Umweltministerin Elisabeth Köstinger
APA/Robert Jaeger
Klimaziele

Verfehlen könnte Milliarden kosten

Der große Wurf in Sachen Ökologisierung ist bei der zuletzt präsentierten Steuerreform ausgeblieben. Wenn das so bleibt, wird es teuer, wie die Regierung selbst bestätigte: Bis 2030 muss Österreich ohne zusätzliche Maßnahmen Emissionszertifikate in der Höhe von bis zu 6,6 Milliarden Euro zukaufen. Die Opposition erhob schwere Vorwürfe. Diese wollte die Regierung wiederum nicht gelten lassen.

Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bestätigte in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von Jetzt Schätzungen von Wissenschaftlern. Köstinger gibt in der vom „Standard“ (Donnerstag-Ausgabe) zitierten Anfragebeantwortung zu, dass zwischen 2021 und 2030 – je nach CO2-Preis – kumuliert Kosten in der Höhe von 1,3 bis 6,6 Milliarden Euro für den Ankauf von Emissionszertifikaten anfallen könnten.

Dabei wurde von Preisen zwischen 20 und 100 Euro je Tonne CO2 ausgegangen. Damit bestätigte die Ministerin Berechnungen mehrerer Wissenschaftler, die bereits in den vergangenen Jahren vor den hohen Kosten des Klimawandels gewarnt hatten.

Ab 2021 schlagend

Die – zumindest aus Budgetsicht – gute Nachricht: Bis 2020 werden auf Österreich keine zusätzlichen Kosten für den öffentlichen Haushalt anfallen, da noch „ungenutzte“ Emissionsrechte aus der Vergangenheit übrig sind. Danach müssen sich Bund und Länder die Kosten für den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten teilen, wobei der Bund mit 80 Prozent den Löwenanteil der Kosten stemmen muss.

Österreich hatte 2017 erstmals die nationalen Klimavorgaben verfehlt, der Treibhausgasausstoß stieg im Vergleich zum Jahr davor um 3,3 Prozent. Wissenschaftler des Grazer Wegener Center gehen davon aus, dass die Republik aber auch 2018 und – nach derzeitigen Prognosen – 2019 und 2020 am Zielpfad vorbeischießen wird. Aus einer Präsentation, die im März im Rahmen einer Tagung des Nationalen Klimaschutzkomitees gezeigt wurde, gehen ähnliche Berechnungen hervor.

CO2-Steuer für Köstinger eine von mehreren Maßnahmen

Laut Anfragebeantwortung werden die Treibhausgase außerhalb des Emissionshandels mit bestehenden Maßnahmen jedenfalls bis 2020 zurückgehen – und zwar auf 50,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Konjunkturschwankungen und Witterungsbedingungen sind nicht einberechnet. Zur Einordnung: Für dasselbe Jahr wurde Österreich seitens der EU-Kommission eine Höchstmenge von 47,8 Millionen Tonnen CO2 vorgegeben. Auch das Thema CO2-Steuer wurde in der parlamentarischen Anfrage, die von Jetzt-Abgeordneten eingebracht wurde, auf den Tisch gebracht.

Sie könnte, so Köstinger, einen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energie- und Mobilitätssystems darstellen. „Andere Lenkungsmaßnahmen und Anreize sind jedoch ebenso bedeutsam“, relativierte die Ministerin und verwies auf einen notwendigen „ausgewogenen Instrumentenmix.“ Nach deutlicher Kritik an der fehlenden Ökologisierung kündigte die Regierung noch Nachbesserungen an.

„Das ist eine Farce“

Die Opposition kritisierte die Regierung für die drohenden Strafzahlungen harsch. Jetzt-Klubchef Bruno Rossmann betonte, das seien „Milliarden, die wir uns sparen könnten“. Der Spielraum für die Steuerreform reduziere sich dadurch. Scharf kritisierte Rossmann Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Wenn dieser meine, „wir sollten uns ausgerechnet bei der Ökologisierung gedulden, ist das eine Farce“. Das koste doppelt – Geld und dann „die Zukunft“.

Grünen-Chef Werner Kogler schlug in dieselbe Kerbe: Es sei „hirnrissig“, gerade mit der Ökologisierung des Steuersystems weiter zuzuwarten. Die Regierung gehe „mit jedem Schritt in die falsche Richtung“. Er forderte die Einstellung umweltschädlicher Subventionen und Fehlinvestitionen, darunter die Ausbaupläne für den Flughafen Wien und die Lobau-Autobahn.

Kritik übten auch die Wiener SPÖ-Umweltstadträtin Ulli Sima und die Bundesjugendvertretung. Letztere nannte die Steuerreform ein „Armutszeugnis für die Klimapolitik“. Es seien jetzt konkrete Maßnahmen und eine ambitionierte Klimastrategie nötig.

Für Ministerium ein „Extremszenario“

Das Umweltministerium bezeichnete die befürchteten Milliardenzahlungen für die verfehlten Klimaziele als „Extremszenario“, das aller Voraussicht nach nicht eintreffen werde. „Wir arbeiten daran, die Klimaziele 2030 durch Maßnahmen im Inland zu erreichen“, hieß es aus dem Ressort gegenüber der APA.

"Die kolportierten Milliardenzahlungen sind ein Extremszenario, das voraussetzen würde, dass bis 2030 keinerlei zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, um die THG-Emissionen zu verringern. Das sei keine realistische Annahme, da die Bundesregierung bereits jetzt Maßnahmen ihrer „mission2030“ genannten Klima- und Energiestrategie umsetze. Diese Maßnahmen seien in den vorliegenden Berechnungen noch nicht berücksichtigt, hieß es aus dem Umweltministerium.