränge aus der Serie in den Filmen wieder. Man erinnere sich an Captain Jean-Luc Picards Aufeinandertreffen mit den kybernetischen Borg.

Disney könnte mit seinen Plänen für das Marvel Cinematic Universe (MCU) die Durchlässigkeit zwischen Film und Serie auf eine neue Stufe stellen. Kommen sollen nämlich nicht nur neue Kinofilme. Mit der Serie „Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D.“ hat Marvel bereits Charaktere eingeführt, die sowohl auf dem kleinen Bildschirm als auch auf der Kinoleinwand auftauchen – so auch in „Avengers: Endgame“. Nun sollen auch einige der aus dem Kino bekannten Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller wie Jeremy Renner (Clint Barton alias Hawkeye) ihre eigene Serien auf Disneys neuem Streamingdienst Disney+ erhalten.