Zwei Männer mit einem Tablet in einer Fabrik
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Digitalisierung

OECD ruft zu Maßnahmen gegen Jobschwund auf

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) relativiert in einer neuen Studie die Angst vor dem großen Jobschwund: Digitalisierung und Automatisierung werden weniger Stellen kosten als oft befürchtet. Österreichs Jobs sind aber etwas stärker von der Verdrängung bedroht. Um nicht nur Nachteile zu erleiden, sondern die Chancen des Wandels zu nutzen, müsse gezielt gehandelt werden.

Der Beschäftigungsausblick, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, legte heuer den Fokus auf die Folgen von Automatisierung und Globalisierung für die Arbeitsmärkte der 36 Mitgliedsstaaten der OECD. Der Wandel, der sich auf den Arbeitsmärkten vollzieht, bringt tiefgreifende Veränderungen mit sich, so die Organisation. Er biete aber auch Chancen.

Insgesamt seien den Schätzungen zufolge in den kommenden 15 bis 20 Jahren 14 Prozent der Arbeitsplätze im OECD-Raum stark von Automatisierung bedroht, erklärte die Organisation. Als bedroht schätzen die OECD-Forscherinnen und -Forscher Arbeitsplätze ein, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent automatisiert werden. Das sind mit etwa jedem siebenten Arbeitsplatz „deutlich weniger“ als in einigen Studien dargelegt. Mit „massiver technologischer Arbeitslosigkeit“ sei kaum zu rechnen, so die OECD angesichts der Befürchtungen, fast die Hälfte aller Arbeitsplätze würden wegbrechen – ein Schluss, zu dem im Februar auch das heimische Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) gekommen ist.

Dennoch stehen der OECD zufolge selbst denjenigen, die ihren Arbeitsplatz behalten, erhebliche Veränderungen bevor. Zusätzlich zu den 14 Prozent der Arbeitsplätze, für die ein erhebliches Automatisierungsrisiko besteht, erwartet die OECD für weitere 32 Prozent der Stellen radikale Veränderungen, da einzelne Tätigkeitsbereiche automatisiert werden dürften. Zudem entstehen laut der Studie zahlreiche Möglichkeiten, neue Jobs zu schaffen.

Jede sechste Stellte in Österreich betroffen

In Deutschland sind laut OECD 18,4 Prozent der Jobs bedroht. In Österreich sei es mit 16,6 Prozent etwa jede sechste Stelle, leicht über dem Schnitt. Ein Grund dafür sei, dass rund ein Drittel aller Beschäftigung atypisch sei. Etwa drei von zehn Jobs dürften sich in Zukunft deutlich verändern, so der Ausblick. Österreicherinnen und Österreich mit geringen Qualifikationen und niedrigen Löhnen hätten das größte Risiko, dass ihre Arbeitsplätze automatisiert werden. Und viele, die ihren Job verlieren würden, verfügten nicht über die richtigen Fähigkeiten und Kompetenzen für die neu entstehenden Arbeitsplätze. Junge Arbeitnehmer und Personen ohne Tertiärbildung (Universitäten, Fachhochschulen etc.) seien den größten Risiken ausgesetzt.

Grafik zur Automatisierung von Jobs
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: OECD

Daher empfiehlt die OECD etlichen Ländern, darunter Österreich, die Möglichkeiten für lebenslanges Lernen auszubauen. Die meisten Erwachsenenbildungssysteme seien eher schlecht gerüstet. Im Schnitt bildeten sich in jedem Jahr etwa 40 Prozent der Erwachsenen weiter, aber jene, die es am meisten brauchten, bekämen am seltensten Weiterbildung – und nicht immer von guter Qualität. „Geringqualifizierte und ältere Erwachsene nehmen deutlich weniger an Weiterbildung teil, wobei die entsprechenden Qualifikationslücken in Österreich besonders groß sind“, so die Studie.

Bedrohte Sektoren

Große Risiken bestehen laut OECD im verarbeitenden Gewerbe und in vielen Dienstleistungsbranchen. Im Gesundheits- und Bildungswesen ebenso wie im öffentlichen Sektor sei das Automatisierungsrisiko zwar gering, doch auch dort würden viele Menschen vom digitalen Wandel betroffen sein. Chancen täten sich hingegen in neuen Berufsfelder im Big-Data-Management, Roboteringenieurwesen und in der Drohnentechnik auf. Auch die Beschäftigungsqualität könne verbessert werden – etwa indem gefährliche oder langweilige Aufgaben automatisiert würden. Arbeitskräfte könnten außerdem freier über ihre Arbeitszeit entscheiden. Zudem lasse sich das Arbeitsumfeld sicherer und gesünder gestalten.

Die OECD

Die OECD ist eine internationale Organisation mit 36 Mitgliedsstaaten, die sich „der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen“. Ziel sei es, eine Politik zu fördern, die das Leben der Menschen weltweit in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht verbessert. Österreich gehörte 1960 zu den Gründungsstaaten.

Insgesamt hänge die Zukunft der Arbeit „stark von den Politikentscheidungen der Länder“ ab, so die OECD. Mit den richtigen Weichenstellungen ließen sich die Chancen nutzen und die Risiken begrenzen. „Trotz aller Unsicherheit blicken wir keiner Zukunft ohne Arbeit entgegen“, heißt es in dem Beschäftigungsausblick. Nötig seien allerdings „wirkungsvolle, ausreichend finanzierte Maßnahmen“, durch die der Wandel bewältigt und eine Zunahme der Ungleichheit vermieden werden könnten.

Und das sollte nach Einschätzung der OECD rasch geschehen: „Ohne schnelles Handeln werden viele Menschen, besonders die schlechter ausgebildeten, in der sich schnell wandelnden Arbeitswelt zurückgelassen“, heißt es. Das berge das Risiko von sozialen und wirtschaftlichen Spannungen.

Ein weiterer Punkt sei, dass alle Beschäftigten unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus ausreichend durch das Arbeitsrecht abgesichert sind. So müsse man etwa Scheinselbstständigkeit bekämpfen. Außerdem sollten die Systeme der sozialen Sicherung angepasst und ausgeweitet werden, um atypisch Beschäftigte besser abzusichern.