Österreicher mit großen Wissenslücken zu Holocaust

Das Wissen der Österreicherinnen und Österreicher über den Holocaust ist durchwegs mangelhaft. Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) wusste bei einer Erhebung für die Claims Conference nicht, dass vom Nazi-Regime sechs Millionen Juden ermordet wurden. Unter den Jüngeren waren es 58 Prozent. 38 Prozent glauben zudem, dass der Nationalsozialismus wieder an die Macht kommen könnte.

Mehr als ein Drittel aller Österreicher (36 Prozent) und 42 Prozent der um die Jahrtausendwende Geborenen glauben, dass zwei Millionen oder weniger Juden während des Holocaust ermordet wurden. 13 Prozent der jüngeren Befragten meinen zudem, dass die Zahl der ermordeten Juden „weit übertrieben“ sei. Dass so etwas wie der Holocaust in anderen europäischen Staaten wieder geschehen könnte, glauben 58 Prozent der Österreicher.

42 Prozent kennen Mauthausen nicht

Die Ansicht, wonach Österreich sowohl Täter als auch Opfer in der NS-Zeit gewesen sei, vertreten 68 Prozent der Befragten. 45 Prozent gaben an, dass die Österreicher keine Maßnahmen ergriffen hätten, als Österreich von Nazi-Deutschland annektiert wurde, während 32 Prozent sagten, dass die Annexion mit breiter Unterstützung stattgefunden habe. Sieben Prozent glaubten, dass die Österreicher mehrheitlich gegen die Annexion waren.

Auf die Frage nach Konzentrationslagern der Nazis in Österreich konnten 42 Prozent der Befragten das ehemalige Todeslager in Mauthausen nicht nennen. Wissenslücken gab es auch mit der Nazi-Verfolgung verknüpfter Personen: So kannten etwa 80 Prozent Anne Frank, nur 20 Prozent konnten die Niederlande als Verfolgungsland anführen. Während 51 Prozent der Österreicher Adolf Eichmann kannten, wussten nur 14 Prozent, dass dieser Österreicher war. Bei Adolf Hitler waren es 79 Prozent.

„Folgen werden furchtbar sein“

Die Ergebnisse würden deutlich zeigen, „dass wir vor einem Problem stehen“, sagte Matthew Bronfman, Vorsitzende der Taskforce für Befragungen der Claims Conference. Man scheitere offenbar darin, junge Menschen zu unterrichten, „und die Folgen werden furchtbar sein“. Für die Studie „Holocaust Knowledge and Awareness Study“ wurden 1.000 Österreicher via Telefon- oder Onlineinterview befragt. Die Daten wurden von Schoen Consulting analysiert.

Edstadler regt Mauthausen-Besuche an

Innen-Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) reagierte heute auf die Ergebnisse der Studie mit der Forderung, dass alle Schüler, Migranten und Asylwerber das ehemalige KZ Mauthausen besuchen sollten. „Dass junge Österreicher zu wenig über Mauthausen wissen, erschüttert mich zutiefst“, sagte sie in einer Aussendung.

„Ich habe deshalb das Ziel ausgegeben, dass jeder Schüler einmal in seiner Schulzeit, aber auch alle Migranten und Asylwerber, die neu in Österreich sind, die KZ-Gedenkstätte Mauthausen besuchen sollen. Das kann zum Beispiel im Rahmen der Wertekurse erfolgen. Nur so kann eine Aufklärung über die schrecklichen Ereignisse erreicht werden“, so Edtstadler.