SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
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Rendi-Wagner

„Wir sind der 1. Mai“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat ihre erste Rede beim traditionellen Aufmarsch zum Tag der Arbeit für einen Frontalangriff gegen die Regierung genutzt. Dem einstigen Koalitionspartner ÖVP warf Rendi-Wagner unter anderem vor, gemeinsam mit der FPÖ den „Weg des sozialen Zusammenhalts“ verlassen zu haben.

Mit Blick auf die auf dem Wiener Rathausplatz versammelte Anhängerschaft ortete die SPÖ-Chefin hingegen nach wie vor eine Kraft, die für ihre Freiheit, Gleichheit und Solidarität und damit die von der SPÖ seit 130 Jahren verfolgten Ideale eintrete. „Wir sind der 1. Mai“, sagte Rendi-Wagner mit Verweis auf „die Idee“ hinter dem Tag der Arbeit dazu weiter.

Rendi-Wagner stellte eine Abgrenzung von der blauen Regierungspartei ins Zentrum ihrer Rede und forderte dabei auch FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache gleich direkt zum Rücktritt auf. Die SPÖ-Chefin warf der FPÖ in diesem Zusammenhang permanente Grenzüberschreitungen vor, und an diese „dürfen wir uns niemals gewöhnen“.

SPÖ-Kundgebung zum Tag der Arbeit
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Der Wiener Rathausplatz in SPÖ-rot

„Falsche Freundin“

Auch für die sozialpolitischen Maßnahmen der ÖVP-FPÖ-Regierung zeigte Rendi-Wagner wenig Verständnis: „So schnell, wie sie die moralischen Standards gesenkt haben, haben sie auch die Unterstützung für Kinder gesenkt“, beklagte sie. Die FPÖ reiche „den Türkisen“ den Hammer, wenn es darum gehe, „die Politik des sozialen Ausgleichs zu zertrümmern“. Die ÖVP sehe dafür bei „Einzelfällen“ weg, so Rendi-Wagner, die der FPÖ hier etwa die Verwendung rechtsextremer Begriffe und Codes vorwarf.

Die FPÖ sei die „falsche Freundin“ der Arbeitnehmer, konstatierte Rendi-Wagner. Man werde, so versprach sie, der ÖVP und der FPÖ den „Hammer aus der Hand reißen“, mit dem sie das Sozialsystem zerstören wollten. Sie wetterte auch gegen das „Drüberfahren“ über die Arbeitnehmer beim Zwölfstundentag und das Aus für die „Aktion 20.000“, deren sofortige Wiedereinführung sie verlangte. „Und streichen wir endlich die Mehrwertsteuer für Mieten“, forderte die SPÖ-Chefin, die in ihrer Rede zudem nicht mit Lob für das SPÖ-regierte Wien sparte.

„100 Jahre Rotes Wien haben diese Stadt zur lebenswertesten Stadt gemacht“, hob die Parteivorsitzende hervor – die während ihrer Ausführungen ein von der Sozialistischen Jugend gefertigtes Großtransparent im Blickfeld hatte. „Schluss mit dem Schweigen. Her mit der Opposition“, war darauf zu lesen.

„Keine Koalition mit dieser FPÖ“

Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Landesparteivorsitzende Michael Ludwig ging in seiner Rede ebenfalls auf das Jubiläum (den Wahlsieg der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei SDAP 1919, Anm.) ein. Doch es seien nicht hundert Jahre gewesen, gab er zu bedenken. Denn die Erfolgsgeschichte sei unterbrochen worden durch zwei „brutale Faschismen“.

Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hätten Ludwig zufolge zudem „ein besonderes Sensorium, wenn es um Rassismus, Hetze und Antisemitismus geht“. Ludwig sprach in diesem Zusammenhang von regelmäßigen Entgleisungen blauer Politiker, und aus diesem Grund sei er auch strikt gegen eine Koalition mit „dieser FPÖ“.

Dem heute ebenfalls anwesenden Spitzenkandidaten bei der EU-Wahl, Andreas Schieder, versprach er, dass die Wiener SPÖ alles daran setzen werde, dass man beim Urnengang Ende Mai um den ersten Platz kämpfe. Überhaupt zeigte er sich sehr zuversichtlich: „Das ist nicht das Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts. Jetzt geht es erst richtig los.“

„Feuerlöscher ist rot“

Schieder ging in seiner Rede auf die EU-Wahl ein und warnte vor Nationalisten als „Brandstifter am gemeinsamen Europa", und der hier notwendige Feuerlöscher sei rot. „Kämpfen wir gemeinsam für ein sozialeres und gerechteres Europa“, sagte Schieder. Der SPÖ-EU-Spitzenkandidat sprach sich zudem gegen weitere Privatisierungen aus. Man stehe für ein Europa der Menschen und nicht der Konzerne, versicherte er.

Maiaufmarsch der SPÖ

Der Wiener Rathausplatz ist traditionell Schauplatz der größten SPÖ-Veranstaltung am 1. Mai.

Laut Wiener SPÖ sind zum Maiaufmarsch wieder 120.000 Menschen gekommen – so viel wie im Vorjahr. Daten für die Schlusskundgebung gab es von der Polizei, die von rund 12.000 Menschen sprach, die am – heuer aufgrund von Bauarbeiten geringfügig verkleinerten – Rathausplatz anwesend waren.

Besonderen Beifall erhielt von diesen auch die den jüngsten Wahlen erfolgreiche Präsidentin der Arbeiterkammer (AK), Renate Anderl. Sie betonte in ihrer Rede nicht nur, dass die AK nur „ihren Mitgliedern und sonst niemandem“ gehöre. Mit „es ist nicht die größte Steuerreform aller Zeiten, es ist die sich am längsten hinziehende“, kritisierte Anderl auch das erst am Vortag vorgestellte jüngste Regierungsreformprojekt.

So wie für Schieder und Rendi-Wagner war der Auftritt bei der Schlusskundgebung auch für die neue Vorsitzende der Wiener SPÖ-Frauen, Marina Hanke, eine Premiere. Auch sie ortete einen Kampf gegen arbeitende Menschen seitens des Bundes. „Wir stehen hier am Rathausplatz, aber wenn ihr euch umdreht, dann schauen wir Richtung Ballhausplatz. Und dort, dort sitzen die anderen“, sagte Hanke unter anderem.

Thomas Langpaul (ORF) vom Wiener Rathausplatz

Zuletzt hat die Bundesregierung eine Steuerreform präsentiert, die durchaus sozialdemokratische Forderungen erfüllt – wie geht die SPÖ damit um? Thomas Langpaul berichtet.

„SPÖ marschiert, Bundesregierung entlastet“

„Während die SPÖ marschiert, entlastet die Bundesregierung die Menschen in diesem Land“, sagte unterdessen ÖVP-Landesparteiobmann und Kanzleramtsminister Gernot Blümel in einer Aussendung, der damit auf die bei einem durchaus ungewöhnlichen 1.-Mai-Ministerrat auf den Weg gebrachte Steuerreform verwies.

Auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Strache lobten bei dem am Mittwochvormittag abgehaltenen Ministerrat noch einmal ihre Steuerreform und die sinkende Arbeitslosigkeit und ritten nebenbei Attacken gegen die SPÖ, die zu diesem Zeitpunkt wenige hundert Meter weiter auf dem Rathausplatz ihre traditionelle Feier am „Tag der Arbeit“ startete.

Für Kurz ist es dank Steuerreform und sinkender Arbeitslosigkeit „ein freudiger 1. Mai“. Strache warf den Sozialdemokraten vor, einen „politischen Scherbenhaufen“ mit „Höchststeuerbelastung“ und „Rekordarbeitslosigkeit“ hinterlassen zu haben. Laut Strache sinke seit dem FPÖ-Regierungseintritt die Arbeitslosigkeit: „So gesehen sind wir heute die Partei der Arbeitnehmer.“