Regisseur John Singleton
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1968–2019

John Singleton ist tot

Der US-amerikanische Regiepionier und Produzent John Singleton ist tot. Der 1968 geborene Filmemacher war der erste Afroamerikaner, der in der Sparte „Beste Regie“ für den Oscar nominiert war. Er sei im Kreise seiner Familie und Freunde friedlich entschlafen, teilte seine Sprecherin Shannon Barr am Montagnachmittag (Ortszeit) der dpa mit. Singleton wurde 51 Jahre alt.

Der Filmemacher war am 17. April ins Spital eingeliefert worden. Eine Woche später fiel er ins Koma. Seine Mutter Sheila Ward hatte daraufhin bei einem Gericht in Los Angeles die vorübergehende Vormundschaft beantragt, um Singletons Interessen zu vertreten, berichteten US-Medien. Die Angehörigen hatten sich schließlich entschlossen, lebenserhaltende Maßnahmen beenden zu lassen.

Singleton wurde am 6. Jänner 1968 in Los Angeles geboren. Schon während seines Studiums an der University of Southern California verfasste er Drehbücher, die auch mehrfach ausgezeichnet wurden. Im zweiten Studienjahr heuerte er bei der Creative Artists Agency an, einer der führenden Agenturen Hollywoods.

Regisseur John Singleton
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Singleton gelang im Alter von 24 Jahren mit der Milieustudie „Boyz n the Hood – Jungs im Viertel“ der Durchbruch

Nur wenig später gelang Singleton der Durchbruch: Im Alter von 24 Jahren legte er „Boyz n the Hood – Jungs im Viertel“ vor. Der 1991 erschienene Film mit Laurence Fishburne, Cuba Gooding jr., Angela Bassett und dem Rapper Ice Cube (bürgerlich O’Shea Jackson) zeichnete ein realistisches Bild des Lebens im Bezirk South Central in Los Angeles. Der Stadtteil ist einer ärmsten der Millionenmetropole und geplagt von Drogenhandel und Gewalt.

Zweifach oscarnominiert

An den US-Kinokassen konnte der Film ebenso punkten wie bei der Kritik. 1992 wurde Singleton in der Drehbuchkategorie sowie als erster Afroamerikaner überhaupt in der Rubrik „Beste Regie“ nominiert, wo er sich Jonathan Demme („Das Schweigen der Lämmer“) geschlagen geben musste. „Boyz n the Hood – Jungs im Viertel“ machte Singleton zu einem der bedeutendsten Regisseure des „New Black Cinema“.

Zu dieser Reputation trug auch der Nachfolger „Poetic Justice“ bei. Die Hauptrollen des 1993 veröffentlichen Werks spielten Janet Jackson und der Rapper Tupac Shakur, der drei Jahre später erschossen wurde. Die Tat ist bis heute ungeklärt.

Sprung in den Mainstream

Der von der Kritik am meisten gefeierte Film Singletons war allerdings „Rosewood Burning“. Er behandelt das „Rosewood-Massaker“, bei dem ein weißer Mob im Jahr 1923 eine afroamerikanische Siedlung in Florida niederbrannte. Anfang des Jahrtausends nahm sich Singleton eines der berühmtesten schwarzen Privatdetektive an: John Shaft. In „Shaft – Noch Fragen?“ spielte Samuel L. Jackson die Hauptrolle, auch der Original-Shaft Richard Roundtree war mit von der Partie.

2003 führte Singleton dann bei „2 Fast 2 Furios“ Regie, dem zweiten Teil der „The Fast and the Furios“-Saga. Zu seinen weiteren Regiearbeiten gehören „Vier Brüder“ und „Atemlos – Gefährliche Wahrheit“. Als Produzent brachte er unter anderem das Drama „Hustle & Flow“ ins Kino. Er ist ausführender Produzent der laufenden TV-Serie „Snowfall“. Sie behandelt die Crack-Epidemie in den USA der früheren 1980er Jahre.

Vorwurf der sexuellen Belästigung

Als kreative Vorbilder nannte Singleton die „Star Wars“-Trilogie aus den 1970er Jahren sowie das cineastische Werk Steven Spielbergs. Singleton war einmal verheiratet und hat insgesamt fünf Kinder aus mehreren Beziehungen.

Im Jahr 2011 klagte Singleton Paramount und MTV Films auf mindestens 20 Millionen Dollar (rund 14,5 Mio. Euro). Die Studios hätten einen Vertrag aus dem Jahr 2005 nicht eingehalten, in dem Singleton die Rechte an dem von ihm produzierten Erfolgsfilm „Hustle & Flow“ für eine reduzierte Summe abgab. Im Gegenzug hätten sich die Filmverleihe bereiterklärt, zwei seiner Projekte zu finanzieren und auf den Markt zu bringen. Das passierte laut dem Regisseur nicht. Vor zwei Jahren erhob die US-amerikanische Journalistin Danielle Young Vorwürfe sexueller Belästigung gegen den Filmemacher. Singleton habe sie nach einem Interview an sich gezogen und gegen ihren Willen auf den Hals geküsst.

„Dein Geist wird ewig leuchten“

Die Trauer in Hollywood ist groß. „Ruhe in Frieden, mein Freund“, schrieb Oscar-Preisträgerin Halle Berry auf Twitter. Sie könne es nicht fassen, dass Singleton gestorben sei, so die Schauspielerin. Regina King, die in diesem Jahr für das Drama „If Beale Street Could Talk“ den Oscar als beste Nebendarstellerin holte, würdigte Singleton als einen „der Größten“. „Dein Geist wird ewig leuchten“, schrieb die Schauspielerin auf Instagram.

„Get Out“-Regisseur Jordan Peele würdigte seinen Kollegen als „mutigen Künstler“ und als „wahre Inspiration“. „Seine Vision hat alles verändert“, schrieb Peele auf Twitter. „Er hat vielen jungen Filmemachern den Weg bereitet“, schrieb Hollywood-Star Samuel L. Jackson in einem Tweet. Gruselmeister John Carpenter („Halloween“) lobte ihn als talentierten Regisseur und gütigen Mensch, der viel zu jung gestorben sei. Singleton werde sehr vermisst werden, hieß es in einem Tweet der Oscar-Akademie.