Harald Vilimsky, EU-Wahl-Spitzenkandidat der FPÖ, in der ZiB2
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FPÖ-Spitzenkandidat Vilimsky attackiert ORF

Harald Vilimsky, EU-Wahl-Spitzenkandidat der FPÖ, hat seinen Auftritt am Dienstagabend in der ZIB2 vor allem dazu genutzt, Interviewer Armin Wolf und den ORF zu attackieren. Über Fragen nach rechtsextremen „Einzelfällen“ gab er sich empört, er sah seine Partei in die Nähe zum Nationalsozialismus gerückt. „Das ist etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann“, sagte er drohend.

Anlass für Vilimskys Verbalangriff war eine visuelle Gegenüberstellung, die Wolf während des Interviews präsentierte. Einen Cartoon der steirischen Parteijugend, in dem eine einheimische Familie in grüner Tracht von finsteren Zuwanderern mit langer Nase, Bart und Buckel bedroht wird, stellte ein Insert neben die Darstellung eines Juden aus dem NS-Kampfblatt „Der Stürmer“.

Vilimsky sprach daraufhin von „unterster Schublade“, die unterstellte Ähnlichkeit zum „Stürmer“ sei geschmacklos und skandalös. Die Karikatur stelle für ihn einen Islamisten dar, die Geschichte sei zudem ein Jahr alt und habe im steirischen Landtag niemanden aufgeregt.

Vilimsky: „Sie machen permanent Stimmung gegen uns“

Vilimsky beantwortet Fragen zur Gedichtaffäre des Braunauer Vizebürgermeisters, zu einem Bild des RFJ Steiermark, zu den Identitären, zu Russland-Verbindungen und zu FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl.

Der blaue Spitzenkandidat sprach von „linken Netzwerken“, die gegen die FPÖ agierten und auf Twitter Stimmung machten, und kritisierte Wolf dafür, das Sujet im öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen Monat vor der EU-Wahl hervorzuziehen.

Vilimsky vermisst Berichte

Auch sonst zeigte er sich mit der ORF-Berichterstattung unzufrieden. „Sie bringen in der ZIB1 null über unsere Kampagne“, so Vilimsky. Man versuche der FPÖ zu schaden, auch bezüglich der auf einem freiheitlichen Ticket in die Bundesregierung eingezogenen Außenministerin Kneissl, die seiner Ansicht nach in der ORF-„Pressestunde“ vor laufender Kamera zu einem „Parteistriptease“ „genötigt“ worden sei – und sich dort nicht zur Wahl Vilimskys bekennen hatte wollen. Die „linke Seite“ in der Republik wende hier ganz aggressive Methoden an. Wolf wies das zurück, man habe die Ministerin einfach gefragt.

Weiter Aufregung bei FPÖ

Nach dem Auftritt gingen am Mittwoch die Wogen hoch. Noch in der Nacht meldete sich FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache auf Facebook zu Wort. „Sachlichkeit kennt ein Herr Wolf wohl nicht“, schrieb er. „Sowohl die Opposition als auch eine Hand voll Journalisten stellen ihre eigenen politischen Ansichten permanent über ein demokratisches Wahlergebnis.“ Ihm sei es aber „relativ egal“, ob „ein Herr Wolf unser Handeln und Tun für gut empfindet oder nicht“.

Christian Hafenecker, wie Vilimsky FPÖ-Generalsekretär, sah im „Stürmer-Vergleich“ den Beweis, „wie unterirdisch der ORF mittlerweile ist“. Via Twitter griff er Wolf direkt an: Man müsse dem Journalisten „dankbar dafür sein, dass er nicht einmal versucht, sich zu verstellen. Gut, dass Leute wie er nur vorgefertigte Texte verlesen dürfen und nicht etwa als Richter agieren können.“

Kurzer Kommentar Blümels

Die ÖVP wollte die Sache zunächst nicht kommentieren. „Ich bin Medienpolitiker und nicht -kommentator und will nicht jedes Interview kommentieren“, sagte Medienminister Gernot Blümel am Rande des Ministerrates. Am späten Nachmittag nahm Blümel doch – kurz und mit kritischer Distanzierung – Stellung: „Die Politik hat sich nicht in Beschäftigungsverhältnisse von Journalisten einzumischen, völlig unabhängig davon, wie Fragestellungen oder Interviewführungen bewertet werden“, erklärte Blümel in seiner kurzen Aussendung – unter Hinweis auf die „aktuellen Diskussionen“, aber ohne einen Namen zu nennen.

Der freiheitliche Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, Norbert Steger, wollte indes in Vilimskys Angriffen kein Drohpotenzial orten, wie er dem „Kurier“ am Mittwoch sagte. „Was war beim ‚Stürmer‘ die Konsequenz? Man war mit dem Leben bedroht. Was droht Wolf? Dass ich sage, das ist nicht Journalismus, wie ich ihn mir vorstelle.“ Der „Stürmer“-Vergleich sei empörend weil den Nationalsozialismus verharmlosend: „Ich halte das für pervers, dass man solche lauen Lüfterl immer mit Nazis vergleicht.“ Wolf solle sich „um die Sozialistische Partei kümmern“ und „für sie kandidieren“, sagte Steger.

Opposition sieht neuen Tiefpunkt

Sehr wohl das Wort ergriff die Opposition. „Es vergeht weiterhin kein Tag, an dem die FPÖ nicht an den Grundfesten der Demokratie sägt“, meinte SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda. „Vilimskys unverhohlene Drohungen auf berechtigte Fragen zur Abgrenzung der FPÖ gegenüber dem Nationalsozialismus sind ein weiterer besorgniserregender Schritt in Richtung illiberale Demokratie Orban’scher Prägung.“

Auch NEOS-EU-Spitzenkandidatin und -Mediensprecherin Claudia Gamon sah sich an Ungarn erinnert. „Mit Drohungen auf kritische Fragen zu reagieren – damit hat die FPÖ einen neuen Tiefpunkt erreicht“, schrieb sie in einer Aussendung. Alma Zadic (Jetzt) ortete in Vilimskys Aussagen eine „absolute Grenzüberschreitung, nach der wir nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen können“.